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Als Dortmunder Amateurfußball-Größen ihre Schulen unsicher machten
Fußball
Für Freistunden machten sie alles, sie erlebten Fußballwunder mit und spielten um Erfolge für bessere Noten. Aktive und ehemalige Dortmunder Amateurfußball-Größen haben aus ihrer Zeit in der Schulmannschaft erzählt.
Die Schulmannschaft war für viele Dortmunder der Ort, wo zukünftige Profis, gute Vereinsfußballer und Schüler, die wenig oder kein Talent mitbrachten, ein Team bildeten. Besonders für gute Fußballer war das Schulteam eine Abwechslung von den Zwängen im Vereinssport, das erzählten bekannte Größen des Dortmunder Amateurfußballs den Ruhr Nachrichten. Hier genossen sie mehr Freiheiten – und Freistunden. Hier bildeten sie mit Freunden ein Team und spielten auch gegen Mannschaftskollegen. Wer wo kickte und wer wem so begegnete, schildern unsere Ex-Schüler.
Kicken für Freistunden
Reza Hassani (38, Ex-Trainer Türkspor Dortmund): „Wir hatten mit dem Helmholtz-Gymnasium eine brutale Truppe. Mein Freund Rafik Halim, der heute Brünninghausen-Trainer ist, war dabei. Andreas Berning hat auch sehr hoch gespielt. Mohamed Chaoud, Malte Weigelin, Sertan Baram oder Mustapha Hamdaoui konnten was an der Murmel, um nur einige zu nennen.

Reza Hassani freute sich mit seinem Team nach dem Sieg im Finale der Stadtmeisterschaft. © Privat
Ingo Preuß, der ja durch die BVB-Amateure bekannt geworden ist, war unser Trainer. Da er auch unser Sportlehrer war, hat er sich schon die richtigen Leute für unser Team zusammengesucht. Weil wir in BVB-Trikots spielen durften und daher gut aussehen, hatten die anderen Mannschaften schon im Voraus einen Brast auf uns.
„Banküberfall-Gedächtnisfrisur“
Zweimal waren wir im Stadtmeisterschaftsfinale, zweimal gewannen wir. Beim 4:3 gegen das Goethe-Gymnasium auf dem Mendeplatz kickte auf der anderen Seite der heutige Schiedsrichter Dr. Paul Hadrossek. Mir hat das damals richtig Spaß gemacht, zumal wir für die Spiele Freistunden bekamen. Und in Ingo Preuß‘ Chemieunterricht hatten wir Fußballer auch einen kleinen Bonus. Ich habe bei der Gelegenheit ein altes Foto wiederentdeckt. Gut zu erkennen: meine Banküberfall-Gedächtnisfrisur.“
Als BVB-Spieler einfach mal aus Spaß kicken
Eyüp Cosgun (33, TuS Bövinghausen): „Mir fällt sofort das Duell gegen meinen Bruder Ahmet ein. Er spielte für das Heisenberg-Gymnasium, ich für die Theodor-Heuss-Realschule. Über uns stand damals schon ein Artikel in der Zeitung. Wie weit wir letztlich kamen, weiß ich nicht mehr. Ich bin mir aber sicher, dass wir gegen das Heisenberg unentschieden spielten.
Ich fand es super – da ich als Siebt- und Achtklässler schon für den BVB kickte – mal mit meinen Klassenkameraden aus Spaß, wenn auch mit einem gewissen Ehrgeiz, zusammenspielen zu dürfen. In den Mannschaften waren ja auch immer Jungs dabei, die nicht so gut waren. Daher haben wir die Ergebnisse meist unter uns Vereinsleuten ausgespielt.
