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Pferdepfleger mit 88 - Heinrich Dickmann ist der gute Geist des ZRFV Wodan Damm
Reiten
Heinrich Dickmann ist beim Zucht-, Reit- und Fahrverein Wodan Damm Mädchen für alles. Aber er ist noch mehr. Heinrich Dickmann ist in seinem Verein eine echte Institution.
Sonntagmorgen in Schermbeck. Zeit für die Pferdebesitzer, sich aus dem Bett zu kämpfen und sich um ihre Tiere in den Ställen zu kümmern. Doch beim ZRFV Wodan Damm können die Reiter auch schon mal liegen bleiben. Sie können sich darauf verlassen: „Der Henn macht das schon.“
Der Henn, das ist Heinrich Dickmann. Seit 20 Jahren kümmert er sich auf der Anlage an der Hemsteege um die Schulpferde und auch um viele der privat eingestellten Tiere. Tagein, tagaus, einmal morgens, einmal abends.
Vorsitzender Hans Terstegen fragte
Der damalige Vorsitzende des ZRFV, Hans Terstegen, fragte den Landwirt 2001: „Henn, du hast doch jetzt keine Kühe mehr. Jetzt kannst du uns doch helfen und die Schulpferde auf dem Hof versorgen.“ Henn lies sich nicht lange bitten und sagte, wie es damals üblich war, per Handschlag zu. Dabei war er damals schon 68 Jahre alt – und damit heute stolze 88.
Jahrein, jahraus fuhr er seitdem zweimal täglich die sechs Kilometer von seinem Hof zur Reithalle. Viele Jahre mit dem Rad, inzwischen übernimmt seine Enkelin die Rolle des Chauffeurs und fährt Henn nach getaner Arbeit wieder nach Hause.
Diese Arbeit hat Henn Dickmann sich fest eingeteilt. Beim Betreten des Stalls nimmt er zunächst die Tiere in Augenschein, bevor er mit dem Füttern beginnt. Danach streut er, wo nötig, frisches Stroh in die Boxen und fegt zum Schluss auch noch die rund 50 Meter lange Stallgasse. Am Abend spult er bei seinem zweiten Besuch das Programm erneut ab und kontrolliert auch alle Tränken und die Futtertröge.
Damit konnte er schon größeren Schaden vermeiden, als ein Pferd die Tränke beschädigt hatte und die Box unter Wasser stand. Es gibt zudem echte „Entfesselungskünstler“ im Stall, und Henn wurde schon öfter von in der Stallgasse stehenden Pferden begrüßt, die in der Nacht an den Möhrensäcken und Heuballen ein rechtes Chaos angerichtet hatten.
Mit seiner großen Erfahrung ist er aber nicht nur „Versorger“, sondern manchmal sogar Lebensretter. Als er eine dreijährige Stute in der Box entdeckte, die mit einer Kolik zu kämpfen hatte, schlug Henn sofort Alarm, und so konnte dem Pferd schnell geholfen werden.
Henn Dickmann kennt seine Pferde, und seine Pferde kennen ihn: „Die erkennen mich schon am Schritt“, erzählt er.
Die Arbeit mit Tieren war ihm vom elterlichen Hof her vertraut. Dort wurden die Pferde noch vor den Pflug gespannt. Als er 1948 dem ZRFV Wodan Damm beitrat, nur ein Jahr nach dessen Gründung, kam ihm seine Erfahrung im Umgang mit den Tieren natürlich zugute, und der Beweis dafür hängt noch heute bei ihm an der Wand.
Kaltblütiger Turniersieger
Beim Kreisturnier von 1948 sicherte sich der damals 16-jährige Henn mit seiner Kaltblutstute Ella den Sieg im Trabreiten. „Damals hatten wir ja nur Kaltblüter zum reiten“, erinnert er sich.
Als Siegerlohn hab es damals ein Kaffeeservice. In all den Jahren ist davon erst eine einzige Tasse kaputt gegangen, und von guten Bekannten wird Henn immer wieder mal gefragt, ob man mal zusammen Kaffee trinken solle.

1948 gewann Henn Dickmann bei einem Turnier in Damm das Trabreiten für Kaltblut. © Privat
Beim RV Wodan Damm fand er nach dem Krieg aber nicht nur wegen seines reiterlichen Talents schnell seinen Platz. Er half überall, wo Not am Mann war, und bezeichnet sich rückblickend selbst als „Lückenspringer“. Und Lücken gab es im Laufe der Jahrzehnte so einige. Doch Heinrich Dickmann sagt: „Davon habe ich in 73 Jahren nichts bereut.“
Nicht die Pflege der Pferde, nicht die Hilfe bei den Weihnachtsfeiern, und schon gar nicht die Hilfe nach der Überschwemmungs-Katastrophe 2016.
Auch in schweren Stunden zur Stelle
Als damals der Dellbach über die Ufer trat und die gesamte Reitanlage unter Wasser setzte, war Henn Dickmann mit seinen 83 Jahren zur Stelle und stand bei der Bergung der Tiere und der Beseitigung der angerichteten Schäden in einer Reihe mit den vielen anderen ehrenamtlichen Helfern.
Doch die schönen Stunden überwiegen zum Glück. Etwa die, wenn Henn Dickmann an der Reithalle Bekannte trifft und mit ihnen – natürlich auf Platt – über alte Zeiten quartert. Wenn er beim Training der Springreiter zuschaut. Oder seine Diamantene Hochzeit, bei der ihm und seiner Frau die Reitkinder des Vereins auf den Schulpferden gratulierten.
Kürzlich überraschte ihn der Vereinsvorstand mit einer kleinen Feierstunde, bei der er für sein unermüdliches Engagement geehrt wurde und als Dankeschön ein kleines Präsent bekam. Dabei ist seine Arbeit für den 89-Jährigen schon längst keine Mühe mehr, sondern ein Stück Lebensinhalt und fester Bestandteil in seinem Tagesablauf. Für Henn Dickmann steht auf jeden Fall fest: „Solange ich das gesundheitlich noch schaffe mache ich gerne weiter.“
Seit Jahren freier Mitarbeiter der Redaktion Haltern am See. Er fotografiert und berichtet über das lokale Geschehen und betreut die Serie „Das Sportporträt“. Darüber hinaus berichtet er in Wort und Bild über aktuelle sportliche Großereignisse im Outdoorbereich , wie Reitturniere, Laufveranstaltungen, Radrennen und Kartsport.
