Eine interne Kraftprobe zwischen verschiedenen Flügeln der AfD im Kreis Unna nimmt bizarre Züge an. Querelen zwischen dem Ex-Kreisvorsitzenden und Ex-Bundestagskandidaten Ulrich Lehmann aus Kamen und der amtierenden Kreisvorsitzenden und Bundestagskandidatin Friederike Hagelstein aus Lünen haben sich derart zugespitzt, dass der Kreisverband Unna die Neugründung eines Stadtverbands in Kamen verhindert hat. Das erschwert dem im Machtkampf unterlegenen Lehmann die Organisation einer Kommunalwahl-Kandidatur.
Die AfD Kreis Unna war bei der Kommunalwahl 2020 in die Stadträte von Lünen, Kamen und Schwerte eingezogen und strebt bei der Kommunalwahl im September 2025 den Einzug in weitere Kommunalparlamente an. Doch reibungslos läuft das nicht, wie die nun öffentlich sichtbar gewordenen Querelen zeigen. Die Probleme sollen einerseits am Personalmangel liegen, andererseits daran, dass sich das vorhandene Personal offenbar uneinig ist.
Der frühere Kreisvorsitzende Lehmann stellte 2024 bei seiner Nachfolgerin Hagelstein den Antrag, einen Stadtverband in seiner Heimatstadt Kamen neu zu formieren. Der Kamener Stadtverband hatte ursprünglich schon bis 2023 existiert, war aber unmittelbar nach Lehmanns Ausscheiden aus dem Kreisvorstand unter Hagelsteins Kreisvorsitz aufgelöst worden.
Das Argument, das zu dem überraschenden Auflösungsbeschluss im Dezember 2023 führte: Bei der Gründung des Stadtverbands Kamen soll es angeblich vor Jahren trotz Geburtshilfe durch den Landtagsabgeordneten Christian Blex formelle Fehler gegeben haben. Kurios: Dieser beanstandeten Gründung ging bereits 2019 eine weitere Gründung unter Blex’ Obhut voraus, die ebenfalls formell fehlerhaft gewesen sein soll und auch damals zur Auflösung und zur anschließenden Neugründung des Stadtverbands geführt hatte.
Nun also wollte Lehmann zum dritten Mal einen Stadtverband Kamen aus der Taufe heben und beantragte dies bei Hagelstein. Doch der Kreisvorstand lehnte den Antrag Ende November 2024 wegen fehlender „gedeihlicher Zusammenarbeit“ ab. Hagelstein warf Lehmann unter anderem den Versuch vor, die „Autorität des Vorstands“ zu untergraben, und forderte ihn zur „loyalen Zusammenarbeit“ auf.

Wenn Lehmann keinen Stadtverband Kamen gründen darf, bedeutet dies, dass weder er noch andere Kamener AfD-Mitglieder darüber bestimmen dürfen, wann und wo zu einer Wahlversammlung für die Kommunalwahl 2025 in Kamen eingeladen wird. Der Kreisvorstand legt damit den eigenen Parteikollegen Steine bei der Kandidatenkür in den Weg.
„Ich bin enttäuscht“, kommentiert Lehmann die Zurückweisung, ohne in die Details gehen zu wollen. Wie die Kandidatenaufstellung nun ablaufen soll, wenn es keinen Stadtverband gibt, sei eine Frage, die dem Kreis- und Landesvorstand zu stellen sei. Der Ausgang des Konflikts bei den Rechtspopulisten ist offen.
Lehmann jedenfalls ist entschlossen, Ratsherr zu bleiben. „Ja, ich stehe als Kandidat für die Kommunalwahl erneut zur Verfügung und ich werde nicht der einzige Kandidat sein.“ Namen nennt er aber noch nicht. Die Kandidaten von 2020 würden „zu gegebener Zeit“ erneut gefragt.
Die AfD im Kreis Unna ist unter ihrer neuen Kreisvorsitzenden Friederike Hagelstein weiter nach rechts gerutscht. Sie steht dem rechtsradikalen Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich (AfD) aus Dortmund nahe, an dessen Seite Hagelstein 2023 bei einer Demo in Unna-Massen zum Thema „Remigration“ sprach.
Die Querelen um den Stadtverband Kamen werden von einem früheren AfD-Mitglied aus dem Kreis Unna so eingeordnet: „Die Kamener Clique um Lehmann wurde vom Kreisvorstand komplett fallen gelassen, weil der Kreisvorstand darauf bedacht ist, jede Opposition kleinzuhalten“, sagt Sebastian Rühling, Ratsherr in Schwerte, der sich mit der AfD überwarf und bei der Bundestagswahl für das „Bündnis Deutschland“ kandidiert.