Aus für Olympia und Champions League - Castrop-Rauxeler ist trotz Pandemie glücklich

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Aus für Olympia und Champions League - Castrop-Rauxeler ist trotz Pandemie glücklich

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Ein Castrop-Rauxeler Profi-Sportler bekam wegen des weltweiten Lockdowns einen sportlichen Höhepunkt nicht geboten, erlebte aber viel Positives während der Pandemie.

Castrop-Rauxel

, 06.11.2020, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Jeder Sportler fiebert seinen Saisonhighlights entgegen. Beim Kreisliga-Kicker ist es das Endspiel um den Aufstieg, andere Sportler trainieren auf Olympische Spiele hin, die dieses Jahr verschoben wurden. Auch ein Castrop-Rauxeler Profisportler litt wegen der Corona-Pandemie, weil Highlights wegbrachen. Doch er erlebt jetzt andere Glücksmomente.

Andre Bienek sitzt im Rollstuhl, er ist gehandicapt. Der Habinghorster hat eine „Spina bifida“, eine Rückenmarksschädigung, durch die er auf den Rollstuhl angewiesen ist. Doch das hält ihn nicht davon ab, seiner Leidenschaft nachzugehen: dem Basketball. 2008 erreichte der heute 34-Jährige ein Ziel seiner Träume: Der Rollstuhlbasketballer durfte in Peking erstmals an den Paralympics, den Olympischen Spielen für Behindertensportler, teilnehmen. Danach folgte noch zwei weitere Paralympics-Teilnahmen: 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro.

Bienek hatte Tokio bereits gebucht

Für 2020 standen eigentlich die Paralympics Nummer vier in Tokio (Japan) in seinem Terminkalender. Die Voraussetzungen waren geschaffen durch die Qualifikation des deutschen Teams sowie Bieneks Berücksichtigung durch den Bundestrainer Nicolai Zeltinger.

Der Habinghorster Rollstuhlbasketballer (am Ball) hat vor der Corona-Pandemie an drei Paralympics teilgenommen: 2008 in Peking, 2012 in London sowie 2016 in Rio de Janeiro.

Der Habinghorster Rollstuhlbasketballer (am Ball) hat vor der Corona-Pandemie an drei Paralympics teilgenommen: 2008 in Peking, 2012 in London sowie 2016 in Rio de Janeiro. © Sportagentur Joneck

Dann machte die Corona-Pandemie dem sportlichen Ziel einen Strich durch die Rechnung. Wenige Tage nach seinem 34. Geburtstag mochte der Castrop-Rauxeler aber kein Selbstmitleid aufkommen lassen.

Er sagte zu Beginn des Lockdown-Monats November: „Tokio bleibt mein Ziel. Ich versuche nicht, dauernd in die Zukunft gucken. Wenn noch Unwägbarkeiten eintreten, dann ist die Enttäuschung nur umso größer.“ Aktuell ist geplant, dass die Paralympics 2021 zwischen dem 24. August und dem 5. September nachgeholt werden.

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Trotz der Pandemie gab es für André Bienek im Jahr 2020 einige Glücksmomente. Durch seine Hochzeit am 14. Oktober sowie die Nachricht, dass er im April 2021 Papa wird. Mit seinem Bundesliga-Team der Thuringia Bulls Elxleben (Thüringen) wurde Bienek zum wiederholten Male Deutscher Pokalsieger.

Zwar wurden die Play-Offs um die Deutsche Meisterschaft im März abgebrochen. Da Bieneks Mannschaft als Bundesliga-Spitzenreiter dorthin gelangte, wurde den Thüringern allerdings der DM zuerkannt. Somit glückte hier auch die Wiederholung des Vorjahressieges. Für eine komplette Titelsammlung reichte es nicht, weil die Champions-League-Turniere ausfallen mussten.

Die Corona-Pandemie habe durchaus Spuren in seinem Leben hinterlassen, räumt André Bienek ein. So sei unter anderem die Zeit ohne Training keine einfache gewesen. Um sein eigenes Spiel zu verbessern, konnte er lediglich in Videofilmen studieren, wo er ansetzen möchte. Das tat er dann mit seinem Team, als die Halle im Landesbehindertensportzentrum für sie wieder geöffnet wurde. Bienek und sein Team hatten Zeit, ihr Gameplay auf mehr Distanzwürfe umzubauen.

Im Oktober profitierte André Bienek von den Vorzügen des Profi-Sports. Denn die Rollstuhlbasketball-Bundesliga musste sich nicht dem Lockdown fügen. Elxleben gewann am Samstag (31. Oktober) deutlich mit 109:54 gegen den Aufsteiger ING Skywheelers Frankfurt/Oder - mit elf Punkten von Bienek. Das Duell war ein Geisterspiel. Denn Zuschauer sind nicht zugelassen.

André Bienek berichtet: „Eigentlich sind immer 350 Fans da und die Stimmung ist immer toll.“ Er vermisse die Fans sehr. Es sei ein unwirkliches Gefühl nach der Partie gewesen. Bienek: „Wir machen dann immer eine Runde mit den Fans - da waren aber keine.“ Ein wenig ausgeglichen wurde die fehlende Stimmung vom Fan-Zuspruch in den sozialen Netzwerken sowie bei Begegnungen im Alltagsleben.

Bei seinen ersten Paralympics besuchte André Bienek auch die Chinesische Mauer.

Bei seinen ersten Paralympics besuchte André Bienek auch die Chinesische Mauer. © privat

Gewöhnungsbedürftig war auch die Kür zum Deutschen Meister. Die Nachricht kam per E-Mail. Und die Trophäe samt Medaillen wurde André Bienek Monate später in der Halbzeitpause des ersten Spieltages überreicht. Bienek: „Vom Schiedsrichter. Ich war ganz überrascht. Ganz komisch.“

Viel schöner wäre es gewesen, den Dauerrivalen RSV Lahn-Dill nochmals sportlich in die Schranken zu weisen - nach bereits zwei Siegen in den Bundesliga-Duellen und einem Erfolg im Pokal-Endspiel: „Einen Titel und die Trophäe möchte ich bald wieder in einem echten Finale und mit unseren Fans gewinnen:“

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Wegen der Pandemie konnte André Bienek nicht mehr so oft wie gewohnt nach Castrop-Rauxel kommen. Er sagt: „Die Besuche sind leider weniger geworden. Eigentlich feiere ich auch immer meinen Geburtstag mit meinen Eltern. Daraus wurde aber nichts. Im Sommer war ich nur zweimal in der Heimat.“

Die 3,5 Stunden Fahrt mit 350 Kilometern seien da weniger das Problem als die Corona-Beschränkungen gewesen. Somit blieben ihm nur Telefonate. Bienek: „Da bin ich ganz Old School - ohne Video.“ Anders hielt er es mit seinem Patenkind. Diesen hörte und sah er aus dem fernen Erfurt durch ein Videogespräch über WhatsApp.

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