Der FC Brünninghausen hat einen Schotten, der kein Whiskey verträgt. © dpa
Fußball-Westfalenliga
Der FC Brünninghausen hat einen Schotten, der den Brexit verteufelt und keinen Whisky mag
Der Dortmunder Amateurfußball hat viele Originale. Eins davon ist beim FC Brünninghausen zu Hause. Jeder kennt ihn. Was aber nicht viele wissen. Obwohl er Schotte ist, mag er kein Whisky.
Sein Arbeitgeber und seine Leidenschaft ist der FC Brünninghausen, sein großes Fußballerherz schlägt aber besonders stark für den Celtic Football Club, sein politischer Wille gehört einem unabhängigen Schottland.
Unter den vielen Originalen im Dortmunder Amateurfußball ist Mick Clark (64) ein ganz besonderes. Kein Besucher des Westfalenligisten FC Brünninghausen kommt an Mick Clark, Platzwart und Mädchen für alles, vorbei. Es ist auch weit und breit keiner im Umkreis des FCB und seines früheren Klubs Hombrucher SV bekannt, der nicht gerne wenigstens auf einen kurzen Plausch mit dem Fußballexperten stehen bleibt und dem authentischen schottischen Akzent lauscht.
Fast jeder kennt Mick Clark, viele wissen um sein außergewöhnliches Engagement für die Brünninghauser. Seine Facebook-Freunde erleben auch, wie sehr ihn der Brexit verbitterte. „Da haben reiche Leute über die Zukunft der jungen Generation bestimmt. Ich sehe die Zukunft Schottlands in einem vereinten Europa.“
Wie die FCB-Kultfigur aber letztendlich am Hombruchsfeld landete, wissen nur seine engeren Freunde. Zeit für viele andere, zu erfahren, wie aus einem schottischen Jungen der Mick Clark wurde, dessen Reich der von ihm gepflegte Sportplatz ist.
Ein Stück Heimat für den Schotten: Das Klubheim des FCB.
1975 kam der Junge Mick aus Glasgows Nachbarstadt Paisley als Soldat nach Dortmund. Das Celtic-Gen brachte er mit. „Ich passe als Katholik natürlich gut zu Celtic, aber die Konfession spielte damals gar keine Rolle für mich. Jeder kann ein Celt werden. Aber in meiner Familie waren alle für Celtic. Als ich als kleiner Junge mal aus Versehen für ein Rangers-Tor gejubelt hatte, drohte mir mein Bruder gleich Schläge an.“ Clark lacht, wenn er sich an diese Situation erinnert.
In Deutschland gefiel es ihm gut. Und es gefiel ihm eine deutsche Frau sehr gut. „Ich habe geheiratet und baute mir eine Zukunft in Dortmund auf.“ Clark arbeitete als Stückgutfahrer. Was den Fußball betraf, war er aber nicht nur Fan.
„Mein damals zukünftiger Schwager lernte mich als jungen Mann kennen, der mit einem Gummiball herumkickte. Also brachte er mich nach Hombruch. ‚Du dummer Junge‘, sagte er, ‚du musst im Verein spielen.‘“ Schon die Leute im damaligen HFV wussten, was sie an ihrem schottischen Neuzugang hatten.
Diese Zuneigung erfährt er auch noch heute: „Wenn ich da zum Platz komme, soll ich keinen Eintritt zahlen. Wenn ich dann eine Runde gebe, kriege ich zehn Pils zurück.“
„Whisky und ich vertragen uns nicht“
Kurzer Exkurs in die Welt eines vermeintlich trinkfesten Schotten: „Whisky und ich vertragen uns schon seit Jahrzehnten nicht. Nach einem Guinness wusste ich auch, das ist nicht meins. Ich trinke viel lieber helle Biere und da besonders gerne ein schönes Pils.“
Damit war auch klar: Mick Clark brachte beste Voraussetzungen mit für die Integration in Dortmunds Fußballgesellschaft. Aber es gab nun wirklich auch keinen Grund, den guten Fußballer und immer gut gelaunten Schotten außen vor zu lassen.
