
© Stephan Schuetze
Februar 2020 - Das große Favoriten-Interview: „Wir haben schon Sponsoren für die Regionalliga“
Fußball-Landesliga
Wacker Obercastrop (43 Punkte), TuS Bövinghausen (34) und IG Bönen (33) führen die Fußball-Landesliga an. Jetzt sprechen die Verantwortlichen bei uns im großen Favoriten-Interview.
Der Meistertitel geht mit aller Voraussicht nach nur über diese drei Klubs. Wir haben Obercastrops Vorsitzenden Martin Janicki (38 Jahre), Bövinghausens Vorsitzenden Ajan Dzaferoski (50) und Bönens Sportlichen Leiter Hasan Kayabasi (46) vor dem Start am Sonntag eingeladen und mit ihnen über die Meisterschaft, das Geld und die Zuschauer gesprochen.
Gehen wir gleich in die Vollen. Ist Wacker Obercastrop mit neun Punkten Vorsprung auf Platz zwei und zehn auf Rang drei schon jetzt der kommende Meister?
Dzaferoski: Nein, die sind einzuholen. Am Ende stehen wir einen Punkt davor. Die Saison ist lang und alles ist möglich. In der vergangenen Spielzeit ist der FC Frohlinde auch eingebrochen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass Wacker häufig in der Schlussphase das Glück auf seiner Seite hatte. Aber eins ist klar, wir haben nur eine Chance, wenn wir unsere Hausaufgaben machen und die direkten Duelle gegen Obercastrop und Bönen gewinnen.
Kayabasi: Es wird sehr schwer, Obercastrop einzuholen. Die Mannschaft hat schon Qualität. Platz zwei ist das realistische Ziel. Bövinghausen hat in der Winterpause an Qualität noch einmal zugelegt. Aber wenn Obercastrop und Bövinghausen schwächeln, wollen wir da sein. Steigen wir noch über Platz zwei auf, bin ich auch zufrieden.
Wie groß ist der Druck in Obercastrop?
Janicki: Wir sind da sehr entspannt. Klar, jetzt geben wir auch das Ziel Aufstieg aus. Bei neun Punkten Vorsprung wäre alles andere auch nicht mehr glaubwürdig. Aber wenn Bövinghausen und Bönen am Ende vor uns liegen, können wir damit leben, weiter in der Landesliga zu spielen.
Ist es immer Glück, spät die Partien zu gewinnen?
Janicki: Das ist eine Qualität, die wir uns erarbeitet haben. Die Jungs spielen seit Jahren zusammen. Sechs aktuelle Stammspieler haben schon zu Bezirksliga-Zeiten bei uns gespielt. Wir haben uns dann immer punktuell verstärkt, was ohne Sponsoren natürlich nicht möglich gewesen wäre.
Herr Dzaferoski, Sie wirken so überzeugt, dass Obercastrop noch einknickt. Woher nehmen Sie diese Zuversicht?
Dzaferoski: Ich habe es einfach im Gefühl. In der Bundesliga zuletzt war der BVB ja auch enteilt. Bayern wurde aber Meister. Obercastrop hat jetzt zum Start Buer und Hombruch vor der Brust. Da werden sie schon ihre Probleme bekommen.
Kayabasi: Es kann noch viel passieren, das stimmt. Fairerweise muss man aber sagen, dass Obercastrop uns beim 4:1-Hinspielsieg plattgemacht hat wie kein zweites Team. Wir waren aber auch ein Totalausfall.
Janicki: Es stimmt, gegen Bönen hatten wir einen überragenden Tag.
Dzaferoski: Bönen war gegen uns viermal besser als Obercastrop. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Obercastrop gegen Bönen gewinnt.
Kayabasi: Wir dürfen eins nicht vergessen: Unsere Bedingungen sind unter aller Sau. Wir haben Kreisliga-B-Bedingungen. Vor dem Obercastrop-Spiel waren wir in der Soccerhalle, weil wir einfach keinen eigenen Platz haben. An Trainingstagen schreibt unser Coach, wo wir am Abend überhaupt hin können. Manchmal schreibt er am Morgen, dass wir am Abend erst um 20.30 Uhr in Rhynern trainieren können. Das steigert nicht die Motivation der Spieler.
Herr Janicki, wie nehmen Sie die offensiven Aussagen aus Bövinghausen auf?
Janicki: Es ist deren gutes Recht zu sticheln, um uns aus der Balance zu bringen. Wir sind weiter fokussiert, wir wollen aufsteigen. Und wir haben einen großen Vorteil.
Welchen?
