
Raphael Gösmann absolvierte Anfang Oktober den Ironman auf Hawaii - und kam trotz Erkältung ins Ziel. © privat
Ironman Hawaii: Ex-Ickerner finisht trotz Erkältung - Heimflug wird ein 53-Stunden-Horrortrip
Triathlon
Einmal beim Ironman Hawaii zu starten, ist der Traum jedes Triathleten. Nur wenige schaffen es dorthin. Ein in Castrop-Rauxel geborener Sportler war Anfang Oktober am Start - und berichtet von dieser besonderen Reise.
Der Ironman Hawaii ist für jeden Triathleten das Größte, was dieser Sport zu bieten hat. Dort reist man nicht einfach hin, sagt „ich bin da“ und darf starten. Für den Ironman Hawaii müssen haarige Quali-Zeiten erfüllt werden. Es ist die Weltmeisterschaft im Triathlon.
Der in Castrop-Rauxel aufgewachsene Raphael Gösmann hat diese Vorgabe beim Frankfurter Triathlon 2021 erfüllt. Seit 2016 wohnt er in Hagen - und arbeitet dort als Lehrer.
Castrop-Rauxeler Gösmann fliegt zwei Wochen vorher nach Hawaii
Ab Frankfurt war klar: „Ich fliege nach Hawaii und starte bei der Ironman-Weltmeisterschaft.“ Mit Ehefrau Joanna, den eigenen Eltern (sie wohnen noch in Ickern) ging es gut zwei Wochen vor dem Rennen los - drei Freunde stießen als Fans dazu. Raphael Gösmann gönnte sich die Zeit bis zum Langdistanz-Triathlon, um im Training die Schlüsselstellen der Strecken zu erkunden.
Neu war für den 36-Jährigen das Schwimmen im offenen Meer. Strömung, Wellengang und Salzwasser in der Bucht von Kailua-Kona seien knackig gewesen. „Nach ein paarmal Training im Wasser, hatte ich mich dran gewöhnt“, so Gösmann. Mit dem Rad und beim Laufen fühlte er sich ohnehin „stark drauf“.
Der Ironman Hawaii konnte kommen. Am Abend vor dem 8. Oktober dann der Schock: Beim Triathleten traten plötzlich Erkältungs-Symptome auf. „Am anderen Morgen vor dem Start fühlte ich mich gut - die Erkältung war aber nicht weg.“ Gösmanns Satz nach dem Frankfurter Ironman, „in Hawaii unter zehn Stunden zu bleiben, wäre ein Traum“, war nicht mehr realistisch. Es ging allein noch ums finishen.

Raphael Gösmann fuhr beim Ironman Hawaii unter anderem 180,2 Kilometer mit dem Rad. © privat
Nach 10:53:37 Stunden für 3,86 Kilometer Schwimmen (1:00:45 Stunden), 180,2 Kilometer Radfahren (5:23:30) und dem 42,195-Kilometer-Marathon (4:21:17) lief Raphael Gösmann auf dem Alii Drive durchs Ziel. Als 327. der Altersklasse 35-39 - als 1365. in der Gesamtwertung. Zur Erinnerung: Bei den Profis hat der Norweger Gustav Iden in der neuen Rekordzeit von 7:40:24 Stunden gewonnen.
Für Gösmann wird die Zeit beim Ironman Hawaii zur Nebensache
In der Ergebnisliste sucht man indes vergeblich nach einem Raphael Gösmann. Dort gibt es nur einen Richard Gösmann. Der Triathlet hat zwei Vornamen - und vermutet: „In meinem Pass steht Richard zuerst, mein Rufname war aber immer Raphael. Bei der Anmeldung zum Ironman hat man sich wohl einfach Richard herausgepickt.“
Im Ziel wurde Raphael Gösmann von seiner Familie und den drei Freunden jubelnd empfangen. „Ohne ihre Unterstützung auf der Strecke wäre ich höchstwahrscheinlich frühzeitig ausgestiegen.“ Die Erkältung schwächte. Als der 36-Jährige den Zielstrich überquert hatte, dachte er glücklich nur: „Ich habe es geschafft.“ Die Zeit wurde zur Nebensache.

