Impfhersteller Biontech treibt die Zulassung ihres Impfstoffes für Kinder unter zwölf voran.

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Corona und Long Covid bei Kindern: Klinikchef hat klare Meinung zu Impfung

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Der Impfstoffhersteller Biontech treibt die Zulassung ihres Corona-Impfstoffs für Kinder unter zwölf Jahren voran. Kinderklinik-Chef Prof. Dr. Michael Paulussen hat dazu eine klare Meinung.

Lünen, Datteln

, 27.09.2021, 19:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

In den Herbst- und Wintermonaten haben Corona-Viren leichtes Spiel: Viele Menschen halten sich vor allem in geschlossenen Räumen auf. Beste Bedingungen für Aerosole, die zur Ansteckung führen können. Gerade Kinder sind besonders gefährdet, da sie sich oft mit vielen Kontaktpersonen in einem Raum befinden - ob mit der Familie oder mit Mitschülern im Klassenraum.

Wie schätzen Experten aus der Region das Ansteckungsrisiko und den Verlauf einer Covid-Erkrankung für Kinder ein? Und wird wohl noch eine Impfung für unter Zwölfjährige im Herbst zugelassen?

„Viele Kinder werden eine Corona-Erkrankung durchgemacht haben, oft mit geringen Erkältungssymptomen. Wir haben aber auch schon Kinder beatmet. Das kommt vor. Es ist nicht immer eine harmlose Erkrankung“, sagt Prof. Dr. Michael Paulussen, Direktor der Kinderklinik Datteln. Hierher kommen auch viele junge Patienten aus Lünen und Selm.

Letztes Jahr seien etwa ein bis zwei Kinder pro Monat in der Kinderklinik wegen Corona behandelt worden, davon zehn Prozent auf der Intensivstation. Betroffen seien alle Altersstufen gewesen, vom Neugeborenen bis zum 16-Jährigen, führt Paulussen aus. Teilweise waren sie sehr schwer krank.

Prof. Dr. Michael Paulussen, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Kinderklinik Datteln, im Zoom-Gespräch mit der Redaktion.

Prof. Dr. Michael Paulussen, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Kinderklinik Datteln, im Zoom-Gespräch mit der Redaktion. © Höfken, Irina

Schwere Corona-Verläufe bei Kindern

Diese Kinder hätten ein so genanntes Multientzündungssyndrom (PIMS) gezeigt. Das äußert sich durch Entzündungen verschiedenen Bereichen des Körpers, etwa des Herzes oder der großen Blutgefäße. Hinzu kommt hohes Fieber. Manchmal sei dann auch eine Beatmung notwendig. In diesen Fällen sei es aber bisher immer medikamentös behandelbar gewesen, zu Todesfällen sei es nicht gekommen, so Paulussen.

„Für die allermeisten Kinder ist die Erkrankung harmlos, aber nicht für alle“, unterstreicht er nochmals. Seiner Einschätzung nach werden wohl fünf bis zehn Prozent der an Corona erkrankten Kinder mit Long Covid zu kämpfen haben, also Symptome wie Müdigkeit und Konzentrationsschwäche in Folge der Erkrankung haben. Wie viele Kinder genau betroffen sein könnten, sei aufgrund der geringen Datenlage aber noch spekulativ.

Hersteller Biontech legt positive Studienergebnisse vor

Kürzlich haben die Impfstoffhersteller von Biontech/Pfizer nun positive Studienergebnisse für Kinder ab fünf Jahren vorgelegt, die auch „so bald wie möglich“ von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA und der US-Zulassungsbehörde FDA geprüft werden sollen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erwartet eine Zulassung Anfang kommenden Jahres. Bis zu einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), kann aber noch mehr Zeit vergehen.

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Impfen ohne Stiko-Empfehlung?

„Ich bin ein Freund von Impfungen, weil sie viele Menschenleben retten“, sagt Paulussen. Die Impfung für Kinder ab fünf Jahren findet der Arzt absolut sinnvoll, um Ausbrüche in Schulen zu verhindern. „Die Zulassung von Medikamenten ist schon streng, die Zulassung von Impfstoff noch strenger. Bei einer Zulassung von Impfstoffen für Kinder wird noch genauer hingeschaut.“ Er rechnet allerdings noch deutlich später mit einer Empfehlung der Stiko: Im Herbst 2022.

Sein Appell lautet: „Alle Erwachsenen sollen sich impfen lassen und die Impfung für Kinder sollte möglichst allen angeboten werden können.“

Im August hatte die Stiko eine Covid-19-Impfempfehlung für alle 12- bis 17-Jährigen ausgesprochen. Laut Zahlen des Robert Koch-Instituts sind in Nordrhein-Westfalen 49,2 Prozent der Jugendlichen in dieser Altersgruppe mindestens einmal geimpft, nur 39,3 Prozent vollständig (Stand 27. September, 8 Uhr).

Wenn eine Zulassung, aber keine Empfehlung vorliege, würde Paulussen sich schwertun, Kinder zu impfen. In Einzelfällen könne aber eine Nutzen-Risiko-Abwägung entscheiden. Eine Fünfzehnjährige habe er in Absprache mit ihr und den Eltern beispielsweise schon geimpft. Denn wie bei Erwachsenen auch, gibt es Risikofaktoren, die den Verlauf von Corona erschweren können. Darunter zählen unter anderem Atemwegserkrankungen und starkes Übergewicht.

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