Jubilarehrung bei Blau-Weiß 72 Dorsten

Zum 50-jährigen Bestehen konnten die Mitglieder von Blau-Weiß 72 Dorsten zahlreiche Jubilare ehre. Dabei hat der Verein seit 30 Jahren kein Spiel mehr bestritten. © Privat

Das letzte Spiel wurde vor 30 Jahren abgepfiffen - doch das Team hält immer noch zusammen

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Die Spieler von Blau-Weiß 72 Dorsten haben ihr letztes gemeinsames Spiel vor 30 Jahren bestritten. Doch der Teamgeist ist auch bei der 50-Jahr-Feier ungebrochen.

Dorsten

, 24.06.2022, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

In der Bundesliga lieferten sich Bayern München und Schalke 04 ein packendes Duell um den Meistertitel, und die deutsche Nationalmannschaft wurde zum ersten Mal Europameister. Klar, dass diese Fußball-Highlights auch in Dorsten gerne am Fernseher verfolgt wurden. Und bei diesen gemeinsamen Fernsehabenden kamen Fritz Kramer und ein paar Freunde auf die Idee.

„Wir wollen selber Fußball spielen“, sagten sie sich. Und zwar im eigenen Verein. Es war April 1972. Es war die Geburtsstunde von Blau-Weiß 72 Dorsten.

Hobbyfußballer von Blau-Weiß 72 Dorsten

In den Vereinsfarben traten die Fußballer von Blau-Weiß 72 Dorsten in den Anfangsjahren an. © Privat

In der Bauerschaft Buschhausen zwischen Holsterhausen und Schermbeck fand sich ein Acker, auf dem die Hobbykicker spielen konnten, und bald fand sich auch der erste Gegner. Am 19. April 1972 traten die Dorstener bei Gambrinus Marl an. „Ohne jede Taktik und Konzept“, erinnert sich Gründungsmitglied Gregor Schäpers. Ein 1:4 war die logische Folge.

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Die ersten beiden Jahre haben wir eigentlich nur Niederlagen erlebt“, erzählt Fritz Kramer. Doch dabei hätten sie „unendlich viel Erfahrung gesammelt“. Auch beim internationalen Turnier in Glanerbrug bei Enschede in Holland. Mit dem Finale hatte Blau-Weiß Dorsten 1974 und 75 nichts zu tun. „Aber wir haben den Fairnesspokal bekommen und hatten einen Riesenspaß“, sagt Fritz Kramer.

Dorstener Stadtmeistertitel war der größte Erfolg

Anfang der 80er-Jahre wendete sich das Blatt, und man ging nun auch häufiger als Turniersieger vom Platz. Ihren größten Erfolg errangen die Blau-Weißen 1984 mit dem Gewinn der Stadtmeisterschaften für Dorstener Hobbymannschaften.

Die Truppe tingelte von Reken nach Raesfeld, spielte in Borken, Velen und Heiden und war auch im grenznahen Münsterland unterwegs. So kamen im Jahr viele Kilometer zusammen, die alle gemeinsam in ihren PKW’s zurücklegten.

Teamfoto Blau-Weiß 72 Dorsten

Zwei Jahre lang gab's zunächst nur Niederlagen für Blau-Weiß 72 Dorsten, später wurde das Team sogar Dorstener Stadtmeister der Hobbyfußballer. © Privat

Gregor Schäpers erzählt gerne von den besonderen „Typen“ in der Mannschaft: „Wir hatten mit der ,Kante‘ Norbert Feldmann einen absolut furchtlosen Torwart, der beim Rauslaufen weder Feind noch Freund kannte.“

Er war der Nachfolger von Bernd Wölke der in den Anfängen die Truppe mit viel Geschick vor noch höheren Niederlagen bewahrt hatte. Ein echter Eisenfuß alter Schule war Verteidiger Aribert Niechciol, an dem einfach keiner vorbei kam. Oberster Aktivposten im Team war aber natürlich Hans-Werner Gieseder der sich 80/81 mit 54 und 82/83 sogar mit 59 Treffern gleich zweimal die Torjägerkanone sicherte. „Der war vorm Tor eiskalt“, sagt Fritz anerkennend.