Janicki: Aufgrund unserer Platzrenovierung in der Hinrunde haben wir jetzt fünf Spiele der Rückrunde hintereinander auf unserem Platz. Wir sind alle heiß auf den Aufstieg.
Herr Dzaferoski Sie äußern sich ja klar und deutlich gegenüber Obercastrop. Haben Sie es noch im Hinterkopf, dass Obercastrop vor drei Jahren mit aufgedeckt hat, dass sie nicht spielberechtigte Akteure eingesetzt hatten und deshalb abgestiegen sind?
Dzaferoski: Nein, nein. Das hat mit dem heutigen Vorstand gar nichts zu tun. Wir haben damals den Fehler gemacht und wurden dafür bestraft. Das lag nicht an Obercastrop.
Herr Janicki, was haben Sie gedacht, als Sie lesen mussten, dass Ihre Konkurrenten Bövinghausen und Bönen vor der Spielzeit und jetzt im Winter einen Oberligaspieler nach dem anderen verpflichtet haben?
Janicki: Das ist Ansporn für uns. Wir haben die Chance, uns mit solchen Teams und Spielern zu messen. Für mich waren vor der Saison Bövinghausen und Bönen die großen Favoriten. Ich hatte auch Hombruch und Kirchhörde auf dem Zettel.
Bövinghausen und Bönen sind von den Strukturen her kleine Vereine. Beide Klubs haben keine Jugend. Ist da nur mit viel Geld der schnelle Erfolg möglich?
Dzaferoski: Wichtiger als das Geld ist das Netzwerk. Wir haben Spieler im Kader, die hätten bei anderen Klubs mehr Geld verdienen können.

Obercastrops Vorsitzender Martin Janicki möchte mit seinem Team Platz eins verteidigen. © Stephan Schuetze
Aber wer Marko Onucka oder David Loheider verpflichtet möchte, schafft das nicht nur, weil er ein gutes Netzwerk hat…
Dzaferoski: In der Landesliga spielt keiner ohne Geld. Obercastrops Elvis Shala hat auch schon Regionalliga gespielt. Meinen Sie, der spielt in Obercastrop für 2,90 Euro?
Janicki: Nein, das nicht. Aber wir haben ihm ein Gesamtpaket geboten, das ihn zu uns gebracht hat. Wir haben ihm einen Job besorgt und auch außerhalb des Platzes geholfen. Das Familiäre schätzt er bei uns.
Dzaferoski: Wir dürfen hier nicht vergessen, dass Wacker auch ein Topteam hat. Hier spielen auch Ex-Oberliga-Spieler.
Kayabasi: Für mich ist der Fußball ein Geschäft. Wer oben in der Landesliga mitspielt, hat einen hohen fünfstelligen oder niedrigen sechsstelligen Etat. Ich musste meinem Vorstand erstmal klarmachen, dass du nur Erfolg haben kannst, wenn du die passenden Spieler holst. Unser Klub ist schnell gewachsen. In zwei Jahren von der Kreisliga A in die Landesliga. Für den Vorstand war es klar, aus Dankbarkeit mit den Jungs weiterzuarbeiten, die auch aufgestiegen sind. Das ist aber der falsche Weg. Wenn du nach oben willst, geht es nur um die Qualität. Und dann must du auch mal unpopuläre Entscheidungen fällen und verdiente Spieler austauschen. Uns eins steht fest.
Und zwar?
Kayabasi: Willst du in dieser Liga Erfolg haben, brauchst du das Geld. Ein Marko Onucka kommt bestimmt nicht aus der Oberliga nach Bövinghausen, weil Ajan Dzaferoski ein gutes Netzwerk hat.
Herr Janicki, ist der Landesliga-Fußball für Sie auch ein Geschäft?
Janicki: Für mich persönlich ist Fußball kein Geschäft. Für mich als Ehrenamtler zählt die Leidenschaft. Aber ich weiß, was Hasan Kayabasi meint. Er ist Sportlicher Leiter. Er bekommt von seinem Präsidenten einen Auftrag und den hat er zu erfüllen.

Trotz eines Neun-Punkte-Rückstands glaubt Bövinghausens Vorsitzender Ajan Dzaferoski noch an Rang eins. © Stephan Schuetze
Wie ist solch eine Mannschaft überhaupt zu finanzieren, Herr Dzaferoski?
Dzaferoski: Über Sponsoring. Ich habe heute schon Sponsoren, die bei uns einsteigen, wenn wir es irgendwann in die Oberliga schaffen. Wir haben heute schon Sponsoren, die bei uns einsteigen, wenn wir die Regionalliga erreichen. Damit es dazu kommt, müssen wir selbstbewusst sein. Wir müssen daran glauben, alles zu gewinnen. Nur so werden Sponsoren auf uns aufmerksam.
