Sebastian Tyrala (r.) gewährt Einblicke in seine ersten Wochen für Bövinghausen. © Foltynowicz
Fußball-Westfalenliga
Bövinghausen-Coach Tyrala im Interview: War der Fußball mit Türkspor Dortmund schöner?
Es war der Aufreger der vergangenen Wochen. Sebastian Tyrala wechselt als Trainer von Türkspor Dortmund zum TuS Bövinghausen. Wir haben mit ihm über seine ersten Wochen beim TuS gesprochen.
Sebastian Tyrala (33 Jahre) hatte keinen einfachen Start beim Fußball-Westfalenligisten TuS Bövinghausen. Nach seinem überraschenden Wechsel von Türkspor Dortmund zum TuS Bövinghausen kassierte der Trainer gleich zwei Niederlagen mit dem neuen Klub. Wie er diese Niederlagen bewertet und warum er Hater verstehen kann, erklärt er im Interview.
Die ersten Wochen sind vorbei. Wie blicken Sie auf den Wechsel zurück?
Mitten in der Saison zu einer neuen Mannschaft zu kommen, war schon eine Umstellung. Die Mannschaft hat einen komplett anderen Fußball gespielt als den, den ich von Türkspor kannte. Es war insgesamt ein komisches Gefühl zu Beginn. Aber ich fühle mich jetzt wohl, die Stimmung in der Kabine ist gut, hier sind viele coole Jungs.
Wie waren die Reaktionen, als Sie plötzlich mitten in der Saison von Türkspor zu Bövinghausen gewechselt sind?
Ich habe schon viele Nachrichten bekommen. Auch die Medienpräsenz war enorm. Viele, mit denen ich nicht mehr so viel zutun hatte, haben mich angeschrieben.
Wie häufig wurden Sie kritisiert?
Mich persönlich haben nur wenige böse Nachrichten erreicht. In den sozialen Netzwerken war das schon anders. Mein Bruder hat so zum Beispiel mitbekommen, wie gegen mich geschossen wurde. Ich kann das aber ab. In meinem Fußballerleben als Profi wurde ich häufig beleidigt. Als ich bei Erfurt war, war ich nach jeder Niederlage der Buhmann.
Sie wohnen ja im Sauerland. Hat Ihre Familie etwas von dem Ganzen mitbekommen?
Die Präsenz des Amateurfußballs ist in Dortmund durch euch ja enorm. Ich glaube, dass der Regionalligist Lotte sich freuen würde, wenn in deren Stadt so häufig über den Klub berichtet werden würde wie zum Beispiel über Bövinghausen, Türkspor, Aplerbeck oder Brünninghausen in Dortmund. Hier wird über Amateure berichtet wie über Profis. Das ist schon Wahnsinn. Selbst ein alter Mitspieler aus Erfurt hat sich nach dem Wechsel gemeldet. Karsten Kammlott, der ja mal das Tor des Jahres in Deutschland geschossen hat. Bis nach Erfurt hat es sich also herumgesprochen, dass ich innerhalb des Dortmunder Amateurfußballs gewechselt bin.
Und nach dem unpopulären Wechsel gab es bei Ihrem Debüt gleich ein 1:4 gegen Deuten.
Das tat schon weh. Auch wenn ich das relativieren muss. Ich habe die Mannschaft vorher einmal trainiert, kannte alle Namen noch nicht. Nach sechs Minuten mussten wir ja das erste Mal wechseln. Ich habe dann Sven Thormann (Co-Trainer, Anm. d. Red.) angeguckt und gefragt, was wir machen sollen. Einen Einfluss auf die Mannschaft konnte ich da noch nicht nehmen.
Und nach der Niederlage kam die Häme.
Das war mir zu 100 Prozent klar. Als Außenstehender hätte ich auch so gedacht. Da wechselt der Tyrala von Türkspor zu Bövinghausen und verliert gleich sein erstes Spiel. Das war doch perfekt für alle Hater. Ich habe aber drüber gestanden.
Und dann kam die Niederlage im Kreispokal gegen den Bezirksligisten Eichlinghofen.
