
© Volker Engel
Fußballer diskutieren DFB-Forderung: „arrogant“ und „nicht systemrelevant“
Fußball
Der Fußball in Castrop-Rauxel ist derzeit komplett durch den Lockdown Light mattgesetzt. Der DFB macht sich für Lockerung stark. Die heimischen Trainer erklären, ob sie diese Unterstützung überhaupt wollen.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist vorgeprescht: Die Präsidenten der Regional- und Landesverbände und DFB-Präsident Fritz Keller haben sich dafür ausgesprochen, dass die Politik Sportanlagen öffnen soll. Somit wäre Training wieder möglich - zumindest für den Nachwuchs.
Der an die Politik gerichtete Appell bezieht sich in erster Linie auf die Möglichkeit des organisierten Sporttreibens für Kinder und Jugendliche unter freiem Himmel und schließt dabei ausdrücklich nicht nur den Fußball ein.“
Castrop-Rauxeler Nachwuchs-Trainer sind Befürworter
Tim Kuit, der D-Junioren-Fußballtrainer des FC Frohlinde in der Bezirksliga, begrüßt die DFB-Forderung. Er sagt: „Gerade jetzt ist es wichtig, den Kindern eine Möglichkeit zu bieten, sich zumindest zweimal pro Woche auszutoben.“ Kuit hat seinen Schützlingen zwar einen Trainingsplan an die Hand gegeben und trifft sich mit ihnen per Video-Konferenz. Kuit meint aber: „Am Ende ist es dann nicht das Wahre und keine dauerhafte Alternative.“ Durch die Hygienekonzepte auf den Sportplätzen seien Möglichkeit vorhanden, sich bestmöglich zu schützen.
Sencer Özbek, Coach der C-Junioren des SV Wacker Obercastrop (Bezirksliga): „Ich bin dafür, dass man das Training für die Jugend möglich macht. Auf die Gelegenheit, auch Spiele durchführen zu dürfen, muss man weiter warten.“ Wenn sich alle an die Hygienekonzepte halten, sei das vor allem für den November praktikabel.

Tim Kuit, der D-Junioren-Fußballtrainer des FC Frohlinde in der Bezirksliga, begrüßt die DFB-Forderung. © Volker Engel
Vorsichtiger geht Patrick Stich, der Coach der Bezirksliga-Männer des FC Castrop-Rauxel, das Thema an. Er sagt: „Ich merke derzeit, dass sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld wie die Einschläge der positiv getesteten Fälle immer näher kommen. Der Fußball ist schön und gut. Er ist für mich Leidenschaft und Herzenssache. Allerdings können es sich viele Spieler und Trainer nicht erlauben, aufgrund eines Verdachtsfalles im Fußball zwei Wochen auf Arbeit durch Quarantäne zu fehlen - geschweige denn an Covid zu erkranken. Dieses Risiko wäre mir als Meister in meinem Betrieb und somit Hauptverantwortlicher für 40 Mitarbeiter zu hoch.“
Der FC-Trainer gibt auch zu bedenken, dass ja niemand in die Umkleidekabine dürfe - trotz der fallenden Temperaturen. Stich: „Lasst uns versuchen, ab März die Hinrunde über die Bühne zu bekommen, um so ein zählbares Ergebnis in der Tabelle zu haben.“
Stefan Hoffmann, der Spielertrainer des Landesligisten FC Frohlinde, sieht in der Nutzung der Kabinen ein großes Problem. Anders als im Sommer seien die Sportler darauf angewiesen. Hoffmann sagt: „Die Organisation und die Reinigung der Räume sind aber kaum machbar. Zudem haben wir in der Gesellschaft ganz andere Probleme als die Stützung des Breitensports. Zum Beispiel, wenn ich daran denke, dass Restaurants nicht öffnen dürfen.“

Ickerns Trainer Kim Weber (r) im Spiel des SC Arminia Ickern gegen den FC Frohlinde II (2:2) © Jens Lukas
Dennis Dannemann, Spielertrainer der SG Castrop (Bezirksliga), betont: „Ich sehe schon die Notwendigkeit der sportlichen Aktivität bei Kindern und Erwachsenen. Allerdings glaube ich nicht, dass der DFB derjenige sein sollte, der die Entscheidung der Bundesregierung in Frage stellen darf. Man muss das meiner Meinung nach so akzeptieren, wie es derzeit ist. So schwer es einem persönlich fällt.“
Jimmy Thimm, Coach des FC Frohlinde II (Kreisliga A), stimmt der Keller-Forderung zu. Thimm erklärt: „Weil wir alle Hygieneregeln einhalten, gibt es die Chance, dass sich alle wieder draußen in kleinen Trainingsgruppen bewegen können. Allerdings sollte das dann für ganz Deutschland gelten - und nicht wieder nur Regelungen in einzelnen Bundesländern geben.“ Dass keine Spiele stattfinden, damit ist Jimmy Thimm einverstanden.
Kim Weber, Trainer des SC Arminia Ickern (Kreisliga A), sagt: „Ich finde den Appell richtig. Der Sport ist wichtig für die mentale und körperliche Gesundheit. Für viele Menschen ist gerade der Fußball die einzige Möglichkeit, Sport zu treiben. Zudem halte ich die Ansteckungsgefahr beim Fußballspielen an frischer Luft für eher gering.“
Marc Olschewski, Coach des VfB Habinghorst (Kreisliga A), meint: „Diese Forderung wird nicht durchkommen. Ich empfinde es zudem gegenüber der weiteren Gesellschaft von uns Fußballern als arrogant, solche Freiheiten haben zu wollen. Wir sind nicht systemrelevant. Es ist zudem ein immer größer werdendes Problem, gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten, dass man in der Freizeit ein Infektionsrisiko eingeht.“

Alexander Schmottlach, Trainer des TuS Henrichenburg. © Volker Engel
Martin Broll, der Sportliche Leiter des SuS Merklinde (Kreisliga A), möchte auch nicht warten. Er betont: „Die Forderung ist vollkommen richtig. Die Sportler sollen umgezogen zum Platz kommen, trainieren und wieder nach Hause. Eventuell muss man halt auch wieder in kleineren Gruppen arbeiten.“
Alexander Schmottlach, Trainer des TuS Henrichenburg (Kreisliga B Recklinghausen), berichtet: „Ich bin da eigentlich zwiegespalten. Die Ansteckungsgefahr auf dem Platz ist ja gering. Da es aber schwarze Schafe gibt, die kein ausreichendes Hygienekonzept praktizieren, möchte ich das Risiko nicht eingehen, dass alle wieder trainieren. Zumal es noch keinen Impfstoff gibt. Lass es uns lieber aussitzen und im neuen Jahr wieder beginnen.“
Patrick Gebauer, Coach der SG Castrop II (Kreisliga B) ist pragmatisch - und sagt: „Aufgrund der hohen Infektionszahlen würde ich es begrüßen, dass wir frühzeitig in die Winterpause gehen und im neuen Jahr wieder starten.“

Ilker Bahcecioglu, Spielertrainer der SF Habinghorst/Dingen. © Volker Engel
Ilker Bahcecioglu, Spielertrainer der SF Habinghorst (Kreisliga B) sagt: „Ich bin ein Fürsprecher. Natürlich besteht die Gefahr, dass jemand der Corona hat im Trainings- oder Spielbetrieb anstecken könnte. Aber die Gefahr ist leider überall gegeben. Es wird kein Leben mehr ohne Corona geben, sondern nur noch eines mit Pandemie. Das gilt für alle Lebensbereiche wie auch das Hobby.“
Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute (dieses Prinzip ist auch das Motto des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises).
