
Eine kuriose Szene spielte sich auf einem Dortmunder Fußballplatz ab. © Screenshot
Irre Szene: Team bejubelt Derby-Ausgleich – währenddessen trifft der Gegner per Konter
Fußball-Kreisliga
Kurz vor Schluss gelingt einem Dortmunder Kreisligisten im Derby der vermeintliche Ausgleich. Das Team fällt sich in die Arme, jubelt hemmungslos. Währenddessen kontert der Gegner entscheidend.
Es sind irre Szenen, die sich am Sonntag auf einem Dortmunder Fußballplatz abgespielt haben. Während ein Team den Derby-Ausgleich in letzter Minute feiert, entscheidet der Schiedsrichter auf Freistoß für den Gegner. Der setzt ohne Gegenwehr den entscheidenden Konter.
Auch einige Tage nach den Geschehnissen muss Stefan Junge, Trainer der DJK TuS Körne II, seine Gedanken noch ordnen. „Absoluter Wahnsinn“, sagt Junge. Der Coach stand während der Schlussszenen im Derby gegen den SV Körne in der Kreisliga A2 Dortmund selbst auf dem Platz, hatte sich kurz zuvor eingewechselt.
Irre Szene im Derby zwischen DJK TuS Körne II und SV Körne
„Der Schiedsrichter positioniert sich meiner Meinung nach gut“, so Junge. Dann fliegt ein Freistoß von der rechten Seite in den Strafraum des SV Körne. SV-Keeper Lucas Pruschinski geht zum Ball, ebenso ein Körner Spieler. Der Ball fliegt ins Tor, der TuS-Akteur war zuletzt am Ball.
Schiedsrichter Amir Aletic deutet mit einem Handzeichen in Richtung Mittelkreis. Er streckt seinen linken, der Spielfeldmitte zugewandten, Arm von Körper. So zeigen es die Aufnahmen der Kamera am Sportplatz Am Zippen.
„Fast zeitgleich“ seien laut Junge sein Spieler und Pruschinski zum Ball gekommen. Aus Sicht seines Gegenübers, SV-Coach Viktor Pusch, sei der Torwart zuerst am Ball gewesen. „Ich bin von Foul ausgegangen“, so Pusch, dem neutrale Zuschauer im Nachgang allerdings berichtet hätten, dass ein solches nicht zwangsweise vorlag.
„In so einer Szene guckt jeder Spieler sofort zum Schiedsrichter“, sagt Junge. Aletic deutete zur Mittellinie. Tor für die DJK TuS Körne II, so interpretierten es die Spieler auf dem Platz. Angesichts des Last-Minute-Ausgleichs im Derby brandete sofort hemmungsloser Jubel auf.
Amir Aletic gibt das Tor für die DJK TuS Körne II nicht
Die Körner sammelten sich per Sprint an ihrer Bank – im Rücken Aletics. Deshalb konnten die meisten TuS-Akteure auch nicht sehen, wie der Unparteiische rund zwei Sekunden nach dem Deuten zur Mittellinie seinen rechten Arm senkrecht in die Luft hob – das Zeichen für Abseits.
Aletic erklärt: „Bei der Freistoßausführung sind zwei Vergehen. Erstens: Zwei Spieler von Körne stehen im Abseits. Zweitens: ein Vergehen bei der Torerzielung. Der Torwart des SV Körne kontrolliert mit beiden Händen den Ball, dann köpft der TuS-Spieler den Ball ins Tor.“
Der Unparteiische habe deshalb auf Freistoß für den SV Körne entschieden. Der linke Arm habe den Freistoß in Spielrichtung auf das Tor der DJK TuS Körne signalisiert, der rechte die Abseitsstellung.
Also doch kein Ausgleich für die Hausherren. Doch erst jetzt wurde es richtig bitter. Während Körne jubelte, schaltete Pruschinski schnell und brachte den Ball ins Spiel. Bei einem Abseitspfiff geht es mit indirektem Freistoß weiter, der nicht extra vom Schiedsrichter freigegeben werden muss. Ein akustisches Signal für die TuS-Jubeltraube, dass das Spiel weitergeht, gab es also nicht.