Ich weiß, dass neben meinem Bruder auch Profi Yasin Öztekin und die zweifache deutsche Meisterin Daniela Löwenberg spielte. Im Tor stand bei denen Ex-Borusse Krishan Weber. Und wir hatten Konstantin Fink, auch einen Guten, im Tor. Viele Leute könnten auch noch Dennis Gillner kennen. Als Fußballer mit Leib und Seele habe ich gerne für unsere Schule gespielt. Wir haben sie repräsentiert. Unsere Leute aus der Fußball-AG hatten daher bei vielen Leuten einen gewissen Bonus.“
„Die antiken Trikots störten uns nicht“
Oliver Blinne (39, Sportlicher Berater Hörder SC, früher HSC-Trainer und Spieler vom HSC und vom VfL Hörde): „Das ist ein richtig schönes Thema! Da kommen sofort Erinnerungen hoch. Was waren wir stolz, als wir von der Schulleiterin Medaillen erhielten! Was hatten wir Spaß mit den zusammengewürfelten Teams!
Dass wir in antiken Trikots spielten, störte uns nicht. Ich erinnere mich aber besonders an diese engen Hosen. Im Team waren in der Tat angehende Topleute, solide Kicker und welche, mit denen wir auffüllten, um auf 15 Leute zu kommen.
Den Vater als Trainer
Meine Schulmannschaftskarriere begann in der Grundschule Benninghofen in unmittelbarer Nähe des HSC-Platzes. Daher spielten auch einige Jungs wie Thomas, der Bruder unseres Torjägers Thorsten Kuznik, mit. Natürlich auch mein Bruder Björn. Ich erinnere mich auch an den deutschen Junioren-Meister Christian Gesterkamp.
Wir erreichten mehrmals das Schulmeisterschafts-Finale. Gegner war meistens die Stifts-Grundschule von unten am Goy. So hatten wir auf anderer Ebene ein Derby gegen den VfL. Mal gewannen die einen, mal die anderen. Mein Vater Rainer, der ja lange VfL-Vorsitzender war, hat übrigens ein Jahr unsere Benninghofer Mannschaft trainiert.

Gegebenenfalls bekannt: Sascha Klein (Hörder SC), Christian Gesterkamp (Deutscher Meister A-Jugend BVB, Hörder SC), Björn Blinne (VfL Bochum A-Jugend), Oliver Blinne Hörder SC. © Privat
Als ich dann zum Phoenix-Gymnasium wechselte, sah ich neben der Spielfreude einen weiteren Grund, für die Schule zu kicken. Die Spiele waren nachmittags, da bekamen wir die fünfte und sechste Stunde frei. Aber wir hatten auch da eine gute Mannschaft und eine Menge Spaß, zumal wir zum Teil gegen Mitspieler aus unserer Mannschaft, die andere Schulen besuchten, spielten.
Bessere Noten dank Erfolge?
Ich weiß, dass Emre Konya und ich zusammen einmal in der Mittelstufe den Titel geholt haben. Der Rasenplatz des TSC Eintracht war immer ein perfekter Finalort. Damals gab es ja fast nur Asche. Das war schon ein Erlebnis. Ich hatte dann gehofft, vielleicht kriege ich wegen der Erfolge bessere Noten in anderen Fächern. Da aber machten die Lehrer leider nicht mit.“
Die Kleinen auf Spuren des großen BVB - als Schalker!
Tim Harbott (34, Sportlicher Leiter Holzwickeder SC): „Unser Trainer und gleichzeitig mein Englischlehrer an der Albrecht-Dürer-Realschule in Aplerbeck, Klaus Heinemann, war Borusse durch und durch. Ständig machte er uns den BVB zum Vorbild. Seine Ansprachen begannen nach Dortmunder Siegen immer mit: ‚Ihr müsst das wie der BVB machen!‘
Sonst wies er auf Fehler seines Herzensklubs hin, die wir dann auch vermeiden sollten. Mein Problem war: Ich wusste nicht so recht, wovon er sprach. Denn meine Farben sind andere. Daher habe ich die Spiele kaum gesehen. Ich hatte damals noch nicht den Mut, mich zu outen und habe immer so getan, als hätte ich alles verstanden.
