
© Andreas Joneck
Paralympics: Für einen Habinghorster droht der Tokio-Traum 2020 zu platzen
Corona-Krise
In Tokio sollen ab Juli die Olympischen Spiele und ab August die Paralympics stattfinden. Von einer Verschiebung oder einem Ausfall wären zwei Castrop-Rauxeler Sportler direkt betroffen.
So eine Pandemie kommt immer zum ungünstigsten Zeitpunkt. Der Blick von André Bienek auf die Tabelle der ersten Rollstuhlbasketball-Bundesliga schmerzt, obwohl seine Thuringia Bulls die reguläre Saison souverän auf Rang eins beendet haben. Sie galten für die Playoffs als großer Favorit auf die Meisterschaft. Doch nun ist Schluss. Die Bundesliga hat ihren Spielbetrieb wegen der Corona-Krise eingestellt. Alles dahin? Niemand weiß es. "Welche Auswirkungen das auf etwaige Auf- und Abstiege hat, werden wir in den kommenden Wochen diskutieren, um eine bestmögliche Entscheidung im Sinne aller treffen zu können", heißt es in einer Stellungnahme der Liga.

2008 besuchte André Bienek während der Paralympics in Peking die Chinesische Mauer. © privat
Für den Habinghorster Bienek ist die Saison gelaufen. Der Europapokal wurde abgebrochen, das Trainingszentrum ist geschlossen. Noch "so eben durchbekommen" habe man das Final Four um den DRS-Pokal Anfang März, sagt Bienek. Das gewannen die Thuringia Bulls mit einem 82:73 im Finale gegen den RSV Lahn-Dill. Der Castrop-Rauxeler steuerte sechs Zähler bei. Es bleibt aber nicht das einzige ungünstige Szenario: Bienek trainiert noch die Landesliga-Mannschaft der Bulls - die ebenfalls Tabellenführer war.
Bienek ist mit Deutschland für die Paralympics qualifiziert
Ob Bienek auch seine Sommerplanungen verändern wird, kann sich in den kommenden Wochen entscheiden. Der 33 Jahre alte Habinghorster ist mit der deutschen Nationalmannschaft für die Titelkämpfe der Behindertensportler qualifiziert und wollte sich dort noch mal einen Traum erfüllen. Am 25. August sollen in Tokio die Sommer-Paralympics beginnen.
Neben Bienek hat Ruderer Malte Jakschik Tokio fest im Terminkalender stehen. Mit dem Deutschland-Achter plant der Mann vom RV Rauxel den Angriff auf die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen. Noch hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Sommerspiele nicht abgesagt, obwohl der Druck von Medien, Politik und aktiven Sportlern immer größer wird. Jakschiks Teamkollege Richard Schmidt sagte vor kurzem im Interview mit dieser Redaktion: "Wir brauchen irgendwann eine Entscheidung, weil ja alle Sportler weltweit, die sich vier Jahre lang für Olympia gequält haben, faire Wettkämpfe wollen."
Paralympics: Verbände diskutieren Alternativen
Während das IOC um Chef Thomas Bach öffentlich die Situation verharmlost und nach wie vor von einem reibungslosen Ablauf der Spiele ausgeht, diskutieren die paralympischen Verbände über Alternativen. "Gedanklich muss man sich natürlich mit dem Super-GAU beschäftigen. Entweder dass die Spiele ausfallen oder verschoben werden", so Bienek. Es wäre seine vierte Paralympics-Teilnahme nach Peking 2008, London 2012 und Rio 2016. Besonders der fünfte Rang in China, sein bestes Ergebnis, ragt dabei heraus. "Peking ist für mich das Event, an das ich immer noch am liebsten zurückdenke", sagte Bienek mal. Nach Platz sechs in London folgte noch der achte Rang in Rio.

André Bienek bei der Eröffnung der Paralympics 2016 in Rio de Janeiro. © privat
Letztlich muss Bienek wie andere Sportlerinnen und Sportler abwarten, was im Sommer passiert. Persönlich kann er ohnehin nichts ändern. "In einer oder zwei Wochen kann die Situation ja schon wieder ganz anders sein. Die Paralympics sind noch relativ weit weg. Sportlich sind jetzt andere Fragen dringender. Zum Beispiel was mit der Liga passiert", meint Bienek. Werden die Spiele um ein Jahr verschoben, steuert der Habinghorster dann schon auf seinen 35. Geburtstag zu. Beeinflusst das seine Pläne? "So weit habe ich noch nicht in die Zukunft geschaut, damit macht man sich ja selbst nur nervös", so Bienek.
Goldmedaillen für Schultz, Wentzke und Mehlmann
Die Stadt Castrop-Rauxel hatte in den vergangenen Jahrzehnten eine Reihe von Teilnehmern an Olympischen Spielen und den Paralympics. Als Goldmedaillen-Gewinner zeichneten sich dabei der Ruderer Eckhard Schultz (1988) und der Kanute Friedhelm Wentzke (1960) aus. Bei den Paralympics 1992 in Barcelona (Spanien) gewann Uwe Mehlmann Gold im 200-Meter-Lauf.
Jahrgang 1995, arbeitet seit 2013 in der Lokalredaktion seiner Heimatstadt Castrop-Rauxel. Dementsprechend auch die spätere Studienwahl: Journalistik in Dortmund. Schreibt darüber hinaus für überregionale Medien, meist über Sport.