Da war ich wirklich enttäuscht über die Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben. Aber letztlich hat sich durch die Niederlage an unserer Ausgangslage nichts geändert. Unser Ziel ist es, in die Oberliga aufzusteigen und in den Westfalenpokal einzuziehen. Und als Meister der Westfalenliga würden wir ja direkt in den Westfalenpokal einziehen.
Wie groß war dann die Erleichterung nach Ihrem ersten Sieg mit Bövinghausen?
Die Erleichterung war da. Auf jeden Fall. Ich bin die ganze Trainingswoche über hartnäckig gewesen, habe in der Videoanalyse drei, vier Dinge angesprochen, die mir gar nicht gefallen haben.
Aber die Siege zuletzt gegen die Abstiegskandidaten Gerlingen und Wickede waren fußballerisch auch nicht überzeugend…
Klar, ich bin auch nicht zufrieden. Der Kader gibt viel mehr her. Aber das Schöne ist ja, dass die Jungs wissen, dass sie es viel besser können. Wir haben uns ja nach dem Wickede-Sieg nicht auf die Schultern geklopft und gesagt, wie toll wir sind.
Nach dem Spiel hat das Team aber ausgiebig gefeiert und Spitzenreiter, Spitzenreiter gesungen…
Ja klar, wir haben das Derby 1:0 gewonnen und sind weiter mit fünf Punkten Vorsprung Erster. Es wäre ja traurig, wenn die Jungs nicht gefeiert hätten. Das bedeutet aber nicht, dass wir zufrieden mit der Leistung waren.
War der Fußball, den Sie mit Türkspor Dortmund gespielt haben, schöner?
Das ist schwer zu sagen. Ich muss meine Philosophie hier noch reinbekommen und das Team muss fitter werden. Man darf die Landesliga und Westfalenliga nicht vergleichen. Mit Türkspor sind wir zu Spielen gefahren und wussten vorher, dass wir gewinnen, wenn sich nicht gerade alles gegen dich verschwört. In der Westfalenliga ist die Leistungsdichte viel höher.
Aber es kann Ihnen doch nicht gefallen, wenn immer wieder aus der Defensive nur mit langen Bälle agiert wird?
Das gehört bisher auch zu unserer Art. Maurice Haar spielt lange Bälle aus 70 Metern genau in den Fuß. Aber es stimmt, ich will viel häufiger flach ins Spiel kommen. Wir können aber nicht von heute auf morgen unseren Spielstil ändern. Wir müssen uns jetzt bis zur Winterpause durchkämpfen. Dann habe ich fünf Wochen Zeit, das Team neu vorzubereiten.
Ist der Kader breit genug?
Wir wollen ja im Winter etwas machen. Das ist ja bekannt. Es stehen auch schon ein paar starke Jungs auf dem Zettel. Ich würde mir einen starken Neuner wünschen, der mal ein Kopfballtor und vorne den Ball festmacht.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit Präsident Ajan Dzaferoski? Es heißt ja, dass er gerne die Aufstellung macht.
Es ist ein sehr angenehmes Arbeiten mit ihm. Ich habe bis heute noch nicht einmal mit ihm über die Aufstellung gesprochen. Das mache ich mit meinem Co-Trainer Sven Thormann und den erfahrenen Spielern.
Nach der Niederlage gegen Eichlinghofen stand er wütend in der Kabine.
Das ist sein gutes Recht, sich die Jungs mal vorzuknöpfen. Vor Ajans Ansprache habe ich ja auch den Jungs deutlich gemacht, was ich von der Leistung gehalten habe.
Ajan Dzaferoski träumt von der Regionalliga. Sie auch?
Das auf jeden Fall. Aber das ist etwas, mit dem ich mich erst im Sommer beschäftige, wenn wir aufgestiegen sind. Jetzt zählt erstmal nur der Oberliga-Aufstieg
Aber Sie müssen doch heute schon das Team planen, das das Ziel Regionalliga erreichen kann. Oder ist die aktuelle Mannschaft stark genug, um gleich durchzumarschieren?
Ich glaube, es muss sich etwas tun, das ist uns bewusst. Mit der aktuellen Mannschaft würden wir eine gute Rolle in der Oberliga spielen, weil die Gegner hier ja auch mitspielen und nicht nur hinten drin stehen. Um ganz oben anzugreifen, müssen wir uns noch verstärken.
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