Am 13. November ist es genau 15 Jahre her, dass ein Castrop-Rauxeler erstmals die große Fußball-Bühne betrat. Marc Kruska kramte vom Dachboden der Eltern besondere Erinnerungsstücke hervor.

Castrop-Rauxel

, 12.10.2022, 16:55 Uhr / Lesedauer: 4 min

Der junge Mann ist zurückhaltend, aber eines betont er vehement. „Alle schreiben Marc-André, aber ich heiße nur Marc!“ Mit diesem Satz hatte Marc Kruska im Sommer 2004 ein Interview mit einem Lokalsport-Reporter dieser Zeitung begonnen.

Zu diesem Zeitpunkt gehörte der heute 32-Jährige dem A-Junioren-Kader (U19) von Borussia Dortmund an. Wenige Wochen später war er plötzlich Profi und spielte im Westfalenstadion vor über 60.000 Zuschauern.

Falsche Spieler-Namen werden aufgerufen

Der niederländische Coach Bert van Marwijk war bei einem U19-Derby gegen Schalke 04 im Dortmunder Stadion Rote Erde auf Kruska aufmerksam geworden. Überliefert ist, dass der Trainer auf der Tribüne gefragt haben soll: „Wer ist der Spieler hier im defensiven Mittelfeld?“ - und meinte Marc Kruska.

Der Niederländer bekam zunächst zwei falsche Namen genannt. Kruska erinnerte sich dieser Tage und erzählte: „Kosi Saka und vorallem Nizamettin Çalışkan waren damals in meiner Mannschaft weitaus höher als ich gewettet. Mir hat man nicht so wie ihnen die große Karriere zugetraut.“

Bert van Marwijk war beharrlich - bis ihm der richtige Name genannt wurde. Er merkte sich Kruska, holte ihn aber erst eine Woche vor seinem Debüt erstmals in den Trainings-Kader.

Ritterschlag vom Trainer Bert van Marwijk

Finanziell und sportlich durchliefen die Borussen 2004 ein tiefes Tal. Zudem verletzten sich einige Stammkräfte. Für van Marwijk war der Castrop-Rauxeler Marc Kruska ein Lichtblick. Er adelte ihn mit einer Aussage, die einem Ritterschlag gleichte: „Kruska hat ein gutes Auge, eine gute Mentalität, und man muss ihm taktisches Verhalten nur einmal erklären.“

So kam es, dass der Castrop-Rauxeler schließlich am 13. November 2004 in Kaiserslautern für Dortmund für seinen ersten Bundesliga-Einsatz die Fußballschuhe schnürte. Der damals 17-Jährige wurde in der 43. Spielminute für den verletzten Deutsch-Iren Patrick Kohlmann eingewechselt.

Der Moment, in dem Marc Kruska zum Profi wurde: Im November 2004 schickte Bert van Marwijk den damals 17-jährigen Rauxeler in der Partie beim 1. FC Kaiserslautern auf das Feld.

Der Moment, in dem Marc Kruska zum Profi wurde: Im November 2004 schickte Bert van Marwijk den damals 17-jährigen Rauxeler in der Partie beim 1. FC Kaiserslautern auf das Feld. © Archiv


Von seinem Trainer Bert van Marwijk bekam Kruska ein aufmunterndes „Hau rein!“ mit auf den Weg. Co-Trainer Dick Voorn gab dem Nachwuchs-Kicker noch schnell die letzten Anweisungen für seine Position im linken defensiven Mittelfeld - und dann ging es ab aufs Feld.

Aufmunterung von Tomas Rosicky und Sebastian Kehl

„Beim Aufwärmen war ich noch sehr nervös; aber als ich dann den Pulli ausgezogen habe, war das alles verflogen“, blickt Kruska zurück, „Tomas Rosicky und Sebastian Kehl kamen direkt zu mir und haben mir gesagt, dass ich einfach so wie im Training spielen solle.“

Spätestens Mitte der zweiten Halbzeit hatten seine zehn Mitspieler endgültig Vertrauen zu ihm gefasst. Marc Kruska trat auf dem Kaiserslauterner Betzenberg selbstbewusst auf. Der Beleg: Ein Foul gegen Marco Engelhardt.

