Gerard Siggemann (2.v.r.) blickt auf vier erfolgreiche Jahre beim HSC Haltern-Sythen zurück.

Gerard Siggemann (2.v.r.) blickt auf vier erfolgreiche Jahre beim HSC Haltern-Sythen zurück. © Blanka Thieme-Dietel

Gerard Siggemann über vier HSC-Jahre, seine Zukunft und eine „Mega-Katastrophe“

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Gerard Siggemann blickt auf eine erfolgreiche Zeit beim HSC Haltern-Sythen zurück. Nun spricht er unter anderem über selbstgemachten Druck, die HSC-Fans und die vier Spielzeiten in Haltern.

Haltern

, 11.07.2022, 18:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Vier Jahre lang coachte Gerard Siggemann die erste Herrenmannschaft des HSC Haltern-Sythen, führte das Team in seinem ersten Jahr direkt in die Oberliga, wo die Mannschaft auch in der Saison 2022/23 noch spielt. Nun aber ohne Siggemann, mit dem nicht verlängert wurde. Der 44-Jährige hat in den vergangenen Wochen seine HSC-Zeit noch mal Revue passieren lassen.

„Einiges hätte man sicher besser lösen können, aber wenn ich auf die vier Jahre zurückblicke, bin ich sportlich höchst zufrieden mit meiner Leistung“, sagt Siggemann. „Ich habe den Verein in eine Liga geführt, die eigentlich nicht geplant war.“

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Schon in der ersten Vorbereitung hatte er ein gutes Gefühl, erzählt er. Endgültig an den Aufstieg glaubte er aber erst Mitte Februar 2019 nach einem 30:27-Sieg gegen den VfL Eintracht Hagen II. „Das war das einzige Spiel, wo wir personell arg gebeutelt waren“, erinnert er sich. Gleichzeitig hatte Hagen Unterstützung aus der ersten Mannschaft bekommen - dennoch gewann der HSC.

In der restlichen Saison hatte sein Team großes Glück, es gab nur wenige Ausfälle. „Wir waren dann sowohl qualitativ als auch quantitativ extrem stabil“, so Gerard Siggemann, der auch sagt: „Das war eine einmalige Saison, wie man sie als Spieler oder Trainer nicht so schnell wieder erlebt.“ Entscheidend sei damals gewesen, dass der HSC Haltern-Sythen auch die schlechten Spiele gewann.

Zwei bittere Ausfälle innerhalb weniger Tage zum Saisonstart

Es folgte das erste Oberliga-Jahr, in dem sich die Halterner bis zum vorzeitigen Corona-Abbruch schon einen ordentlichen Vorsprung auf die Abstiegsplätze erarbeitet hatten. Siggemann bezeichnet seine zweite HSC-Spielzeit als „Euphorie-Saison“ nach dem Aufstieg.

Der Kader damals sei der stärkste gewesen, mit dem er in den vier Jahren gearbeitet hat. Vor allem das damalige Torwart-Duo hebt er dabei hervor: Daniel Lüger und Stephan Haunert, die dem HSC so manchen Sieg sicherten.

Grund zum Jubeln hatte Gerard Siggemann beim HSC Haltern-Sythen oft genug: In seinem ersten Jahr stieg er mit dem HSC in die Oberliga auf, wo das Team auch heute noch spielt.

Grund zum Jubeln hatte Gerard Siggemann beim HSC Haltern-Sythen oft genug: In seinem ersten Jahr stieg er mit dem HSC in die Oberliga auf, wo das Team auch heute noch spielt. © Peter Ludewig

Das zweite Oberliga-Jahr ist indes schnell erzählt: „Wir haben einmal gewonnen und einmal verloren - dann war die Saison schon wieder vorbei.“ So kurz sein drittes Jahr war, so lang wurde sein viertes und letztes.

„Das war für alle Beteiligten sehr heftig. Wir hatten einen knappen Kader und dazu noch eine hohe Fluktuation aufgrund vieler Verletzungen und anderer Ausfälle.“ Schon früh in der Vorbereitung ging es 2021 los: Neuzugang Michel Sorg brach sich einen Daumen. Julian Schrief verletzte sich ebenfalls, genauso wie am ersten Spieltag Tobias Spiekermann - beides innerhalb von rund einer Woche. „Das war eine Mega-Katastrophe“, sagt Gerard Siggemann heute.

Und es sollte auch nicht unbedingt besser werden. Die Corona-Pandemie trug seinen Teil dazu bei. „Wir hatten mehrere Long-Covid-Fälle, mussten immer wieder neue Spieler einbauen.“ Neuzugang Motoki Sato war zudem schnell wieder weg. „Da musste man einfach einsehen, dass es nicht reicht“, so der Trainer, der auch in der Schlussphase der Saison immer wieder neue Ausfälle kompensieren musste.

Gerard Siggemann wollte sich nicht mit dem Abstieg verabschieden

Die letzten Wochen hatten es dabei noch mal so richtig in sich. „Die letzten sechs Wochen der Saison haben gefühlt eine Halbsaison an Kraft gekostet“, erklärt er. Das lag nicht nur an der engen Taktung der Spiele, sondern auch am Druck. „Der Verein hat mir aber nie welchen gemacht, den habe ich mir nur selbst gemacht“, sagt der 44-Jährige.