Ajan Dzaferoski spricht als Landesligist schon von der Regionalliga. Wo wollen denn Ihre Klubs hin?
Janicki: Wir haben auch 40 bis 50 Sponsoren. Aber viele kleine. Und damit sind wir sehr zufrieden. Die Westfalenliga wäre für uns nach aktuellem Stand das Maximum. Mehr ist aktuell nicht möglich.
Kayabasi: Unser Ziel ist erstmal die Westfalenliga. Wir haben keine Jugend und keine Infrastruktur. Mehr als Westfalenliga ist erstmal nicht möglich.
Dzaferoski: Die Infrastruktur muss mit dem sportlichen Erfolgen wachsen. Wenn das nicht passiert, brichst du als Klub irgendwann zusammen. Wir wollen aber unbedingt hoch. Wenn ich keine ambitionierten Ziele hätte, könnte ich sofort aufhören.
Janicki: Wir halten unsere Ziele aber smart. Ich finde es überragend, dass unser Trainer unsere Bezirksliga-Spieler auf Landesliga-Niveau gebracht hat. Und mit den Spielern haben wir heute Erfolg. Wir sind als Mannschaft gewachsen.
Und es gab nie Druck?
Janicki: Nein. Als wir nach drei Spieltagen erst drei Punkte hatten, rief mich die Presse an und fragte mich, was denn los sei. Ich habe nur gesagt, dass die uns in Ruhe lassen sollen. Hier hat niemand vom Aufstieg gesprochen. Wir wollen nur in Ruhe arbeiten.
Herr Kayabasi, sehen Sie ihren Klub als Start-up?
Kayabasi: Wie gesagt, ich sehe den Fußball als Geschäft. Ich muss es schaffen, die Qualität zu erhöhen, indem ich aktuelle Spieler gegen bessere austausche. Es ist aber schwer geworden, Spieler zu bekommen. Ich wollte zwei im Winter haben, die dann lieber zum Bezirksligisten Türkspor Dortmund gewechselt sind.
Ist der Markt überhitzt?
Kayabasi: Auf jeden Fall. Schauen wir doch zu Türkspor Dortmund. Die verpflichten im Winter mal kurz den Profi Serdar Bingöl aus der zweiten türkischen Liga. Es ist unglaublich, was hier im Umfeld gerade passiert. Bövinghausen, Türkspor, Bönen, Gahmen, KF Sharri. Alle wollen schnell nach oben. Und alle werden von ausländischen Präsidenten geführt. Und man hat einfach das Gefühl, dass alle mit dem Kopf durch die Wand wollen. Mal gucken, wie lange das überall gut geht. Die Gewinner sind am Ende nur die Spieler, die die Preise nach oben treiben, weil sie so begehrt sind.

Bönens Sportlicher Leiter Hasan Kayabasi hält Platz zwei für realistisch. © Stephan Schuetze
Wie sieht es bei Ihnen mit Zuschauern aus?
Kayabasi: Bei uns sind es so 100 bis 150.
Janicki: Bei uns ist es ähnlich.
Dzaferoski: Ich glaube, wir hatten so 500 im Schnitt.
Kayabasi: Aber mit Thorsten Legat ist euer Zuschauermagnet nicht mehr da.
Dzaferoski: Das sehe ich anders. Vor zwei Wochen im Test gegen Hamm waren bei uns 120 Zuschauer. Bei einem Test. Und wartet mal ab, wie viele Zuschauer am 3. April zum Topspiel Obercastrop gegen Bövinghausen kommen. Da rechne ich mit 1500 Zuschauern.
Wer steigt den jetzt am Ende auf?
Dzaferoski: Ich tippe natürlich auf uns. Wir haben uns extrem verstärkt.
Kayabasi: Ihr müsst aber erstmal eine Einheit werden.
Dzaferoski: Bei den Verpflichtungen habe ich schon darauf geachtet, dass das so sein wird. Ich habe die aktuellen Spieler bei den Verpflichtungen mit einbezogen und sie gefragt, ob sie es sich vorstellen könnten, mit den möglichen Neuen zu spielen.
Kayabasi: Eine Einheit entsteht aber nicht bei den Vertragsgesprächen, die entsteht nur auf dem Platz. Ich halte es für realistisch, dass wir Zweiter werden.
Janicki: Wir wollen jetzt bei neun Punkten Vorsprung Meister werden.