Trotz Erkältung kämpfte sich Raphael Gösmann beim Ironman Hawaii vor atemberaubender Kulisse ins Ziel. © privat
Knapp elf Stunden vorher: Beim Startschuss einer alten Kanone und dem Sprung ins Pazifik-Wasser, fühlte sich Raphael Gösmann trotz Erkältung fit. Was dann auf dem 3,8-Kilometer-Kurs passierte, lässt sich nicht trainieren. Es gibt Fotos, auf denen vor lauter Sportlern kaum mehr Wasser zu sehen ist. „Das Schwimmen war eine rücksichtslose Schlägerei. Bei keinem Triathlon vorher, habe ich so viele Schläge auf Kopf, Rücken und Arme erhalten“, sagt Gösmann.
Gedanken ans Aufhören kreisen Gösmann durch den Kopf
Nach 1:00:45 Stunden für die 3,86 Kilometer Schwimmen fühlte sich der 36-Jährige „weiter gut drauf“. Das sollte sich beim Radfahren flugs ändern. „Nach 30 Kilometern wusste ich, dass meine Beine nicht gut waren an diesem Tag. Auch die Herzfrequenz war hoch.“ Erste Gedanken ans Aufhören kreisten durch den Kopf - sie wurden verworfen. „An einem frühzeitigen Ausstieg hätte ich später lange zu knabbern gehabt“, gibt Gösmann zu.
Trotz aller Probleme blieb er im Rennen. „Zweimal bin ich vom Rad gestiegen - nach kurzer Verschnaufpause aber wieder weitergefahren.“ Es war heiß in den Lavafeldern. Der auf Hawaii gefürchtete starke Wind sei indes moderat gewesen. „Bei stärkerem Wind hätte ich wohl aufgegeben“, denkt Gösmann. Den Marathon spulte er dann allein mit dem Gedanken ans finishen herunter.

Im Ziel angekommen, fiel einiges ab von Raphael Gösmann. © privat
Die Hawaii-Geschichte - allein die Startgebühr beträgt 1250 Dollar - ist finanziell nicht von Pappe. „Das Essen auf Hawaii ist teuer. Ein Auto zu mieten auch, da es davon nach Corona nur wenige gibt. So früh vor dem Rennen dort gewesen zu sein war unser Glück - für Hawaii-Verhältnisse ergatterten wir ein relativ preiswertes Quartier“, erklärt Gösmann.
Gibt es eine Wiederholung für Gösmann beim Ironman Hawaii?
Diese Frage drängt sich förmlich auf: Gibt es eine Wiederholung beim Ironman Hawaii? Gösmanns Antwort nach kleinen Pause: „So kurz nach dem Rennen kann ich das nicht sagen - ausschließen will ich das auch nicht.“ Im nächsten Jahr wird das aber nicht sein. „Dann starte ich beim Ironman von Barcelona - eine Woche vor Hawaii.“
Nach dem Ende des Triathlons war für die Gösmann-Gruppe die Erlebnis-Tour längst nicht beendet. „Der Rückflug wurde ein 53-Stunden-Horrortrip“, erklärt der Triathlet. Das Flugzeug war defekt. Nach längerer Wartezeit ging es mit einem anderen Flieger nach Honolulu. „Dort haben wir uns stundenlang durchgewurschtelt, ehe wir einen Flug nach San Francisco hatten.“ Von dort ging’s nach London, ehe man endlich nach Frankfurt flog. Bei allen Stops stundenlange Wartezeiten inklusive.

Raphael Gösmann will nicht ausschließen, nochmal am Ironman Hawaii teilzunehmen. © privat
Am Sonntagnachmittag (16. Oktober) saßen alle im Zug von Frankfurt nach Hause. Knapp genug. Montag waren die Herbstferien vorbei für Lehrer Gösmann. In der WDR-Lokalzeit war er am Montag auch gefragt, um über seine Hawaii-Erlebnisse zu plaudern. Mit der Fernseh-Präsenz kannte sich der 36-Jährige schon aus: Im Vorfeld des Ironman Hawaii hatte ihn ein Sportschau-Team mit der Kamera beim Training begleitet.
Über 30 Jahre als Sportredakteur aktiv, bin ich nun im "Unruhestand" seit der Saison 2018/2019 als Freier Mitarbeiter für den Castroper Sport am Ball - eine neue, spannende Erfahrung. Meine journalistischen Fachgebiete sind alle Ballsportarten, die Leichtathletik und Golf. Mit den deutschen Spitzen-Fechtern war ich in den frühen 2000er-Jahren bei Welt- und Europameisterschaften in der "halben Welt" unterwegs.