„Ich wollte unbedingt die Liga halten und mich nicht mit einem Abstieg verabschieden.“ Vor allem in der Gegnerbeobachtung intensivierte er seine Anstrengungen noch mal, steckte noch mehr Zeit hinein. Mit einem Sieg gegen die HSG Gevelsberg-Silschede wurde der Klassenerhalt am vorletzten Spieltag perfekt gemacht.

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„Das war ziemlich befreiend“, sagt Gerard Siggemann. „Dabei konnte ich mich erst mal gar nicht so sehr freuen - wenn der Druck abfällt, bin ich erst mal ganz ruhig. Ich bin nicht der Typ, der dann durch die Halle springt.“

Wenige Tage zuvor hatte sein Team noch eine Leistung gezeigt, mit der er selbst in der Art und Weise nicht gerechnet hatte. Nur zwei Tage nach einem 30:23-Sieg gegen den TuS Brake stand das Duell erneut an - nur diesmal ohne Top-Torjäger Jan-Bernd Kruth. „Da haben wir die sowas von aus der Halle geschossen, das hätte ich nicht für möglich gehalten.“

Die Fans des HSC Haltern-Sythen waren ein wichtiger Faktor

Mit Stolz blickt der Ex-Halterner auf die HSC-Mannschaft „und die Leistung, die wir miteinander erbracht haben“ zurück. Letztendlich hat er mit seinem Team den wohl maximalen Erfolg erreicht: erst den Aufstieg, dann den Klassenerhalt in den darauffolgenden Jahren.

„Das Halten der Klasse war schwieriger als der Aufstieg“, sagt er. „Wir hatten hervorragende Jahrgänge in Haltern, eine geile Truppe und eine tolle Euphorie - das waren die Gründe, warum wir es geschafft haben. Wir hatten eine Mannschaft, andere eine Anhäufung von Spielern.“

Gerard Siggemann (r.) wird sich zukünftig nicht nur mal ein Spiel des HSC Haltern-Sythen anschauen, sondern auch vom VfL Gladbeck, wo nun unter anderem Jan-Bernd Kruth (l.) spielt.

Gerard Siggemann (r.) wird sich zukünftig nicht nur mal ein Spiel des HSC Haltern-Sythen anschauen, sondern auch vom VfL Gladbeck, wo nun unter anderem Jan-Bernd Kruth (l.) spielt. © Jürgen Patzke

Doch nicht nur die Akteure auf dem Feld hatten ihren Anteil an den Erfolgen. „Die Halle war immer gut besucht. Dafür muss ich dem Halterner Umfeld danken, ohne die vielen Zuschauer wäre das nicht möglich gewesen.“ Was ihn bei den HSC-Fans besonders beeindruckte: „Dass trotzdem 300 Leute kommen, wenn du mal unten stehst oder es vom Ergebnis übel werden könnte.“

Zukünftig wird er mal auf der anderen Seite stehen - als Zuschauer und nicht als Trainer. „Ab und an werde ich mal nach Haltern kommen“, verspricht er. „Ich werde aber auch mal nach Gladbeck fahren.“ Dort spielen nun mit Jan-Bernd Kruth, Lukas Schulte-Lünzum und Jonas Luggenhölscher drei ehemalige Schützlinge von Gerard Siggemann.

Gerard Siggemann legt erstmals eine Handball-Pause ein

„Mit vielen stehe ich noch in gutem Kontakt“, erzählt er. Als klar war, dass der Verein nicht mit ihm verlängern würde, sei es aber erst mal schwierig für ihn gewesen, sagt er derweil. „Das saß schon tief. Ich gehe dann aber in den Maschinenmodus, lasse nichts an mich heran.“

Sein Aus beim HSC Haltern-Sythen hat der 44-Jährige mittlerweile aber verdaut, bekräftigt er. Ein anderes Team wird er nun allerdings erst mal nicht coachen. „Es gab einige Anfragen, aber da war auch nichts dabei, was mich unheimlich gelockt hat.“ Zwei andere Faktoren waren aber noch bedeutender für seine Entscheidung: Zum einen hat eine berufliche Weiterbildung nun Priorität. Zum anderen braucht er schlichtweg eine Pause.

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„Die letzte Saison war unheimlich anstrengend, ich bin noch gar nicht wieder voll erholt. Ich bin aktuell froh, dass ich kein Training planen muss.“ Für Siggemann ist es die allererste Handball-Pause.

In den vergangenen 24 Jahren trainierte er immer mindestens eine Mannschaft, teilweise sogar zwei gleichzeitig. Dass er nun pausiert, wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich. „Ich bin einfach noch nicht wieder handball-geil“, erklärt er. Zu anstrengend war die vergangene Saison, vor allem die Schlussphase, die immerhin mit dem Klassenerhalt endete. „Ich bin nicht unglücklich“, sagt er über seine Entscheidung.

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