Da mir auch im Englischunterricht nichts zuflog, wollte ich als Neuntklässler beim Lehrer einen guten Eindruck hinterlassen. Aber der Herr Heinemann war schon ein cooler Typ. Wir schafften es bei den Stadtmeisterschaften unter die besten Vier. Heute dürfen sie in Aplerbeck ruhig wissen, dass ein Schalker dabei mitwirkte.“
Eine ziemlich verrückte Geschichte
Dominik Altfeld (33, Torwart und Sportlicher Leiter ASC 09 Dortmund II): „Meine Geschichte spielt zwar in Hagen, aber sie ist ziemlich verrückt, da wir es aus einer reinen Spaßgeschichte heraus zu den Landesmeisterschaften in Duisburg schafften.
Unsere Realschule Elmst hatte es nicht so mit Schulmannschaften. Wir bildeten dann aber eine Fußball-AG. Und wir als 16-Jährige nahmen an der Stadtmeisterschaft teil. Das Ganze sah so aus, dass jeder Spieler zwei Leute als Fans mitbringen durfte. Auf dem Schulhof gab es ein Hauen und Stechen um die begehrten Plätze.
Basketballer gegen BVB-Talente – ein ungleiches Duell
Schließlich bedeutete das für sie schulfrei. Wir waren uns sicher, dass wir mit unserer Truppe spätestens am Abo-Sieger ‚Hauptschule Remberg‘ scheitern würden. Da kickten nämlich die BVB-, VfL- und Wattenscheid-Talente. Wir hatten vielleicht vier gute Fußballer, sonst Basketballer und Volleyballer. Gute Sportler, aber keine Fußballer. Nun gut, da ich etwas am Ball konnte, habe ich sogar Rechtsaußen gespielt.
Wir wussten allerdings, in welcher Formation wir zu spielen hatten. Denn da unser Lehrer, den Namen lassen wir besser weg, nicht vor Selbstbewusstsein und Fußball-Sachverstand strotzte, hatten wir im kleinen Spielerkreis die Aufstellung gemacht.
Stadtmeister, Bezirksmeister – und niemand wusste warum
Als der Lehrer im Bus loslegen wollte, sagte ich: ‚Alles okay. Sie brauchen nichts zu machen. Wir haben das schon geklärt.‘ Wie wir aber die Remberger schlugen, weiß noch heute keiner. Plötzlich waren wir Stadtmeister. Und auch auf die Frage, wie und warum wir dann im Dortmunder Hoeschpark Bezirksmeister wurden, hat wohl auch keiner von uns eine Antwort.
Unsere Fans hatten auf der Hinfahrt Bier getrunken. Und wir haben dann mit unseren Siegen deren Laune noch gesteigert. In Duisburg bei den Landesmeisterschaften war dann aber Endstation. Dennoch haben wir in der Geschichte unserer ‚unsportlichen‘ Schule unseren Platz gefunden.“
Der Fußballer, der es den Basketballer zeigte
Alexander Enke (33, Trainer Hombrucher SV): „Da wir mit dem Max-Planck-Gymnasium meiner Erinnerung nach nur einmal relativ unspektakulär an der Stadtmeisterschaft teilgenommen haben, steuere ich lieber meine Erinnerung an unsere Basketball-Erfolge bei. Wir wurden damals tatsächlich Stadtmeister. Und mich konnte unser Team wegen meiner Größe sehr gut gebrauchen.
Technisch war ich bestimmt nicht der Stärkste. Lang und dünn war ich dafür schon mit 13 oder 14. Ich habe die Bälle in den Korb gelegt. Und auch im Rebound war ich gegenüber kleineren Gegenspielern im Vorteil. Ich fand das super.
Denn ich war ein Wettbewerbstyp. Und mit guten Vereinsbasketballern in der Mannschaft und den Siegen machte es erst recht Spaß. Mein fußballerischer Fokus lag damals schon auf dem Hombrucher SV, den großen Erfolg als Schüler aber feierte ich in der Halle.“
Dortmunder Jung! Seit 1995 im Dortmunder Sport als Berichterstatter im Einsatz. Wo Bälle rollen oder fliegen, fühlt er sich wohl und entwickelt ein Mitteilungsbedürfnis. Wichtig ist ihm, dass Menschen diese Sportarten betreiben. Und die sind oft spannender als der Spielverlauf.
