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Castrop-Rauxelerin geht raus zum Fußball - und ihr Mann muss zuhause bleiben
Fußball
Als Schiedsrichterin der Frauenfußball-Bundesliga ist sie von den Corona-Einschränkungen nicht betroffen. Doch einfach ist das Leben in der sogenannten Profi-Blase auch nicht gerade.
Sie hat 40 Spiele in der Frauen-Bundesliga erfolgreich gepfiffen, sieben in der 2. Liga und unzählige in den Klassen darunter. Höhepunkt ihrer Schiedsrichter-Laufbahn war das DFB-Pokalfinale im Frauenfußball im Juli zwischen dem VfL Wolfsburg und SGS Essen.
„Es gab keine besonderen Vorkommnisse, alles lief normal, alle waren zufrieden mit meiner Leistung", blickt die gebürtige Castrop-Rauxelerin Nadine Westerhoff zurück.
20 Mal in dieser Saison bereits auf Corona getestet
Da sie im Profifußball unterwegs ist, ist die 37-Jährige von den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nicht betroffen. Elf Spiele leitete sie in der Saison 2020/21 bereits. In der Bundesliga, im DFB-Pokal und in der Juniorinnen-Bundesliga.
Hinzu kommen die Einsätze als Schiedsrichter-Assistentin. Doch das Leben in der sogenannten Blase („Bubble") ist nicht ganz so einfach, wie man es sich vorstellt. 20 Mal wurde sie in dieser Saison bereits auf Corona getestet. „Immer negativ", wie sie betont, „und natürlich seien alle Abstands- und Kontaktregeln selbstverständlich zu befolgen."
Der Aufwand dafür ist nicht zu unterschätzen. Vor einem Spiel der 1. Bundesliga oder im DFB-Pokal muss sie zwei Tage zuvor ein offizielles Labor aufsuchen, um einen PCR-Test zu machen. In der Regionalliga muss dagegen ein Schnelltest reichen.
„In meinem Fall ist das ja okay. Ich habe Glück. Ich wohne in Bochum und kann zur Ruhr-Universität fahren, um den Test zu machen. Das geht natürlich alles sehr schnell. Aber ich kenne Kolleginnen, die müssen eine Stunde mit dem Auto hin und eine Stunde wieder zurückfahren“, so Westerhoff. Natürlich alles neben ihrer Arbeit als Reiseverkehrskauffrau.

Nadine Westerhoff (Mitte) leitete in der Vergangenheit auch Herren-Partien in der Landesliga sowie im Kreispokal. © Hennig (Fußballkreis)
Aufwandsentschädigung ist extrem gering im Frauen-Bereich
Überhaupt: Geld kann kein Anreiz sein, um als Schiedsrichterin im Frauenfußball unterwegs zu sein. Übrigens werden in den obersten beiden Ligen die Spiele ausschließlich von Frauen geleitet, auch die Assistenten sind hier ausschließlich Assistentinnen.
Während ihre männlichen Kollegen schon längst nicht mehr arm sind - Schiedsrichter mit fünf Jahren Bundesliga-Erfahrung erhalten vom DFB 70.000 Euro Grundgehalt plus 5.000 Euro pro Spiel - bewegt sich die Entschädigung im Frauenbereich eher unter der Rubrik „Hobby“. Laut einer Statistik aus dem Jahr 2015 erhielten Schiedsrichterinnen, die ein Spiel der 1. Frauen-Bundesliga leiten, eine Aufwandsentschädigung von 154 Euro.
Wird zumindest der Mehraufwand, der mit den zahlreichen Corona-Tests verbunden ist, finanziell entlohnt? „Nein“, sagt Nadine Westerhoff, „finanziell entlohnt wird dieser Mehraufwand nicht. Das geht von unserer Freizeit oder von unserer Arbeitszeit ab.“
Es gibt 75.000 Schiedsrichter in Deutschland, davon sind 3.000 Frauen, aufgerundet sind das vier Prozent. 19 davon sind in der Frauen-Bundesliga gelistet. Für Nadine Westerhoff eine Bestätigung ihrer langjährigen Arbeit.
Es ist bekannt, dass Schiedsrichter*innen das gleiche Laufpensum pro Spiel zurücklegen wie die Spieler oder Spielerinnen. Tägliches Training ist quasi Voraussetzung, um immer auf der Höhe zu sein.
Seit 2014 pfeift Westerhoff in der 1. Bundesliga
Seit 2012 pfeift Nadine Westerhoff in der 2. Bundesliga, zwei Jahre später in der 1. Bundesliga. Die gebürtige Habinghorsterin, die selbst aktiv beim SC Arminia Ickern und bei der Spvg Schwerin spielte und zunächst Mitglied des FC Frohlinde war, startete ihre Erfolgsgeschichte unter ihrem Mädchennamen Nadine Matthes.
Vor einigen Jahren heiratete sie Sebastian Westerhoff, den heutigen Trainer des Westfalenligisten DSC Wanne und pfeift mittlerweile für den Herner Club. „Wir sind eine echte Fußball-Familie“, sagte die 37 Jahre alte Reiseverkehrskauffrau. Ungewohnt sei die aktuelle Situation aber dennoch. Denn während sie ja ganz normal weiter ihren Aktivitäten nachgehen darf, ist ihr Partner zum fußballerischen Nichtstun verdammt.
„Jetzt heißt es schon mal, ich gehe zum Fußball, während Sebastian zu Hause bleibt“, beschreibt Nadine Westerhoff die Situation: „Normal ist es ja immer umgekehrt. Da geht der Mann zum Fußball.“ Allein aufgrund der familiären Situation mache sie sich natürlich Gedanken, wie es im Amateurfußball weitergehe, so Westerhoff: „Aber vor Ostern wird das nichts.“
Für internationale Laufbahn ist Westerhoff bereits zu alt
Ob es für Nadine Westerhoff auf der Leiter noch einige Sprossen nach oben geht, ist eher fraglich. Bei den Frauen gehört sie zum Stammpersonal der Frauen-Bundesliga, bei den Herren pfeift sie in der Oberliga. „Für internationale Spiele“, so Westerhoff, sei sie mit ihren fast 38 Jahren bereits zu alt.
Der damalige Vorsitzende des Kreisschiedsrichterausschusses, Markus Häbel, hatte das Talent der Habinghorsterin erkannt. Das war 2006. „Ich hätte früher auf ihn hören sollen“, reflektiert sie: „Als mir dann bei einem Hallenturnier ein Eigentor unterlaufen ist, habe ich mich für das Schiedsrichterwesen entschieden.“
Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute (dieses Prinzip ist auch das Motto des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises).

Ein waschechter Dortmunder, Jahrgang 1957. Vor dem Journalismus lange Jahre Radprofi, danach fast 30 Jahre lang Redakteur bei Dortmunder Tageszeitungen, seit 2015 bei den Ruhr Nachrichten, natürlich im Sport.
