Dortmunder nach Nierenversagen und Karriereende zurück im Deutschland-Achter

Rudern

Die verrückte Geschichte des zweifachen Achter-Weltmeisters Max Planer zwischen Krankenhaus, Karriereende und neuem Olympia-Traum.

Dortmund

, 03.07.2020, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min
Nie aufgeben, immer weitermachen: Maximilian Planer hat seinen Optimismus nicht verloren.

Nie aufgeben, immer weitermachen: Maximilian Planer hat seinen Optimismus nicht verloren. © Yannik Schurwanz

Irgendwann im Frühjahr dieses Jahres, sagt Maximilian Planer, fühlte er sich wie in einer Waschmaschine. Schleudergang. Wo ist oben? Wo ist unten? Seine Gefühlswelt stand kopf, seine Lebensplanung ebenfalls. „Das war eine schwierige Phase“, erzählt der 29-Jährige, nun schon wieder mit hörbarem Optimismus in der Stimme, über ein halbes Jahr, das von Karriereende bis Rückkehr in den Deutschland-Achter die denkbar größten Extreme eines Sportlerlebens zu bieten hatte. Aber der Reihe nach.

Max Planer, im heimischen Sachsen-Anhalt in eine Ruderer-Familie hineingeboren, war schon als Kind ein „langer Lulatsch“, er fühlte sich von Schulkameraden gemobbt, hatte wenig Freunde. „Ich wollte es mir und den anderen beweisen, das war ein Riesenantrieb für mich“, erzählt der heute 1,95 Meter große Hüne, nachdem er erstmals ins Boot geklettert war. Und die Erfolge kamen, schnell und eindrucksvoll. Und irgendwann saß er dort, wo alle Hochleistungsruderer früher oder später hinwollen: im Legenden-umrankten Deutschland-Achter.

Es entwickelte sich eine On-/Off-Beziehung mit dem nationalen Traumschiff. 2017 und 2018 wirkte Planer schlagkräftig an zweifachem WM-Gold mit, ein Jahr später verlor er seinen Rollsitz und suchte sein Glück im Vierer. Bronze bei der Europameisterschaft war sein Lohn. Und dann kam, es war Anfang Januar 2020, die erste interne Ausscheidung für das große, grüne Olympia-Boot für Tokio. Max Planer, ein sensibler, nachdenklicher Typ, der viel Kraft aus der Meditation zieht, legte all sein Herz in den Ergometertest – und landete einen Tag später mit akutem Nierenversagen auf der Intensivstation.

Keine bleibenden Schäden bei Max Planer

„Ich habe es wahrscheinlich zu sehr gewollt, habe mir zu viel Druck gemacht“, sagt der Recke rückblickend. Das Laktat in seinem Blut war durch die extreme Belastung auf lebensbedrohende 27 Millimol pro Liter angestiegen. Ein seltenes Phänomen (der normale Mensch hat in Ruhe einen Wert um zwei), das im schlechtesten Falle an der Dialyse hätte enden können.

Der zweifache Weltmeister-Achter mit Maximilian Planer (3.v.r.) an Bord.

Der zweifache Weltmeister-Achter mit Maximilian Planer (3.v.r.) an Bord. © Stephan Schuetze

„Im Krankenhaus hatte ich viel Zeit zum Reflektieren. Ich empfinde inzwischen eine tiefe Dankbarkeit, dass ich jetzt schon 15 Jahre Sport auf diesem Niveau treiben darf. Als die Ärzte mir sagten, dass ich keine bleibenden Schäden erlitten habe, hat mich das noch mehr als sonst geerdet und dankbar gemacht“, berichtet Max Planer, der seinen 29. Geburtstag im Krankenbett verbrachte.

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Er kennt die Welt des Höher-Schneller-Weiter wie kein Zweiter, und bei den Ruderern ist es vielleicht noch ein wenig ausgeprägter als anderswo, Muskeln und keine Schwäche zu zeigen, unangreifbar zu sein. Der Bernburger kämpfte sich nach zweiwöchiger Zwangspause behutsam und mit gebremstem Schaum zurück, reiste im März mit ins Trainingslager der Riemen-Recken nach Portugal. Dort ereilte ihn der nächste Knockout, diesmal eher psychisch als physisch. Seine Hoffnung, sich ins Tokio-Team zu rudern, wurde von den Trainern abrupt gestoppt. Raus aus dem Team Deutschland-Achter, vorzeitige Abreise, das war´s mit dem Leistungssport.

Max Planers „anderes Leben“ hatte plötzlich begonnen

„Da bin ich endgültig in ein Loch gefallen, das war schwer zu verdauen. Alle meine Träume – mit einem Schlag vorbei“. Max Planer brauchte eine längere Pause, besonders für den Kopf. Der an der TU Dortmund ausgebildete Journalist fuhr in seine Heimat, kümmerte sich um seinen Podcast „Gamechanger – Mindset eines Weltmeisters“ und andere, zukunftsträchtige Projekte. Das andere Leben, das ohne Sport, das, was ihn künftig ernähren soll, hatte plötzlich begonnen.

„Ich hatte keine Motivation, Sport zu machen. Ein bisschen Ergo, ein bisschen Radfahren mit der Freundin, das war´s“ – mit der unverhofften Ruhe kam irgendwann auch wieder die Lust an Bewegung, der Spaß am Sport. Planer holte sein Rennrad aus Dortmund ab, begann wieder mit dem Ausdauertraining. Und dann kam er, der unverhoffte Anruf vom Ems-Kanal. Im Handy-Display: die Nummer von Bundestrainer Uwe Bender. „Max, hast Du Lust, zurückzukommen?“ Boots-Neuling Olaf Roggensack musste sich einer Schulter-Operation unterziehen, ein Rollsitz war plötzlich frei. Und Max hatte Lust, zurückzukommen. Das war im Juni.

„Mir geht es gut“, sagt der 29-Jährige heute, „ich bin plötzlich wieder im Spiel“. Er habe sich relativ schnell wieder an die Belastung gewöhnt, er habe wieder Lust auf Leistungssport. „Ich versuche nach all den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit, mit einer gewissen Leichtigkeit an die Dinge heranzugehen. Ich muss und will meinen eigenen Weg gehen und das tun, was mich glücklich macht“. Manchmal braucht es zu dieser Erkenntnis den Schleudergang.

Zur Person
  • Maximilian Planer, geboren am 28. Januar 1991 in Bernburg (Sachsen-Anhalt), wurde mit dem Deutschland-Achter 2017 und 2018 Welt- sowie insgesamt drei Mal Europameister.
  • Planer, der an der TU in Dortmund Journalistik studiert hat, feierte bereits im Juniorenbereich Erfolge.
  • 2019 wurde Planer mit dem Vierer ohne Steuermann EM-Dritter. Er betreibt einen eigenen Podcast („Gamechanger - Mindset eines Weltmeisters“)