Der lange Weg zur „neuen“ Persiluhr in Lünen Geschäftsmann war viele Jahre hartnäckig

Langer Weg zur „neuen“ Persiluhr: Geschäftsmann war viele Jahre hartnäckig
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In Büsum gibt es sie, in Köthen (Sachsen-Anhalt) und Apolda (Thüringen) ebenso und auch in Flensburg, Travemünde und Wismar steht eine Persiluhr. Die „neue“ Lüner Persiluhr feiert in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag. In der Nachbarschaft in Datteln stand bis Ende 2022 auch eine grüne „Schwester“ der „Schlanken Mathilde“. Doch dort wurde sie am Silvesterabend durch Pyrotechnik zerstört. Die Lüner gehen hoffentlich sorgsamer mit ihrer Persiluhr um, denn bis sie in der nördlichen Fußgängerzone wieder zum Wahrzeichen wurde, dauerte es einige Jahre.

Zu verdanken haben die Lünerinnen und Lüner die markante grüne Uhr mit der lächelnden Dame in Weiß der Hartnäckigkeit von Wilhelm Jürgens. 1976 schrieb der vor einigen Jahren verstorbene Geschäftsmann an die Firma Henkel in Düsseldorf mit der Bitte, in Lünen wieder eine Persiluhr aufzustellen. Denn bereits 1928 war eine Vorgängerin an der Münsterstraße platziert worden. Die „Arcus-Norma-Uhren“-Vertriebsgesellschaft aus Berlin-Charlottenburg stellte die Reklamesäule auf.

Die Lüner Zeitung schrieb vor 95 Jahren dazu: „Lünen auf dem Weg zur Großstadt“. Die Uhr mit der jungen Dame im „blütenweißen Kleid mit Florentinerhut“ war ein beliebter Treffpunkt, wo die Cappenberger Straße von der Münsterstraße abbog. 14 Jahre stand die Uhr an Ort und Stelle, dann wurde sie während des Zweites Weltkrieges bei einem Luftangriff 1942 von einer Bombe getroffen und zerstört.

Erinnerungen gesammelt

Die Begründung für die Absage aus Düsseldorf lautete, dass bereits in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre (des vorigen Jahrhunderts) die Uhren-Außenwerbung eingestellt worden sei. „Keine gute Nachricht - doch der Gedanke bleibt“, notierte Jürgens in dem großformatigen Buch, das er zum Thema Persiluhr angelegt hatte und in dem sich zahlreiche Fotos, Pläne und Zeitungsausschnitte befinden. Jürgens Frau zeigte das Buch der Redaktion.

1977 wurde ein Plan zur Erstellung einer zweiseitigen Uhr gezeichnet und Jürgens führte erste Gespräche mit der Dortmunder Firma Telefonbau und Normalzeit Lehner. Die neue Uhr sollte in moderner Form gebaut werden. Die Kosten wurden auf etwa 30.000 Mark geschätzt. Zwei Jahre später stellte Jürgen eine erneute Anfrage - und bekam wieder eine Absage von Henkel. Doch der Lüner blieb aus gutem Grund hartnäckig.

Die Persiluhr heute - als Wahrzeichen und Treffpunkt bei den Lünern seit vier Jahrzehnten beliebt.
Die heutige Persiluhr ist als Wahrzeichen und Treffpunkt bei den Lünern seit vier Jahrzehnten beliebt. © Beate Rottgardt

Schon als die neue Lippebrücke gebaut wurde und die Fußgängerzone Lange Straße langsam Gestalt annahm, war den Kaufleuten im nördlichen Teil der Innenstadt klar, dass sie verstärkt aktiv werden müssen - damit der Teil der City mit der Münster- und Cappenberger Straße nicht ins Abseits gerät. Für den südlichen Teil der Fußgängerzone war damals die Nachbildung eines schönen alten Brunnens geplant, die aber nie gebaut wurde. Die Kaufleute an der Münsterstraße/Cappenberger Straße wollten auch einen attraktiven Treffpunkt. Da hatte Wilhelm Jürgens die Idee, dort eine Persiluhr zu errichten.

