Teil 4: Walter Sanß, der Multifunktionär

Serie: 125 Jahre "Dortmund am Ball"

Fußball - eine "Fußlümmelei!" Mit dieser provozierenden Vokabel wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts die Sportbewegung, die aus England nach West- und Mitteleuropa herüberschwappte, bedacht. Wie sich der Fußball in Dortmund entwickelte, das berichten wir in unserer zehnteiligen Serie "125 Jahre Dortmund am Ball". Lesen Sie hier den vierte Teil: "Walter Sanß, der Multifunktionär".

Dortmund

von Von Gerd Kolbe

, 05.03.2015, 07:08 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der bedeutendste Wegbereiter des Fußballs in Dortmund war neben Benno Elkan Walter Sanß, geboren 1879. Er trat nicht nur im richtigen Augenblick an die Spitze des DFC 95, um ihn gemeinsam mit dem aus Berlin stammenden Maschinenbau-Studenten Karl Lüdecke vor dem Exitus zu retten, sondern war auch ein  außergewöhnlich erfolgreicher Funktionär.

Dortmunds erster Fußballreporter

Nach dessen Gründung 1900 in Leipzig trat Sanß, zuvor noch ein DFB-Skeptiker, schon bald in die Dienste des Deutschen Fußball-Bundes. Relativ schnell wurde er  DFB-Schriftführer und 1910 erster hauptamtlicher Geschäftsführer. Dass Sanß als Schiedsrichter über 250 Spiele pfiff, die deutsche Fußball-Olympiadelegation 1912 in Stockholm anführte, als geschätzter Dolmetscher international gefragt und wahrscheinlich der erste Dortmunder Fußball- und Fotoreporter war, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

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Im Rahmen der Olympischen Spiele 1912 erlebte Fußball-Missionschef Sanß mit der Deutschen Nationalelf deren bislang höchsten Sieg überhaupt. 16:0 bezwang die DFB-Auswahl Russland.

Gern erzählte er, dass er neben dem schwedischen König stand, als dieser Jim Thorpe, die Zehnkampflegende  mit indianischen Wurzeln, mit der Goldmedaille auszeichnete und den viel zitierten Satz formulierte: "Sir, Sie sind der größte Athlet der Welt!"

Ein begehrter Schiedsrichter

Außerdem war Sanß ein begehrter Schiedsrichter mit über 200 nationalen und internationalen Berufungen. 1919 wurde "Flieger Sanß", so sein Sitzname,  der auch ein exzellenter Leichtathlet war, Begründer und erster Vorsitzender des Stadtverbandes für Leibesübungen, heute Stadtsportbund. Seine Karriere als Funktionär beendete Walter Sanß 1921, 1943 starb er an den Folgen eines Herzinfarktes in Zwickau. 

Das ist unser Autor Gerd Kolbe:
Fußball-Historiker, lange Jahre Pressesprecherin Dortmund und zwischenzeitlich auch beim Ballspielverein Borussia 09.

Walter Sanß, von Beruf Buchhalter, war zeit Lebens ein leidenschaftlicher Sportliebhaber und begnadeter Organisator. Er wirkte an exponierter Stelle im Westfälischen,  Westdeutschen und Deutschen Fußballverband und war über Jahre hinweg Vorsitzender des DFC 95 (später DSC 95, heute TSC Eintracht 48/95).

Der "listige Odysseus" des BVB

Auch der BVB ist Walter Sanß zu Dank verpflichtet. Es war der DFB-Geschäftsführer, der dem BVB-Gründer und -Pionier Franz Jackobi 1910 den richtungweisenden Tipp gab, den BVB zunächst als Leichtathletikverein in den Westdeutschen Spielverband zu bringen, um dann später im "zweiten Schritt" den Beitritt als Fußballclub zu realisieren.

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Die Fußballvereine schossen damals wie Pilze aus dem Boden. Deshalb hatte der Verband einen kategorischen Aufnahmestopp verhängt. Sanß sah sich selber als "listigen Odysseus" des BVB, der diesem das trojanische Pferd "Leichtathletik" schmackhaft machte, um die Verbandsaufnahme zu realisieren. 

Freundschaft zu Franz Jacobi

Walter Sanß und Franz Jacobi waren gute Sportkameraden. Beide fühlten sich dem Großbürgertum zugehörig. Sanß als Buchhalter, Jacobi als Hüttenbeamter. 

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Etwa ab 1906 trafen sie sich recht regelmäßig bei Leichtathletikveranstaltungen und traten im Sprint und in der Sprintstaffel gegeneinander an. Die Freundschaft, so Franz Jacobi, begann damit, dass Jacobi seine Laufschuhe Sanß, der seine eigenen vergessen hatte, auslieh.

So geht es mit der Serie weiter:
Den fünften Teil der Serie "125 Jahre Dortmund am Ball“ können Sie bei uns am Donnerstag (12. März) im Internet lesen. Das Thema: Erste DFB-Geschäftsstelle in Dortmund.

 

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