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Gespielt wurde traditionell auf Asche, und da es meistens vor Ort keine Duschen gab, fuhr man eben dreckig nach Hause. „Meine Mutter war immer begeistert“, erzählt Gregor Schäpers. Vor wichtigen Spielen wurde auch schon mal gemeinsam trainiert, ansonsten vertrauten die Blau-Weißen auf ihre „individuelle Fitness“ und die eiserne Regel: Vor dem Spiel nichts trinken – damit die Männer in der „dritten Halbzeit“ auch genügend Durst hatten.

Zuschauer vom Baum geschossen

Kurioses erlebten die Dorstener Hobbyfußballer zur Genüge: Vor einem Spiel mussten sie erst Kühe von der Weide treiben, bei einem anderen landete der Ball in der Windschutzscheibe eines LKW, und in Raesfeld schoss ein Blau-Weißer mit einem ungewollten, aber satten Volltreffer einen Zuschauer vom Baum.

Gegen die „Profis“ aus Datteln, die zur Saisonvorbereitung einen Sparringspartner suchten, gab es mit 0:14 die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte. Dafür erkämpfte Blau-Weiß gegen die Betriebsmannschaft von Auguste Viktoria mit nur acht Mann ein 0:0 erreichte.

Gregor Schäpers und Fritz Kramer mit Vereinswimpel von Blau-Weiß 72 Dorsten

Gregor Schäpers und Fritz Kramer teilen viele Erinnerungen an die gemeinsamen Jahre bei Blau-Weiß 72 Dorsten. © Horst Lehr

Fritz Kramer erinnert sich zudem an zwei Spiele: das am Tag nach seinem Polterabend, als ihm die Kollegen einen Elfmeter schenkten, den er so vehement schoss, „dass der Torwart ihn mit der Mütze fangen konnte“; und an das im sauerländischen Deifeld, als er als Trikotverantwortlicher alles dabei hatte, nur nicht die eigene Sporttasche, und zuschauen musste.

Zum Weinfest an die Mosel

Über die Jahre entstanden viele Kontakte und Freundschaften zu anderen Teams. Etwa nach Traben-Trabach an der Mosel, wo die Dorstener ihre Spiele immer mit einem Besuch des dortigen Weinfests kombinierten. 20 Jahre lang kannte das agile Team keine Sommer- oder Winterpausen. Es wurde ganzjährig durchgespielt, mit teilweise bis zu 40 Spielen im Jahr. Finanziert hat sich die Truppe komplett über Eigenmittel, freute sich aber auch, wenn Sponsoren mal einen Satz Trikots spendierten. Im Team stand die Kameradschaft an oberster Stelle. Da war es auch selbstverständlich, sich gegenseitig beim Umzug zu helfen oder bei der Hochzeit von Sportkameraden im Trikot an der Kirche Spalier zu stehen.

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Als aber nur noch acht, neun Mann regelmäßig Zeit fanden, fiel 1992 schweren Herzens der einstimmige Beschluss zur offiziellen Einstellung des Spielbetriebs. Doch auch diesen Weg in die „dritte Halbzeit“ ging die Truppe gemeinsam und ist bis heute zusammen geblieben.

„Das ist uns wirklich gut gelungen“, sagt Fritz Kramer zufrieden. Nun schon 30 Jahre ohne Ball treffen sich die Kicker alle 10 Jahre zu einem Jubelfest und haben das 50-Jährige in diesem April mit 39 Personen gefeiert. Dazwischen verabreden sich die „Jungs“ regelmäßig, um gemeinsam die Spiele der Nationalmannschaft zu schauen oder spielen Tennis, und es gibt sogar immer noch die schon 72 gegründete Kegelgruppe .

„Auch wenn das aktive Hobby im hohen Alter nicht mehr möglich ist, sind wir ein Leben lang als Freunde zusammen“, sagt Fritz Kramer auch ein wenig stolz. Und er dankt denen, die den Jungs immer „frei“ gegeben haben: den Frauen.

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