
© David Hennig/Fußballkreis
Regionalliga-Referee: „In der Bundesliga ist nur wenig Platz für talentierte Schiedsrichter“
Fußball
Fakt ist, dass ohne Schiedsrichter im Fußball nichts geht. Und auch dieser Satz trifft den Kern: Nur ein Schiedsrichter, der in 90 Minuten nicht groß auffällt, hat seine Aufgabe gut gemacht.
Rund um Manuel Gräfe entbrannte jüngst eine Diskussion wegen seines altersmäßigen Aus in der Bundesliga mit 47 Jahren. Ein guter Grund, bei Leonidas Exuzidis über die Schiedsrichter-Situation im Fußballkreis Herne/Castrop-Rauxel nachzufragen. Exuzidis ist Pressesprecher des Fußballkreises und pfeift Spiele in der Regionalliga.
Wie schwer es für Schiedsrichter ist, bis in die Bundesliga aufzusteigen, macht Exuzidis an einem Vergleich fest: „Aus den vielen Nachwuchs-Leistungszentren wechseln bundesweit jährlich viele U19-Spieler in den Seniorenfußball - nur ganz wenige von ihnen landen im Profifußball.“ Nicht anders sei es bei den Schiedsrichtern.
Leonidas Exuzidis, wie viele Schiedsrichter aus dem Fußballkreis Herne/Castrop-Rauxel pfeifen überkreisliche Spiele?
33 Schiedsrichter aus unserem Fußballkreis pfeifen überkreislich: zwei in der Regionalliga West, vier in der Oberliga Westfalen, zwei in der zwei Westfalenliga, vier in der Landesliga und 21 in der Bezirksliga. Das ist eine sehr gute Quote für unseren kleinen Fußballkreis – und das Ergebnis einer konsequenten Forderung und Förderung.
Wer kommt aus Castrop-Rauxel von diesen überkreislichen Schiedsrichtern?
Ich selbst darf in der Regionalliga Spiele leiten, Nadine Westerhoff ist in der Oberliga und der Frauen-Bundesliga aktiv, Tim Zahnhausen in der Oberliga, Kevin Biletzke, Meik Jahr, Bilal Moujahid, Tom Roehl, Kevin Schmidt, Gregor Werkle und Tim Zehnich in der Bezirksliga.
Welche Schiedsrichter pfeifen in der höchsten Liga?
Selim Erk und ich sind im Herrenbereich in der Regionalliga die ranghöchsten Schiedsrichter des Fußballkreises. Unabhängig davon sind wir alle ein starkes Kollektiv. Wir unterstützen uns gegenseitig - unabhängig von der Liga.
Gibt es für den ein oder anderen Chancen, bis in den Profibereich aufzusteigen?
Das lässt sich nicht verlässlich sagen. Es ist nicht völlig auszuschließen, dass einer den Sprung in die Profi-Ligen schafft - die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr, sehr gering. Das Ziel sollte ohnehin eher die nächste Liga als gleich der Profifußball sein.

Nadine Westerhoff (vormals Matthes), die in Habinghorst aufgewachsen ist, leitet Spiele in der Frauen-Bundesliga. © Fußballkreis Herne
Was muss ein Regionalliga-Referees mitbringen, um in die Bundesliga aufzusteigen?
Das hängt von vielen Faktoren ab. Wichtig ist die Leistungsentwicklung in den vergangenen Jahren. Je jünger jemand ist, desto größer sind seine Perspektiven. Weitere Faktoren sind Eigenschaften wie beispielsweise Kritikfähigkeit, körperliche Fitness, das Auftreten gegenüber Spieloffiziellen und die Persönlichkeitsentwicklung. Ein zentraler, oft vergessener Aspekt ist, dass im Profi-Bereich auch Platz sein muss. Es gibt viele talentierte, motivierte, junge Schiedsrichter für nur wenige freie Plätze.
Lässt sich das Auswahl-Prinzip verändern?
Sagen wir mal so: An der Basis gibt es zwar viel zu wenig Schiedsrichter - in der Spitze aber wird es ein ganz enger Flaschenhals. Es schafft nur ein Bruchteil bis ganz nach oben.
Wäre es eine Alternative, sich für den Job des Assistenten zu entscheiden, um eventuell aufzusteigen?
Nein. Eine Spezialisierung erfolgt erst im obersten Segment des Profifußballs - also in den Bundesligen eins und zwei.
In welchem Alter sollte man anfangen, um sich bis zur Bundesliga durchkämpfen zu können?
Auch das ist nicht pauschal zu beantworten. Die Leistung muss stimmen. Weiter muss der Aufstieg in die Regionalliga schnell erfolgen - und dort muss der Schiedsrichter dann erneut überzeugen.
Wer war der letzte Schiedsrichter aus unserem Fußballkreis, der in der Bundesliga gepfiffen hat?
Das war Thorsten Kinhöfer. Er ist nach der Saison 2014/15 planmäßig ausgeschieden. Er war als Fifa-Schiedsrichter sogar auf internationaler Ebene unterwegs. Cetin Sevinc, der mittlerweile in Waltrop wohnt, war bis 2015 außerdem als Assistent in der 2. Bundesliga sowie in der 3. Liga tätig.

Thorsten Kinhöfer (r.) war der letzte Bundesliga-Schiedsrichter aus dem Fußballkreis Herne/Castrop-Rauxel. Er schied nach der Saison 2014/15 planmäßig aus. Er war als Fifa-Schiedsrichter sogar auf internationaler Ebene unterwegs. © picture-alliance/ dpa
Wie lange muss man in einer Liga pfeifen, um für den Aufstieg infrage zu kommen?
Bis auf sehr wenige Ausnahmen erfolgt maximal ein Aufstieg pro Jahr. Es dauert also, bis man in der Regionalliga angekommen ist. Der Bezirksliga-Aufstieg kann schnell gehen. Im Idealfall erfolgt im Anschluss jährlich ein Aufstieg auf Verbandsebene – dieser Idealfall ist aber eine Ausnahme.
Ist in jüngster Zeit ein Schiri aus unserem Fußballkreis abgestiegen aus dem überkreislichen Fußball?
Nein, mir ist kein Kollege bekannt, der von einer Rückstufung betroffen ist. Oft allerdings kann man auch diese Entwicklung nur bedingt beeinflussen – etwa das eigene Alter.
Über 30 Jahre als Sportredakteur aktiv, bin ich nun im "Unruhestand" seit der Saison 2018/2019 als Freier Mitarbeiter für den Castroper Sport am Ball - eine neue, spannende Erfahrung. Meine journalistischen Fachgebiete sind alle Ballsportarten, die Leichtathletik und Golf. Mit den deutschen Spitzen-Fechtern war ich in den frühen 2000er-Jahren bei Welt- und Europameisterschaften in der "halben Welt" unterwegs.
Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute (dieses Prinzip ist auch das Motto des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises).