Völlig ohne Gegenwehr spurtete der SV Körne auf seiner rechten Angriffsseite das Spielfeld entlang. Die Gastgeber, die nun bemerkt hatten, dass das Spiel schon weiterging, waren viel zu weit weg, um noch eingreifen zu können. Erich Fredi Dettmann erzielte den alles entscheidenden Derby-Treffer. 0:2 statt 1:1 aus Sicht des TuS.
Stefan Junge von der DJK TuS Körne ist „sprachlos“
Junge, der mit der sportlichen Leistung seiner Elf nicht zufrieden war, sagt: „Gegen höhere Gewalt machst du nichts. Da bist du auf jeden Fall sprachlos.“ Man müsse eine solche Entscheidung respektieren.
„Das war bis dato ein total souveräner Auftritt vom Schiedsrichter. Das es dann zu so einer Situation kommt, ist unangenehm“, so Pusch. Der SV-Trainer sagt weiter: „Es tut mir leid für den Gegner, es ist maximal unglücklich. So von der Euphorie herunterzufliegen, ist bitter.“
Pusch betonte, dass der Schiedsrichter die Entscheidung nicht auf Drängen des SV Körne getroffen hätte. Zwar stürmten einige SV-Akteure auf Aletic zu, der zeigte das entscheidende Zeichen aber an, bevor die wütende Körne-Traube ihn erreichte.
Der am Ende siegreiche Trainer sagte: „Wenn man merkt: Die sind am Feiern und es sind Zuschauer aufs Feld gelaufen, wäre es besser, zu unterbrechen. Dann wäre die Aufregung nicht so groß, wie sie jetzt wurde.“
Aletic erklärte, dass er das Spiel regeltechnisch nicht unterbrechen hätte müssen, weil sich sieben TuS-Spieler auf dem Feld und Torwart Marc Wiegand in seinem Strafraum befunden hätten.

Statt zu jubeln, musste Marc Wiegand den Ball aus seinem eigenen Tor fischen. © Stephan Schuetze
„Es ist natürlich eine unglückliche Szene. Ich konnte keinen Vorteil abpfeifen“, sagt der Schiedsrichter. Er gesteht sich ein: „Vielleicht wäre es klüger gewesen, ein bisschen abzuwarten. Aber da hat der SV Körne es natürlich auch taktisch gemacht und seinen Vorteil ausgeführt.“
Aletic zeigte in der Nachspielzeit noch einem SV-Akteur die Gelb-Rote Karte wegen Meckerns. „Ansonsten war das Spiel aus meiner Sicht gut“, so der Schiedsrichter, dessen Entscheidung vom Regelwerk gedeckt gewesen sei.
Eine gute Spielleitung attestierten auch die beiden Trainer Aletic. Zudem sei es nach dem 2:0 weitestgehend ruhig geblieben. „Es waren einige Spieler direkt nach dem Tor außer sich und haben sich beschwert, ohne persönlich zu werden“, sagt Stefan Junge, der Aletic nach der Partie die Hand gegeben und verdient verloren habe.
Viktor Pusch vom SV Körne lobt die DJK TuS Körne
Pusch lobt seinen Gegenüber: „Ich ziehe meinen Hut vor Stefan. Ich wäre komplett aus der Haut gefahren.“ Er hätte kein Problem damit gehabt, hätte Aletic den laufenden Konter des SV unterbrochen. „Dann hätten wir uns eine Millisekunde aufgeregt“, sagt er.
Der Trainer des SV Körne wollte die kuriose Szene zudem nicht überbewerten. 2019 habe Aletic das Relegations-Finale von Körne 83 gepfiffen. „Das war eine absolut souveräne Leistung vor vielen Zuschauern. Eine super Spielleitung“, so Pusch, der ergänzt: „Die Schiedsrichter sind vor allem in unseren Ligen die ärmste Sau auf dem Platz.“
Kommt aus Lünen und wohnt dort noch immer. Konnte sich nie vorstellen, etwas anderes als Journalismus zu betreiben. 2017 noch als Schüler bei Lensing Media als Freier Mitarbeiter begonnen. Seit 2023 Sportredakteur in Dortmund. Als Handballtrainer mit Stationen in der Bezirks- und Verbandsliga.
