
© Alexander Heine
Abrechnungsaffäre im Kreistag: Ja zu Transparenz, aber nicht sofort
Kreistag Unna
Die Abrechnungsaffäre macht den Kreistag Unna vielerorts zum delikaten Gesprächsthema. Bei der allseits gewünschten Transparenz soll nun aber Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen.
Eigentlich, das wurde in der Kreistagssitzung am Dienstag (15. März) deutlich, wollen alle Beteiligten dasselbe: möglichst viel Transparenz, um verloren gegangenes Vertrauen in die Politik auf der kommunalen Ebene wiederherzustellen. Dennoch fand ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen dazu keine Mehrheit.
Die Fraktion hatte beantragt, jegliche Entgelte, die Kreistagsmitglieder im Zusammenhang mit ihrem Mandat erhalten, mindestens einmal jährlich öffentlich zu machen. Zur Einordnung: Es handelt sich um genau die Fraktion, deren Mitglieder neben Dr. Hubert Seier (UWG/Die Linke) in der Vergangenheit besonders hohe Verdienstausfälle geltend gemacht und damit viel Kritik auf sich gezogen hatten.

Dr. Gerrit Heil (Bündnis 90/Die Grünen) begründete den Transparenz-Antrag seiner Fraktion so: „Natürlich haben die Bürger ein Interesse daran, was wir so treiben und welches Geld wir dafür bekommen. Das ist eine Aufgabe, der wir uns alle miteinander stellen sollten.“ © Marcel Drawe
Dr. Gerrit Heil begründete den Antrag am Dienstag im Kreistag mit den Worten: „Natürlich haben die Bürger ein Interesse daran, was wir so treiben und welches Geld wir dafür bekommen. Das ist eine Aufgabe, der wir uns alle miteinander stellen sollten. Es geht nicht nur um Verdienstausfälle und Nebentätigkeiten.“ Jedes Kreistagsmitglied könne einer solchen Selbstverpflichtung freilich auch widersprechen, sofern es sich um nicht veröffentlichungspflichtige Angaben handele.
Anwaltskanzlei soll Handlungsleitfaden erstellen
Doch die überwiegende Mehrheit im Kreistag schloss sich dem Vorschlag der Verwaltung an, den Kreisdirektor Mike-Sebastian Janke ausführte. Demnach sei der Kreis Unna dabei, die gesamte Handhabung von Entschädigungs- und Abrechnungsfragen neu zu ordnen. Eine Anwaltskanzlei soll einen Handlungsleitfaden erstellen, der bis zur nächsten Kreistagssitzung am 14. Juni vorliegen soll. Mit Blick auf datenschutzrechtliche Fragen handele es sich um „eine vielschichtige juristische Angelegenheit“, so Janke und man strebe einen rechtssichereren Leitfaden an, „der uns eine Grundlage für Dekaden sein soll“.
Ganzke antwortet Heil in scharfem Ton
SPD-Fraktionschef Hartmut Ganzke gefielen die Ausführungen von Dr. Heil offenkundig überhaupt nicht und seine Antwort darauf hatte etwas von einer Zurechtweisung: „Es geht nicht darum, was wir treiben, Herr Dr. Heil, sondern was wir konkret tun.“ Ganzke, der auch Landtagsabgeordneter ist, veröffentliche zum Beispiel seinen Einkommensteuerbescheid auf seiner Homepage, damit jeder Wähler sehen könne, welche Einkünfte er bekomme.
„Aber ich finde es grenzwertig, dass uns als Kreistag gesagt wird, jetzt macht doch mal bitte. Dieser Antrag ist zum jetzigen Zeitpunkt eine Möglichkeit, dass auch Kreistagsmitglieder, die immer nach Recht und Gesetz gehandelt haben, auch Dreck abbekommen sollen“, warf Ganzke den Antragstellern vor. Die SPD werde dies nicht mittragen. Letztlich stimmten nur sieben Kreistagsmitglieder aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen, UWG/Linke und Freie Wähler/Familie für den Antrag. Der Rest will lieber die gutachterliche Empfehlung abwarten.
Am Ende der Debatte ließ sich auch Landrat Mario Löhr noch zu einer Anmerkung verleiten, wenngleich er betonte, eigentlich nichts dazu sagen und schon gar keine Partei ergreifen zu wollen. Aber er habe schon in einer Ältestenratssitzung gesagt: „Wenn man ziemlich schnell Transparenz reinbringen will, sollen vielleicht diejenigen, die im Fokus der Berichterstattung stehen, auch Transparenz herstellen“, sagte er an die Adresse der Antragsteller.
Der Kreis Unna sei im Zuge der Abrechnungsaffäre deutschlandweit im Fokus, er höre das Thema bei jedem Landkreistag, so Löhr: „Nicht diejenigen, die jetzt Transparenz fordern, haben bisher durch Transparenz geglänzt.“