
© Franke/Loeken
Dokumentar-Duo: In Detroit auf den Spuren der Entscheidungen für Opel
Kinofest
Das Ruhrgebiet lässt sie nicht los - zum vierten Mal haben zwei renommierte Dokumentarfilmer ein Langzeitprojekt über den Strukturwandel im Revier gedreht. Im Mittelpunkt steht Opel.
Ulrike Franke und Michael Loeken sind vom Ruhrgebiet fasziniert - vom Wandel hier und vor allem von den Menschen, die mit den Folgen fertig werden müssen. Die beiden renommierten Dokumentarfilmer waren schon mehrmals mit ihren Filmen beim Kinofest zu Gast.
Erste Dreharbeiten 2014 in Bochum
In diesem Jahr präsentieren sie den neuesten Teil ihrer Reihe über das Leben und Arbeiten im Ruhrgebiet. „We Are All Detroit - vom Bleiben und Verschwinden“ ist am Freitag (26.11.) um 18.30 Uhr in der Cineworld zu sehen. Mehrere Jahre lang haben die beiden Dokumentarfilmer an diesem Film gearbeitet. „Die ersten Dreharbeiten waren 2014, am letzten Arbeitstag von Opel in Bochum, da haben wir mit den letzten Opelanern gedreht“, so die Dortmunderin Ulrike Franke.

Ulrike Franke und Michael Loeken stellen in Lünen ihren neuen Dokumentarfilm "We are all Detroit" vor, bei denen es um die Entscheidungen zur Opel-Schließung in Bochum und die Folgen geht. © Loeken/Franke
Die beiden Filmer haben sich gefragt, wo die Entscheidung für das Ende von Opel in Bochum getroffen wurde und kamen auf Detroit. So machten sich die beiden auf den Weg in die frühere Auto-Hauptstadt der USA. „Dort ist die große Zeit der Automobilhersteller auch schon lange vorbei, zeitversetzt zu Bochum.“
Sie schauten sich Detroit an, sprachen dort mit den unterschiedlichsten Menschen. Nachdem sie schon eine Trilogie übers Ruhrgebiet in die Kinos und zu Festivals gebracht haben. Los ging es mit „Losers and Winners - Arbeit gehört zum Leben“ über den Abbau eines Stahlwerks und den Wiederaufbau in China. Dann folgte „Arbeit Heimat Opel“ über junge Leute, die eine Ausbildung bei Opel Bochum begonnen haben. Loeken: „Und das, obwohl Opel damals schon wackelte. Trotzdem haben sie ihre Lehre angefangen, die bei dieser Firma keine Zukunft hatte.“
Der bisher dritte Teil der Dokumentarfilme über die Folgen des Strukturwandels war „Göttliche Lage - eine Stadt erfindet sich neu“ über den Phönixsee in Dortmund. Dieser Film lief auch beim Kinofest und wurde mit dem renommierten Grimme-Preis ausgezeichnet.
Der neue Film „We Are All Detroit“ steht im Wettbewerb um den Lüner Filmpreis „Lüdia“. „Es ist kein Vergleich zwischen Bochum und Detroit, das geht auch gar nicht, weil es viele Unterschiede gibt, beispielsweise was das Sozialsystem angeht.“ Dafür geht es um den Verlust von Arbeit, um die Identität, die Arbeit den Menschen gibt. Franke: „Das wichtige Thema steckt hinter dem eigentlichen Thema, es geht um den Wandel - den Wandel der Gesellschaft, der Arbeit und auch damit der Städte, aber eben auch um den Einfluss dieses Wandels auf die Menschen.“

Eine Szene aus dem Dokumentarfilm "We are all Detroit" von Ulrike Franke und Michael Loeken, die in Detroit gedreht wurde. © Franke/Loeken
Welturaufführung des Dokumentarfilms, an dem die beiden Filmemacher mehrere Jahre lang arbeiteten, war bei den Internationalen Hofer Filmtagen im Oktober. Danach läuft er bei der Duisburger Filmwoche und anschließend in Lünen. Geplant ist auch eine internationale Auswertung in den USA. Der Kinostart ist fürs Frühjahr 2022 geplant.
Franke: „Wenn alles gut geht, kommen auch einige Protagonisten zur Aufführung nach Lünen. Sie sehen dann den Film auch das erste Mal. Das haben wir uns bewusst für Lünen aufgehoben, weil das ein richtiges Publikumsfestival ist.“ Loeken und Franke werden natürlich auch in der Cineworld dabei sein und freuen sich auf die Diskussion mit den Zuschauern.
Die beiden Filmemacher arbeiten bereits an einem neuen Projekt, über das sie jedoch noch nichts verraten wollen. Der Strukturwandel wird aber weiterhin ein Thema für sie sein. „Das lässt uns nicht los“, so Loeken, der aus Wuppertal stammt. Und weiter: „Eigentlich nehmen wir uns jedes Mal vor, keine Langzeitbeobachtung mehr zu beginnen.“ Doch das Thema Strukturwandel ist, „wohl nie abgeschlossen“ (Franke). So könne man beispielsweise mit den früheren Azubis aus dem Opel-Werk in Bochum einen Film drehen, zeigen, was aus ihnen geworden ist. Oder auch die Entwicklung des Phönixsees weiter begleiten.
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