Nach den Absagen von Henkel überlegten die City-Partner, ob man selbst einen Nachbau in Auftrag geben sollte. 1982 gab es in der Stadt eine große Diskussion um den Ausbau der verkehrsberuhigten Zone im Bereich Münsterstraße/Cappenberger Straße. Der damalige Verband für Wirtschaft und Verkehr startete die Aktion „Wer will die alte Persiluhr wiederhaben?“.

Durch einen Zeitungsartikel in den Ruhr Nachrichten erfuhr die Firma Henkel von der Initiative in Lünen, für die sich auch der damalige RN-Geschäftsstellenleiter Franz Meessen eingesetzt hatte. Meessen engagierte sich später auch erfolgreich für die Sanierung der Stadtkirche St. Georg und das Mahnmal für die Opfer der Pogromnacht an der Lippe.

Carola Deinhart-Auferoth ist Chefin des Hotels an der Persiluhr und hat eine kleine Nachbildung der Uhr im Haus.
Carola Deinhart-Auferoth ist Chefin des Hotels an der Persiluhr und hat eine kleine Nachbildung der Uhr im Haus. © Beate Rottgardt

Dieses Lüner Engagement imponierte den Verantwortlichen bei Henkel offenbar. Obwohl Lünen im Reigen der Städte, in denen in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts eine Persiluhr aufgestellt worden war, keine große Rolle spielte, entschied man sich in Düsseldorf, 1983 die erste und in der damaligen Bundesrepublik einzige Originalnachbildung als Geschenk in Lünen aufzustellen.

Der Aufbau erfolgte mit einem Spezialkran. In der Zeitung wurde berichtet, dass ältere Mitbürger empört reagierten, als sie die neue „Schlanke Mathilde“ sahen. Sie stünde nicht mehr auf genau dem Platz ihrer Vorgängerin und die Vorderseite zeige ein verfälschtes Bild. Denn die junge Dame trage einen neuzeitlichen Waschmittelkarton.

Am 3. November 1983 übergab Henkel-Manager Jörn Jobs die neue Persiluhr an die Lünerinnen und Lüner. Genau 13 Minuten nach 11 Uhr fiel die Hülle, die zuvor das neue alte Wahrzeichen bedeckt hatte. Drei Tage lang wurde gefeiert. In dieser Zeit, das notierte Wilhelm Jürgens in seinem Buch, wurden 5000 Berliner Ballen der damaligen Bäckerei Birkenfeld gegessen. Es gab eine Modenschau und eine große Verlosung. Am RN-Stand verteilte man 3000 Ballons. Goldschmiedemeister Hubert Langner verewigte die „Schlanke Mathilde“ auf einer Münze.

Im Herbst 1983 wurde die neue Persiluhr in der nördlichen Fußgängerzone aufgebaut.
Im Herbst 1983 wurde die neue Persiluhr in der nördlichen Fußgängerzone aufgebaut. © Beate Rottgardt (Repro)

Kiepenkerl Jupp Witte taufte die neue Persiluhr typisch westfälisch mit klarem Korn. In den ersten Jahren nach diesem großen Fest gab es immer wieder die beliebten Persiluhr-Feten. Im Januar 1984 konnten sich außerdem Lünerinnen zwischen Ende 20 und 50 Jahren bewerben, um in einem Werbefilm für die Firma Henkel mitzuwirken, der in Hamburg gedreht wurde. Carola Deinhart-Auferoth, die das Hotel an der Persiluhr führt, freut sich, dass die Persiluhr, einst Treffpunkt für Verliebte, auch heute noch ein Begegnungsort ist.

Mit einem Spezialkran wurde die Persiluhr an ihren Standort an der Münsterstraße gebracht.
Mit einem Spezialkran wurde die Persiluhr an ihren Standort an der Münsterstraße gebracht. © Beate Rottgardt (Repro)

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