AfD Kamen aufgelöst, Mailzugang gesperrt Ratsherr und Ex-Kreischef Ulrich Lehmann äußert sich

Der wortkarge Herr Lehmann und die AfD-Auflösungserscheinungen
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Ulrich Lehmann aus Kamen führt seit November nicht mehr den AfD-Kreisverband Unna, weil er die Vorstandswahl verloren hat. Anschließen löste der neue Kreisvorstand um Friederike Hagelstein aus Lünen überraschend Lehmanns AfD-Stadtverband Kamen auf. Der Kreisvorstand gab an, dass die Gründung aus formellen Gründen nichtig gewesen sei. Ein bemerkenswerter Vorgang, denn schon einmal war die Gründung eines Stadtverbands Kamen mit ähnlichen Argumenten nachträglich für nichtig erklärt worden. Lehmann bleibt nach dem Verlust des Kreisvorsitzes und der Auflösung seines Stadtverbands nun AfD-Ratsherr in Kamen und äußerte sich vor der jüngsten Ratssitzung zu den Auflösungserscheinungen bei der AfD.

Herr Lehmann, was hat es auf sich mit der Auflösung des Stadtverbands?

Da bin ich der falsche Ansprechpartner. Diese Frage kann nur der Kreisvorstand beantworten, nicht ich.

Der behauptet, dass nie Gründungsunterlagen eingereicht wurden. Was sagen Sie als bisheriger Stadtverbandsvorsitzender dazu?

Wie schon gesagt: Da müssen Sie den Kreisvorstand fragen. Was den jetzt bewogen hat im Einzelnen... Ich stecke nicht in deren Haut.

Aber Sie sind ja der Vorsitzende...

...gewesen!

Endete Ihr Vorsitz mit der Auflösung des Stadtverbands?

Ich war ja zweierlei. Ich war Vorsitzender des Stadtverbandes und Vorsitzender des Kreisverbandes. Als Vorsitzender des Kreisverbandes bin ich nicht wiedergewählt worden. Vorsitzender des Stadtverbandes bin ich gewesen bis zur Verkündung der Auflösung.

Bei der konstituierenden Sitzung des neuen Kreisvorstands waren sie ja nicht mehr dabei. Wann haben Sie erfahren, dass Ihr Stadtverband aufgelöst ist?

Die haben mich dann später benachrichtigt.

Und wie haben Sie reagiert?

Erstmal gar nicht.

Wurden Sie per E-Mail benachrichtigt oder angerufen?
Genau, per E-Mail.

Wie viele weitere Mitglieder hat der Stadtverband noch?

Oh, das habe ich jetzt nicht im Kopf.

Haben Sie sich mit den Mitgliedern nochmal getroffen?

Bis jetzt noch nicht, nein.

Die Auflösung des Stadtverbands Kamen wurde auf einer angeblichen Facebook-Seite des Stadtverbands Kamen verkündet. Allerdings hat der Kreisverband diese Seite als Fake bezeichnet. Sind Sie verantwortlich gewesen für diese Facebook-Seite?
Nein.

Wer ist dafür verantwortlich gewesen?

Das weiß ich nicht, aber es war niemand aus der AfD, jedenfalls niemand Offizielles.

Auf dieser Facebook-Seite wurde scheinbar vom Stadtverband Kamen erklärt, dass es Kritik an rechtsextremistischen Bestrebungen gegeben habe. Haben Sie im Kreisverband Kritik an einem rechtsextremistischen Kurs der AfD geäußert?

Nein.

Hat denn jemand aus der Kamener AfD Kritik an dem Kurs geäußert?

Nicht, dass es mir zu Ohren gekommen wäre.

Ihre E-Mail-Adresse bei der AfD ist nicht mehr gültig. Wie kommt das?

Einfach deswegen, weil der Kreisverband sie deaktiviert hat, weil ich ja nicht mehr Sprecher des Kreisverbandes bin.

Sind Sie noch Mitglied der AfD und beabsichtigen, es zu bleiben?

Ja.

Sie sind ja weiter Ratsabgeordneter. Wieso nimmt die AfD ihrem Politiker die E-Mail-Adresse weg?

Fragen Sie den Kreisvorstand. (lacht)

Finden Sie das gut, dass Ihnen die E-Mail-Adresse weggenommen wurde?

Nö. (lacht)

Haben Sie weitere Kritikpunkte gegenüber dem Kreisverband geäußert?

Das behalte ich für mich. (lacht)

Jetzt hat der Kreisverband schon zum zweiten Mal die Gründung eines Kamener Stadtverbands nachträglich für nichtig erklärt. Der Eindruck ist entstanden, dass Herr Lehmann, salopp gesagt, zu blöd ist, einen Stadtverband zu gründen. Waren Sie zu fahrlässig...
(lacht)
...und haben zweimal einen Formfehler gemacht?
Ach... (seufzt)

Oder ist das ein vorgeschobener Grund des Kreisverbands?

Wie schon gesagt, da sage ich nichts zu.

Wie geht es denn jetzt weiter? Ihr Verhältnis zum Kreisverband scheint ja getrübt zu sein.

Ich mache weiter meine Ratsarbeit und gut ist.

Starten Sie jetzt einen dritten Gründungsversuch?

Den können wir ja erst dann starten, wenn der Kreisvorstand einen entsprechenden Beschluss fasst. Den gibt es aber nicht.

Haben Sie den Kreisverband darum gebeten, dass er so einen Beschluss fasst?

Bis jetzt noch nicht, aber er könnte ja auch von selber darauf kommen, wenn er wollte.

Aber bitte erklären Sie das doch einmal: Haben Sie, der Stadtverbandsvorsitzende Lehmann, seinerzeit nach Gründung des AfD-Stadtverbands vergessen, dem Kreissprecher Lehmann die Gründungsunterlagen des Stadtverbands zu geben?

Also, dem Kreissprecher Ulrich Lehmann waren alle Vorgänge des Stadtverbandes Kamen bekannt.

Welches Gründungsdokument fehlte denn?

(lacht) Fragen Sie den Kreisvorstand.

Die AfD Kreis Unna steuert zunehmend weiter nach rechts. Warnen Sie vor rechtsradikalen Tendenzen?
Nein.

Allerdings waren sie voriges Jahr als Kreisvorsitzender bei der Demo des Kreisverbands in Unna mit dem Dortmunder Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich persönlich nicht dabei. War das ein Statement, dass Sie mit dem Helferich, dem „freundlichen Gesicht des NS“ und „demokratischen Freisler“, wie er sich selbst in einem Chat bezeichnete, nicht in einen Topf geworfen werden wollen?

(lacht) Das war zwar ein Statement, aber nicht gegen Matthias Helferich.

Sondern?

Das möchte ich nicht weiter ausführen.

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