Zu viele Friseure und Handyläden in der Innenstadt? So will Lünen die City attraktiv halten

Astrid Linn zur Zukunft der Innenstadt: „City gemeinsam immer wieder neu denken“
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Vom einen Ende der Lüner Fußgängerzone bis zum anderen sind es 700 Meter. Ein langer Weg durch die Lange Straße. Dominant auf den 29.000 Quadratmetern Verkaufsfläche ist der Textileinzelhandel. Da unterscheidet sich Lünen kaum von anderen Städten. Bei der Quote von inhabergeführten Geschäften aber doch. „Mit 35 Prozent hebt sich Lünen gut ab“, sagt Astrid Linn, Fachreferentin Stadtentwicklung. Im Sortiment sind neben Kleidung auch Babyartikel, Fahrräder, Sportsachen, Uhren, Schmuck, Tischwäsche und kreative Angebote bis hin zu Schuhen. „Entsprechend der Untersuchung zum Masterplan Einzelhandel ist Lünen ein gut aufgestellter Angebotsstandort mit einer entsprechenden Ausstattung über alle Warengruppen“, so Linn.

Doch Konsum ist laut IHK inzwischen nur noch für 60 Prozent der Besucher der Grund, in die Innenstadt zu kommen. Viele wollen dort ihre Freizeit verbringen. Gefragt sind Gastronomie und Orte, an denen man sich aufhalten kann. „Um langfristig resiliente Strukturen in der Innenstadt zu etablieren, muss Innenstadt immer wieder neu gemeinsam gedacht werden“, erklärt Linn. Dies geschehe im Initiativkreis mit Eigentümern, Gewerbetreibenden und weiteren Akteuren. Das Thema müsse aber weiterentwickelt werden. Linn spricht von neuen Begegnungsräumen sowie Spiel- und Freizeitmöglichkeiten, die es zu schaffen gelte.

Wie wollen Sie die Lüner Innenstadt in der Zukunft lieber nutzen?
Ich möchte da einfach gut einkaufen können.
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Ich möchte dort angenehm meine Freizeit verbringen können.
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Eine gute Mischung aus beidem.
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Höchster Umsatz im Kreis Unna

In puncto Kaufkraft kann Lünen nicht gerade glänzen. 36,9 Prozent der Haushalte haben ein Netto-Einkommen von mehr als 50.000 Euro. In Selm (40,1 Prozent) und Werne (42,2 Prozent) sind die Zahlen deutlich höher. 31,3 Prozent der Lüner Haushalte liegen unter 25.000 Euro. In Selm sind es 28,5 Prozent und in Werne 26,3 Prozent. Diese Zahlen hatte jüngst Sparkassenchef Heiko Rautert vorgelegt.

Trotzdem verzeichnete Lünen laut den jüngsten IHK-Wirtschaftsdaten mit insgesamt 457,57 Millionen Euro im Jahr 2022 den größten Einzelhandelsumsatz im Kreis Unna. Zum Vergleich: Werne lag bei 138 Millionen Euro und Unna als Kreisstadt bei 417 Millionen Euro. Die Umsatzzahlen sind laut Linn wichtig, „um auch Filialisten bekannter Marken als Frequenzbringer in der Innenstadt zu sichern“.

Für Helmut Lührs von der Lührs-Gruppe mit Sitz in Stade ist Lünen ein gutes Pflaster. Das Unternehmen hat in Lünens Flaniermeile investiert. Der Lührs-Gruppe gehört das Zentrum für junge Mode, das Gebäude an der Lange Straße 35, in dem sich das Herrenmodengeschäft Engbers vergrößert hat, sowie auch die Immobilie mit dem Schuhhaus Schlatholt. Das Geschäft hat auf kleinerer Fläche modernisiert, sodass direkt nebenan ein weiteres Ladenlokal entstanden ist. Hier werden bald Handwerker tätig sein. Lührs will zu der Vermietung nicht konkreter werden, aber die Verträge seien unterschriftsreif.

Die Leerstandsquote liegt in Lünen aktuell bei 3 Prozent. Das entspreche der normalen Fluktuationsquote, so Linn. Im Vergleich zu Schwerte ist das gering. Dort beträgt die Quote 10,75 Prozent. In Unna liegt sie laut der Pressestelle bei etwa 6 Prozent. In 1a-Lage steht dort das ehemalige C&A-Geschäft leer.

Lünen habe, so Linn, mit dem Masterplan Einzelhandel die zentrenrelevanten Angebote konsequent auf die Zentren gelenkt und auf der grünen Wiese ausgeschlossen. „Das sicherte uns in den vergangenen Jahren einen starken Innenstadt-Standort. Wir steuern die Entwicklungen in der Innenstadt strategisch, statt sie einfach dem Markt zu überlassen.“

Vielfältiger Mix ist gefragt

Bereits seit gut zehn Jahren stärken Projekte des Stadtumbaus die Lüner Innenstadt. „Beispiel sind die modernisierte Fußgängerzone, die Gestaltung der Flusspromenade oder die Umgestaltung der Hertie-Immobilie“, so Linn. Mit dem Förderprojekt „Erlebnis-Raum“ sind zwölf Gewerbetreibende bei der Anmietung von Immobilien aus dem Verfügungsfonds unterstützt worden.

An den Rändern der Fußgängerzone haben Dienstleister Lücken geschlossen. „Das ist auch so gewollt“, sagt Linn. Bemängelt wird mitunter, dass es zu viele Friseure, Nagelstudios, Bäcker und Telefonläden gibt. Astrid Linn sieht das nicht kritisch: „Es sollten jetzt nicht weitere Friseure und Nagelstudios hinzukommen, aber in den Nebenlagen stören sie auch nicht“, sagt sie. Bei den Bäckern seien die Sitzplätze fast durchgängig belegt. „Die Nachfrage ist also da“, so Linn. Telekommunikationsläden seien perspektivisch rückläufig. Lünen setzt in der City auf einen Mix aus Wohnen, Arbeiten, Handel, Wirtschaften und Erleben. „Nur so lässt sich die Attraktivität der Innenstadt sichern“, ist Linn überzeugt.

Einzelhandel geht zurück

Auch bunte Sitzmöbel sollen Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone steigern.
Auch bunte Sitzmöbel sollen Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone steigern. © Quiring-Lategahn

Perspektivisch glaubt Linn, dass wie überall in Deutschland auch in Lünen der Einzelhandel in der Fläche zurückgehen wird. „Es müssen ständig neue Lösungen gefunden werden“, erklärt sie. Zukünftig werde sich Lünen mit Themen wie emissionsfreier Mobilität und Lieferdiensten genauso beschäftigen wie mit weiteren Maßnahmen zur Klimaanpassung. Nur wenn alle Akteure es gemeinsam schaffen, im Gespräch zu bleiben, und jeder in seinem Bereich mit neuen Aktionen und Maßnahmen die Aufmerksamkeit auf die Innenstadt lenke, könne sie lebendig bleiben.

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