
© Horst Lehr
82,2 Kilometer beim 24-Stunden-Traillauf: Halternerin trotzt Stürzen und Erschöpfung
Laufen
Drei Mal stürzte Katja Rodrigues bei der Deutschen Meisterschaft im 24-Stunden-Traillauf. Viel Zeit zum Verschnaufen hatte sie nicht, eine Pause musste sie schnell wieder beenden.
Manchmal wird es der Lavesumer Grundschullehrerin Katja Rodrigues auf den bekannten, heimischen Laufpfaden einfach zu eng. Dann sucht die für Spiridon Haltern startende Ausdauerläuferin neue Herausforderungen - zuletzt ging sie daher beim „Traildorado“, der Deutschen Meisterschaft im 24-Stunden-Traillauf, an den Start.
„Als ich gesehen habe, dass dabei jeder Teilnehmer 24 Stunden Zeit hat, um so viele Laufkilometer wie möglich zu machen, wusste ich sofort, das ist es“, erzählt sie. Am Ende freute sie sich über Platz 25 im Gesamtfeld und belegte in ihrer Altersklasse W50 sogar den sechsten Platz bei der Deutschen Meisterschaft.
Doch davor erlebte sie so nicht erwartete Strapazen, die schon beim Start vor dem Arnsberger Waldschlösschen mit einem langen und extrem giftigen Anstieg begannen. Doch das war nur der Auftakt eines 4,11 Kilometer langen Berg- und Tal-Rundkurses, der immer wieder aufs Neue zu durchlaufen war.
Katja Rodrigues geht das Rennen zu schnell und optimistisch an
Rodrigues, die im Vorfeld noch einen „Trainingsmarathon“ gelaufen war, sagt: „Ich habe mir bewusst keine eigenen Sollvorgaben in Bezug auf Zeit oder Strecke gesetzt. Ich wollte einfach nur solange wie möglich laufen.“ Als sich dann zu Beginn der zweiten Runde die rund 250 Teilnehmer etwas auf der Strecke verteilt hatten, offenbarten sich die ganz besonderen Herausforderungen des technisch schwierigen Geläufs.
Auf den schmalen Trails im dichten Wald wechselten sich ständig glitschige Steine mit knorrigem, dichtverwobenem Wurzelgeflecht der Bäume ab und nasse Graspassagen sorgten für zusätzliche Rutschgefahr. Die Gesamtstrecke bestand praktisch aus einem einzigen Auf- und Abwärtslauf ohne nennenswerte, zur Erholung geeignete ebene Streckenteile.
Wobei die Abwärtspassagen die Oberschenkelmuskulatur besonders stark belasteten. „Ich bin das Rennen viel zu optimistisch und zu schnell angegangen, habe mich unterwegs mit vielen Leuten unterhalten und dabei zum Teil auch deren Rhythmus übernommen“, sagt Rodrigues.
Dass sie dadurch nicht energiesparend unterwegs war, bereute sie später in der zehnten Runde, als sie etwa eine Marathondistanz zurückgelegt hatte. Sie passte sofort Ihren Laufrhythmus speziell bei den Aufstiegen stärker dem Gelände an, bemerkte aber kurz vor Sonnenuntergang eine weitere Schwierigkeit durch immer stärkere Lichtreflexionen zwischen hell und dunkel am Boden.
„Das war Abenteuer pur und eine ganz tolle neue Erfahrung“
Noch bevor sich ihre Augen ganz darauf einstellen konnten, war es schon passiert: eine kleine Unaufmerksamkeit beim Auftritt führte zum Sturz, bei dem sie sich das Knie aufschlug.
Bei zunehmender Dunkelheit dann nur noch auf das schmale Sichtfeld der Lauflampe konzentriert, fehlte ihr bei einem Auftritt die richtige Tiefeneinschätzung und sie schlug erneut hart auf dem steinigen Untergrund auf. Dass zu diesem Zeitpunkt immer weniger Läufer unterwegs waren, bescherte ihr beim Weiterlaufen aber auch eine weitere, so nicht erwartete Erfahrung.
„Teilweise war ich ganz alleine unterwegs. Das war Abenteuer pur und eine ganz tolle neue Erfahrung“. Doch diese Eindrücke wurden kurze Zeit später von einem dritten Sturz schmerzhaft überlagert. Sie ließ sich aber auch davon nicht unterkriegen und lief stetig weiter bis etwa um 2 Uhr nachts, wo sie dann als Vorsichtsmaßnahme im an der Strecke geparkten Familienbulli eine Pause einlegte.
Laufen statt schlafen, weil es zu kalt ist
Doch obwohl sie alle Kleidungsstücke übereinander anzog, war es eigentlich viel zu kalt zum Schlafen. So „flüchtete“ sie nach knapp zwei Stunden praktisch aus der Kälte wieder hinaus auf die Strecke und lief von 5 bis 8 Uhr am Morgen weiter.
In diesen letzten drei Laufstunden war es ruhig auf dem Trail geworden, erst mit dem Sonnenaufgang kam wieder Leben auf. Doch kurz nach 8 Uhr war es dann vorbei. „Es wurde zu gefährlich, weil ich bergab einfach nicht mehr genug Kraft in den Oberschenkeln hatte“, sagt Katja Rodrigues.
Dazu kamen Übelkeit, allgemeine Muskelschwäche und die gesamtkörperliche Erschöpfung. Am Ende schaffte sie trotzdem die beachtliche Gesamtlaufstrecke von 82,2 Gesamtkilometern einschließlich 2.600 Höhenmeter.
Nach rund 20 Stunden im ununterbrochen Wettkampfmodus glaubt sie mit den dabei gemachten Erfahrungen auch die Gesamtdistanz durchlaufen zu können. Sie zieht trotz aller Mühen ein positives Fazit.
Seit Jahren freier Mitarbeiter der Redaktion Haltern am See. Er fotografiert und berichtet über das lokale Geschehen und betreut die Serie „Das Sportporträt“. Darüber hinaus berichtet er in Wort und Bild über aktuelle sportliche Großereignisse im Outdoorbereich , wie Reitturniere, Laufveranstaltungen, Radrennen und Kartsport.
