Der Fußball kommt nach Dortmund - im Jahr 1890

Serie: 125 Jahre "Dortmund am Ball"

Fußball - eine "Fußlümmelei!" Mit dieser provozierenden Vokabel wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts die Sportbewegung, die aus England nach West- und Mitteleuropa herüberschwappte, bedacht. Wie sich der Fußball in Dortmund entwickelte, das berichten wir in unserer zehnteiligen Serie "125 Jahre Dortmund am Ball". Lesen Sie hier den ersten Teil: "Der Fußball kommt nach Dortmund".

DORTMUND

von Von Gerd Kolbe

, 19.02.2015, 05:36 Uhr / Lesedauer: 2 min
Auf dem Schulhof der heutigen Petrischule an der Beurhausstraße/Kuisenstraße wurde Dortmunds Fußball "geboren". 1890 befand sich hier das Realgymnasium.

Auf dem Schulhof der heutigen Petrischule an der Beurhausstraße/Kuisenstraße wurde Dortmunds Fußball "geboren". 1890 befand sich hier das Realgymnasium.

Die Turner regieren 

Das Jahr 1890: Der Fußballsport steckte noch in den Windeln, wurde in Dortmund praktisch gerade erst geboren. Turnen gehörte in Dortmund zu den großen Volkssportarten - der Fußball fristete ein Mauerblümchendasein. Und die Turner hielten von der neuen Sportart sehr wenig.

Die damalige Haltung spiegelt sich in der Schrift zum 50. Geburtstag von Eintracht Dortmund aus dem Jahre 1898 wider: Mit keinem einzigen Wort wird Fußball auch nur erwähnt. Lediglich von "Turnspielen" ist die Rede. Darunter verstand man Handball, Schlagball, Faustball und vielleicht auch Fußball. Letzteres ist aber mit einem großen Fragezeichen zu versehen.

Die Pioniere des Fußballs

Im Frühsommer 1890 machten einige Jungen auf dem Schulhof des damaligen Realgymnasiums (später Bismarck-Realgymnasium, heute Max-Planck-Gymnasium), den Fußball zu ihrem Hobby. Sie alle stammten aus bürgerlichen Familien und sind die wahrhaftigen Fußball-Pioniere in Dortmund.

Wie in einer Jubiläumsschrift des TSC Eintracht 48/95 nachzulesen ist, kickten möglicherweise auch Schüler des unweit entfernt am Ostwall gelegenen  Tremonia-Gymnasiums mit. Denn das Realgymnasium war quasi der "einjährige Zweig" der renommierten "Mutterschule".

Die Regeln - es gab kaum welche

Die jungen Dortmunder Schüler kickten munter, ungestüm und unbeleckt von irgendwelchen Regeln frohgemut drauf los. Es war eben nichts anderes als ein wildes "Klüten", wie man es damals mundartig in Dortmund nannte. Die Turn- und Sportlehrer legten den neuen Aktivitäten dennoch zunächst keine Steine in den Weg.

Ein Artikel aus der damaligen Zeit lautete: "Beim Fußballspiel stürmt und jauchzt er (der Schüler) eine halbe, eine ganze Stunde leuchtenden Auges umher, ohne sich erschöpft zu fühlen, während er schon in der ersten Viertelstunde an Reck und Barren oft gähnt". 

Das Ende der Lehrer-Sympathie

Wenige Wochen nach dem Artikel mahnte die Mitglieder des Turnlehrertags in Dortmund allerdings, die deutschen Spiele sollten doch vor Krickett und Fußball bevorzugt werden. Das weitgehend regel- und taktiklose neue Spiel verprellte schon bald selbst die Lehrer.

Das ist unser Autor Gerd Kolbe:
Fußball-Historiker, lange Jahre Pressesprecherin Dortmund und zwischenzeitlich auch beim Ballspielverein Borussia 09.

Das Ende der Lehrer-Sympathie, die später teilweise in Ablehnung abdriftete, entstand auch dadurch, dass die Fußballer ihrerseits den Turnern ebenfalls nicht gerade gewogen waren. Für die Fußballer war ihr Sport mit seinen kreativen Möglichkeiten die Hauptsache - und sonst nichts. . Das Turnen mit seinen strengen Regeln und der körperlichen Exaktheit der Übungen lehnten sie ab.

Der Ruf bleibt schlecht

Noch 1910 hatte der Fußball einen schlechten Ruf, wie ein Artikel belegt: "Trotz alledem muss gewissenhaft registriert werden, dass das Fußballspiel Feinde hat wie kaum ein anderer Sport. Es führt zu Raufszenen und verroht die Jugend, es ist reiner Muskelsport und bedingt keinerlei geistige Inanspruchnahme."

Im Artikel hieß es weiter: "Die Beine werden das Zentrum des Körpers, alles andere ist Nebensache, die Arme sind überflüssige Anhängsel, das Haupt gerade gut genug, einen Ball zu 'köpfen', und der Fußballchampion ist der Typus der vom Sport verschuldeten Degeneration."

So geht es mit der Serie weiter:
Den zweiten Teil der Serie "125 Jahre Dortmund am Ball“ können Sie bei uns am Samstag im Internet lesen.

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