In Westfalen-Lippe ist auch im 18. Jahr in Folge die Zahl der Apotheken gesunken. Das vermeldete zu Jahresbeginn die Apothekerkammer Westfalen-Lippe, zu der auch die Lüner Apotheken gehören. Im Bezirk gibt es demnach einen Rückgang um 37 Betriebsstätten auf damit nur noch 1.760 Apotheken. Im Jahr 2022 verzeichnete die Apothekerkammer sieben Neueröffnungen, unter anderem in Coesfeld und Datteln. 44 Apotheken schlossen hingegen dauerhaft.
Auch Lünen hat in den vergangenen zehn Jahren sieben Apotheken verloren und nur zwei eröffnet, sodass die Lippestadt 2023 mit insgesamt 22 fünf Apotheken deutlich weniger als noch 2012 aufweist. Die Park-Apotheke, die Diana Apotheke und die Neue Apotheke zählen zu denjenigen, die schließen mussten.
Die Zeiten für selbstständige Apotheker seien gerade jetzt besonders hart, weiß Apothekensprecher Volker Brüning. Er selbst betreibt drei Filialen in Lünen und eine in Selm. Gründe für die vielen Schließungen in den vergangenen Jahren sieht er einige. Sie seien alle miteinander verzahnt und würden dafür sorgen, dass der Beruf des Apothekers finanziell immer schwieriger wird.
Fachkräftemangel steigert Löhne

„Es gibt viele offene Stellen, eine Art Wettbieten um das Personal und deshalb eine starke Steigerung der Personalkosten“, erklärt Brüning. Im Kammerbezirk gibt es aktuell über 1100 offene Stellen für Apotheker, pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) und pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte (PKA). Das Verhältnis zwischen Stellensuchenden und offenen Stellen liege derzeit bei 1 zu 20, meldet die Kammer.
Als Ursache für die Knappheit vermutet Brüning die kostenintensive Ausbildung zum PTA, und dass inzwischen 85 Prozent der Apotheken-Mitarbeiter Frauen sind. Sie fallen dann im Rahmen ihrer Familienplanung zeitweise aus oder arbeiten als Mütter dann nur noch in Teilzeit.
Umsätze steigen, Rohgewinn nicht
Weil die Vergütung der Apotheken an die Krankenkassen gestiegen ist, werde es zudem immer schwieriger, die hohen Löhne zu zahlen, erklärt Brüning. „Vor etwa zehn Jahren ist auf die Packungspauschale umgestellt worden. Die Umsätze steigen, nicht aber unser Rohgewinn“, berichtet er. Ende 2022 kam dann auch noch der Solidaritätsbeitrag an die Krankenkassen hinzu, der politisch durch Corona-Ausfälle begründet wird. Apotheker müssen nun pro Packung eine höhere Abgabe an die Krankenkassen zahlen.
Volker Brüning spricht von „einem Signal der Politik zur Unzeit“ und „dem Unding des Jahres“. Medikamenten-Lieferengpässe und hohe Energiekosten machen dem Apotheker außerdem zu schaffen. Die Medikamente müssten immer auf einer bestimmten Temperatur gehalten werden, sodass im Sommer gekühlt und im Winter geheizt werde.
Probleme der Nachfolge gelöst
Kein Wunder, dass in diesen Zeiten immer mehr Apotheken schließen müssen. Wer überleben möchte, müsse es so machen wie er, sagt Volker Brüning. „Wir sind zur richtigen Zeit den richtigen Weg gegangen. Ich habe frühzeitig Filialen aufgebaut, um die Synergien zu nutzen. Um zukunftsfähig zu sein, muss man sich umstellen und mehr Kaufmann werden.“ Sein Sohn, der die Geschäfte übernehmen möchte, hat deshalb erst BWL und dann Pharmazie studiert. Bei Brüning ist die Nachfolge also schon gesichert. Oft ist aber der Nachwuchsmangel ein weiterer Grund für die Schließungen.
Eine Apotheke, bei der das gut funktioniert hat, ist die Delphin-Apotheke an der Cappenberger Straße. Hier hat Alexander Heimann zum Jahreswechsel die Apotheke von seinem Vater übernommen. Auch er sagt: „Die Vergütungen sind nicht angepasst, während die Löhne nicht steigen.“ Das sei die große Herausforderung, der er sich aber stellen möchte. Der 30-Jährige habe sich sehr gut überlegt, ob er die Nachfolge antritt. „Ich bin auf alle Fälle zuversichtlich“, sagt er.
Apotheken-Schließungen: Vier Städte im Kreis Unna sind die Verlierer
Medikamente in Lünen und Selm weiter knapp: „Die Lage hat sich noch verschlimmert“
Apotheken müssen zugunsten der Krankenkassen sparen: Finanzproblem verschiebt sich nur