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Marcel Sieberg: Die Austragung der Tour de France ist für seinen Sport systemrelevant
Radsport
Der Radprofi Marcel Sieberg bangt weiter um die Tour de France. Die soll nun Ende August starten. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen kann der Rauxeler draußen trainieren.
Kaum jemand aus der Sportbranche hat so lange auf Zeit gespielt wie die Organisatoren der Tour de France. Die Austragung des größten Radrennens der Welt ist systemrelevant für den gesamten Sport. Geplant war der Start für den 27. Juni. Wegen der Corona-Krise soll der Prolog, der Tour-Auftakt, am 29. August stattfinden.
Das betritt auch den Radprofi Marcel Sieberg. "Ich bin einfach nur froh, dass die Tour de France überhaupt stattfinden soll. Das wäre für unseren Sport sehr wichtig wäre", sagt der Castrop-Rauxeler dieser Redaktion. Ob der neue Termin haltbar ist, stehe in den Sternen, glaubt Sieberg: „Aber lasst uns alle hoffen, dass es klappt.“
Die Entscheidung, die Tour zu verlegen, haben die Organisatoren auf den letzten Drücker gefällt. Es geht, wie dieser Tage fast immer - um viel Geld. TV-Stationen weltweit zahlen Millionen für die Übertragungsrechte. Sponsoren wollen ihre Sportler im Rampenlicht sehen. Kleine französische Etappenorte machen die Tasche tief auf, damit die Fahrer durch die Dörfer rollen.
Olympia-Verlegung hilft den Radfahrern
Weil die Olympischen Spiele auf 2021 verlegt wurden, ist im Spätsommer ein Platz im Sportkalender für die Frankreich-Rundfahrt freigeworden. Sieberg betrifft die Tokio-Absage nur am Rande. "Für mich war Olympia kein Ziel mehr, somit auch nächstes Jahr nicht mehr. Bis jetzt habe ich noch keinen Vertrag über 2020 hinaus", so der Rauxeler.
Sein letztes Vertragsjahr in seinem aktuellen Team Bahrain-Merida könnte letztlich wie ein Marathon-Programm auf Sprintdistanz ausgehen. Denn: Die meisten Radrennen der World Tour des Radsportverbandes (UCI), die für Frühjahr und Sommer geplant waren, sind offiziell nicht abgesagt, sondern lediglich verschoben worden. Dazu gehören die Frühjahrsklassiker wie Paris-Roubaix oder Lüttich-Bastogne-Lüttich. Dass die Rennen noch später etwa im Herbst stattfinden, wäre finanziell wichtig für die Fahrer: die Preisgelder werden innerhalb der Teams aufgeteilt.
Kontakt zum Team nur virtuell
Gefahren wurde bislang nur in Australien, Belgien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, und: Frankreich. Die Fernfahrt Paris-Nizza, eine kleine Tour de France, wurde ohne Zuschauer ausgetragen. Der gleiche Veranstalter (Amaury Sport Organisation) kümmert sich auch um die große Rundfahrt - und spekuliert auf ein ähnliches Szenario.
Bis es soweit ist, ruht der Radzirkus. Kontakt zu seinen Teamkollegen hat Sieberg nur über Video-Konferenzen und WhatsApp. Der Rauxeler trainiert für sich. „Hier und da habe ich natürlich auch mal Tage, an denen es mir sehr sehr schwer fällt, auf das Rad zu steigen, weil so richtig keiner weiß, wann die ersten Rennen statt finden", sagt Sieberg. „Aber es ist ja mein Beruf, Rad zu fahren."
Einige Radprofis simulieren ihre Rennen und fahren Online-Rennen gegeneinander. Sieberg ist da kein Fan von: „Hier in Deutschland kann ich noch draußen trainieren - nicht wie meine Teamkollegen in Spanien und Italien. Deshalb nutze ich das aus." Dort herrschen nämlich strikte Ausgangssperren.
Seit 2005 ein Profi
Der aus Rauxel stammende Marcel Sieberg ist seit dem Jahr 2005 Radrenn-Profi, nachdem er 2004 Zweiter der Deutschen U23-Straßenmeisterschaft geworden war. Er begann seine Laufbahn beim Team Lamonta. Für diese Mannschaft gewann er im Sprint einer neunköpfigen Spitzengruppe den niederländischen Halbklassiker Ronde van Drenthe.

Als Ausreißer wurde Marcel Sieberg nach der zweiten Etappe der Tour de France 2007 zum kämpferischsten Fahrer gewählt. © Roth
Danach wechselte Sieberg im Jahres-Takt zum Team Wiesenhof-Akud (2006), Team Milram (2007) und Team HTC-Columbia (Nachfolger vom Team T-Mobile). 2011 ging Marcel Sieberg zum belgischen Team Omega Pharma-Lotto, dem Vorläufer von Lotto-Belisol, wie es 2012 umgetauft wurde. Diesem Rennstall, der später in Lotto Soudal umbenannt wurde, hielt Sieberg bis Ende 2018 die Treue.
Siebergs Hauptaufgabe war in all den Jahren zumeist das Anfahren für seinen jeweiligen Kapitän. Deshalb erzielte er auch weniger individuelle Erfolge. Siege feierte er dennoch beim Sparkassen Giro Bochum 2012, 2014 und 2015. Im Jahr 2016 wurde er beim Radsport-Monument Paris-Roubaix überraschend Siebter und damit bester Deutscher, nachdem er erst auf der vorletzten Kopfsteinpflasterpassage aus der Spitzengruppe zurückgefallen war.
Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute (dieses Prinzip ist auch das Motto des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises).

Jahrgang 1995, arbeitet seit 2013 in der Lokalredaktion seiner Heimatstadt Castrop-Rauxel. Dementsprechend auch die spätere Studienwahl: Journalistik in Dortmund. Schreibt darüber hinaus für überregionale Medien, meist über Sport.