Dennoch zog es ihn noch einmal zurück nach Schottland: „Ich wollte 1987 unbedingt das Jubiläumsjahr von Celtic vor Ort miterleben. Wie es das Schicksal wollte, zog der BVB in diesem Jahr im UEFA-Cup das Los Celtic. Da hätte ich eigentlich in Dortmund bleiben können. Nach kurzer Zeit kehrte ich auch zurück.“
Clark, der den Celtic Park oft besucht hatte, war auch häufig Gast im Westfalenstadion. „Natürlich schlug mein Herz in den Duellen für Celtic, auch wenn ich den BVB sehr mag.“ 1992 kamen die Schotten erneut nach Dortmund. „Das war eine Riesenparty zweier tollen Fangruppen. Mich hat das sehr gefreut.“
Auf der Südtribüne – in grün und weiß
Clark erinnert sich sehr gerne an diese Freundschaft: „Denn bevor mein Celtic in Dortmund spielte, waren die Rangers bereits hier gewesen. Als ich mal mit einem Celtic-Schal auf der Südtribüne stand, hatten mich Dortmunder gefragt, was ich hier mit solchen Farben wollte. Das änderte sich schlagartig, als wir in Dortmund spielten.“
Fortan sollte der Dortmunder Schotte mit einem Freundschaftsschal beider Klubs oder einfach im grün-weißen Trikot überall gern gesehen sein.
Selbst wenn die Rivalen der Clark-Klubs, die Rangers und Schalke, Blau tragen, entschied sich Mick im Amateurfußball für einen Wechsel zu einem Klub mit diesen Farben. Seine neue sportliche Heimat fand er beim FC Brünninghausen, zunächst als Spieler, später als hauptamtlicher Platzwart und nebenbei Ansprechpartner und gute Seele.
Tatsächlich auch als Fan: Ab und an nutzt Clark seine Muttersprache, um seinen Unmut über Gegenspieler oder Schiedsrichter kundzutun. Sicher ist sicher… Aber die Emotionen müssen auch raus.
Früher war mehr Lametta
Natürlich auch, wenn Celtic und der BVB kicken. Clark bedauert dann allerdings, dass es nicht mehr so sei wie früher - sowohl in Parkhead, wo der Celtic Park steht, als auch an der Strobelallee, der Adresse des Dortmunders Stadions. „Bei Celtic hat die Abschaffung der Stehplätze die Stimmung deutlich verschlechtert, in Dortmund war vor den Meisterschaften in den Neunzigern auch mehr los. Da kamen dann viele Leute wegen der Erfolge dazu, die vorher nicht viel mit dem BVB am Hut hatten.“
Clark ist da schon eher Traditionalist. Das lasse sich gut mit dem schnell aus der Kreisliga bis zwischenzeitlich in die Oberliga aufgestiegenen Brünninghausern vereinbaren: „Wichtig sind die Menschen im Verein. Und die waren immer in Ordnung, hatten und haben ein Herz für den Klub.“
Dann kommt aber auch der Fan wieder durch: „Ich glaube, mit der Konstellation Rafik Halim/Florian Gondrum und guten Jungs sind wir in der Westfalenliga wieder auf dem richtigen Weg. Es gab auch Tage, da war ich skeptischer.“
Aber Clark war zeitlebens dann doch eher Optimist. Selbst die Corona-Zeit macht keinen Grübler aus ihm. „Da ich im Verein nicht viel zu tun habe, kümmere ich mich eben um mein Haus.“ Zeit verbringt er mit seiner Partnerin, mit der er seit elf Jahren zusammenlebt, wie seine erste Frau eine Deutsche.
„Dann zapfe ich nicht mehr hinterm Tresen...“
Drei Kinder hat Mick Clark. So fußballverrückt wie er sind sie nicht. Für den Celtic-, Borussia- und Brünninghausen-Fan ist ein Leben ohne Fußball nicht denkbar. „Auch nicht, wenn ich in eineinhalb Jahren in Rente gehe. Ich komme immer zum Platz, wenn es geht.“
Und Clark erlaubt sich einen zweiten Exkurs: „Dann zapfe ich das Pils nicht mehr hinterm Tresen, sondern trinke es davor.“ Könnte gut sein, das seine Freunde vom Fanclub Edinburgh Borussen ein Dortmunder Bier mitzischen. „Sie und ein paar andere Celtic-Freunde besuchen Dortmund öfter. Einige übernachten auch bei uns Zuhause. Sie alle grüße ich in diesem Zusammenhang herzlich. Sie werden sich über diesen Text freuen – wie ich mich auch.“ Gern geschehen!
Mick Clark ist ein Musterbeispiel für die integrative Kraft des Sports. Mick Clarks Fußball schafft Freunde fürs Leben, Mick Clarks Fußball steht für Emotionen. Und Mick Clark steht als politischer Mensch für Verbindung. Und für Hoffnung: „Wir wählen uns bald in die EU zurück. Ich bin ein überzeugter Europäer. Das sind allerdings fast alle Schotten.“
Sie sind aber nicht alle überzeugte Pilstrinker. Das wiederum stört Mick Clark wenig: Denn wenn er – ganz egal, wo – „Cheers“ in den Raum ruft, heben alle die Gläser: Schotten, Borussen, Hombrucher und Brünninghauser. Alle Fußballer trinken auf Mick!
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