Paralympics-Teilnehmer André Bienek: Privat würde ich nicht um die Welt reisen

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Paralympics-Teilnehmer André Bienek: Privat würde ich nicht um die Welt reisen

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Der Habinghorster Rollstuhl-Basketballer André Bienek blickt gespannt nach Tokio und fragt sich: Finden die Olympischen Spiele und somit die Paralympics statt - oder werden erneut abgesagt?

Castrop-Rauxel, Habinghorst

, 06.03.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Er ist 34 Jahre alt, spielt seit einer halben Ewigkeit Rollstuhlbasketball und fragt sich: „Wie lange kann ich noch auf diesem Niveau spielen." Wenn alles optimal läuft, dann könnte es Ende Mai erneut zum Titel des Deutschen Meisters reichen. Doch bis dahin ist noch viel zu tun. Und über allem schwebt die Teilnahme an den Paralympics in Tokio. Für André Bienek wären es die vierten „Spiele". Von Ermüdungserscheinungen noch keine Spur. Das merkt man ihm im Interview an.


Sie haben selbst gesagt, dass Sie sich diese Frage stellen: „Wie lange kann ich noch auf diesem Niveau mitspielen". Wie lautet die Antwort?

Ich umschreibe es mal so. Ich bin nicht mehr im Sommer des Leistungssports, habe natürlich auch schon die ein oder andere Baustelle an meinem Körper, bin aber dennoch absolut zuversichtlich. Ich habe auch schon Rollstuhlbasketballer in der Bundesliga gesehen, die waren 40 Jahre alt. Ich habe also noch etwas Zeit.

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In der Bundesliga läuft es ja optimal für Sie und Ihrem Team Thuringia Bulls. Wie sieht es da aus?

Vor zwei Wochen haben wir die Partie gegen den Tabellendritten Rahden mit 76:72 gewonnen. Wir stehen jetzt bei 74 Siegen in Folge. Und am Wochenende müssen wir zum Spitzenspiel beim Tabellenzweiten RSV Lahn-Dill antreten. Ich hoffe, die Serie hält und wir qualifizieren uns für die Finalrunde im Mai.

Bei den Paralympics 2016 in Peking spielte André Bienek mit dem deutschen Team auch gegen Großbritannien.

Bei den Paralympics 2016 in Peking spielte André Bienek mit dem deutschen Team auch gegen Großbritannien. © Andreas Joneck

Alles redet über die Olympischen Spiel in Tokio und damit auch über die Paralympics, die vom 24. August bis zum 5. September laufen sollen. Das IOC geht davon aus, dass Olympia stattfindet. In letzten Umfragen in Japan sinkt jedoch die Zustimmung. Wie sehen Sie das?

Von Verbandsseite, national wie international, hören wir nur positive Meldungen - also, dass die Olympischen Spiele und Paralympics auf jeden Fall stattfinden. Ich persönlich sehe das als sehr schwierig an, ich bin da eher vorsichtig optimistisch, habe meine Bedenken. Privat würde ich nicht um die Welt reisen.

Als Teilnehmer aber doch?

Natürlich würde ich mich freuen, wenn es klappen würde. Man muss das Risiko abwägen. Und vielleicht sieht es im Sommer ja schon besser aus in Sachen Impfung. Vielleicht geht's ja in großen Schritten voran. Andererseits ist das natürlich ein ambitioniertes Ziel. Eine Sportveranstaltung, bei der die ganze Welt zusammenkommt, scheint mir zum jetzigen Zeitpunkt kaum möglich. Ich denke dabei an die Fußballspiele ohne Fans, an den Super Bowl in den USA, wo das Stadion nur zu einem Drittel mit Zuschauern gefüllt war.

Gehen wir mal davon aus, dass die Paralympics stattfinden. Es wäre Ihre wievielte Teilnahme?

Die vierte nach Athen 2008, London 2012 und Rio 2016. Auf Tokio freue ich mich riesig, ich habe mich lange darauf vorbereitet. Und als im Vorjahr die Absage kam, war ich zunächst völlig schockiert.

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Wie haben Sie sich wieder gefangen?

Ich habe mich irgendwie mit der Situation arrangiert. Es war aber schon schwierig. Von heute auf morgen war alles vorbei. Und man darf sich das nicht so vorstellen, als könne man von jetzt auf gleich mit dem Training aufhören und es sich auf der Couch gemütlich machen. Das funktioniert nicht.

Wie haben Sie denn das Corona-Jahr bis jetzt überbrückt?

Zuerst habe ich an meinen „Baustellen" gearbeitet. Alles, was man im normalen Liga-Betrieb immer wieder verschiebt. Ich habe Krafttraining gemacht, Videoanalyse betrieben.

Bei seinen ersten Paralympics besuchte André Bienek auch die Chinesische Mauer.

Bei seinen ersten Paralympics besuchte André Bienek auch die Chinesische Mauer. © privat


Sind Sie und die Nationalmannschaft eigentlich schon qualifiziert für die Paralympics?

Die Nationalmannschaft schon - durch Platz 4 bei der EM 2019. Ich persönlich noch nicht. Unser Nationaltrainer lädt nach dem Ende der Bundesliga-Saison die besten 20 Athleten zu einem Selektions-Camp ein. Dort müssen wir uns beweisen. Andererseits zählt auch das Gesamtpaket, also die Leistung des gesamten Jahres. Da bin ich zuversichtlich, ich hatte eine gute Saison.

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