Seine direkten Gegenspieler Thomas Riedel (Kruska: „Der hat sich ziemlich zurückgehalten!“) und der eingewechselte Selim Teber („Der ist nur groß!“) sahen „kein Land“.

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Marc Kruska schaut auf sein Debüt vor 15 Jahren

Der damals 17-jährige Marc Kruska feierte am 14. November 2004 sein Bundesliga-Debüt für Borussia Dortmund. Er wurde in Kaiserslautern in der 43. Spielminute für den verletzten Deutsch-Iren Patrick Kohlmann eingewechselt. 15 Jahre danach erinnert er sich an diese Null-Stunde.
07.11.2019

Beim Elfmeter, der zum 0:1 (71.) führte, stand Kruska dem Schützen Zandi am nächsten, um sich in einen möglichen Nachschuss zu werfen. Ein großes Lob erntete Kruska von Kapitän Christian Wörns: „Kruska hat wirklich sensationell gespielt!“ Nur BVB-Keeper Roman Weidenfeller (2) schnitt an diesem Tage besser ab: Von einer großen deutschen Sonntagszeitung bekam Kruska die Note 3.

Im Trikot von „Diva“ Marcio Amoroso

Das klingt wie ein weiterer Ritterschlag für den jungen Mann, der das Trikot mit der Nummer 22 (Größe L) von Marcio Amoroso übernommen hatte. Mit der brasilianischen „Diva“ hat Kruska allerdings wenig Gemeinsames.

Denn er blieb trotz seines sportlichen Erfolges und der Einsätze in der deutschen U17-Nationalmannschaft mit beiden Beinen auf dem (Rauxeler) Boden.

Mit Bert van Marwijk, Jürgen Röber, Thomas Doll und Jürgen Klopp erlebte Kruska, der jetzt für den Landesligisten FC Frohlinde spielt, insgesamt vier BVB-Trainer und kam auf 98 Spiele in der 1. Bundesliga.

Nach dem Ende seiner Profikarriere läuft Marc Kruska nun in Blau-Weiß statt in Schwarz-Gelb auf - für den Castrop-Rauxeler Landesligisten FC Frohlinde.

Nach dem Ende seiner Profikarriere läuft Marc Kruska nun in Blau-Weiß statt in Schwarz-Gelb auf - für den Castrop-Rauxeler Landesligisten FC Frohlinde. © Volker Engel

Übrigens: Er spielt in Frohlinde - nach dem Ende seiner Profi-Kaufbahn - wieder mit jener 22 auf dem Rücken wie bei seinem Debüt. Marc Kruska meint dazu: „Eigentlich ist es mir nicht so wichtig, welche Nummer ich trage. Da sie aber bei der Neubestellung der Trikots freigeblieben ist, habe ich die 22 genommen.“

„Museum“ auf dem Dachboden

Lebhaft erinnert sich Marc Kruska an viele Partien und Begegebenheiten in seiner Profi-Laufbahn. Noch emotionaler wird der Castrop-Rauxeler, wenn er mit Andenken aus dem Dachboden seines Elternhauses kommt. Allein die Zeit in Dortmund ist in sechs breiten Aktenordnern mit Zeitungsausschnitten in dem „Museum“ dokumentiert. Das Papier wurde von Vater Uwe feinsäuberlich in Prospekthüllen eingelegt und abgeheftet.

Beim Fototermin zu dieser Reportage liest Marc Kruska begeistert daraus vor. Zu lesen ist auch, dass er vom Fachmagazin „kicker“ nach der Partie gegen Wolfsburg (2:1) in die Elf des Tages gewählt wurde - unter anderem neben Oliver Kahn, Nico Kovac (FC Bayern), Ailton (Schalke) sowie den Teamkameraden Lars Ricken und Jan Koller.

Bejubelte sein 1. Bundesliga-Tor im Spiel gegen Hansa Rostock: Marc Kruska

Bejubelte sein 1. Bundesliga-Tor im Spiel gegen Hansa Rostock: Marc Kruska © Archiv

Der „RevierSport“ schrieb über ihn in der Rubrik „Bester Mann“: Sagenhaft, wie der 17-Jährige im BVB-Mittelfeld sowohl nach vorne als auch nach hinten arbeitete, insbesondere aber spielte. Hatte keinerlei Hemmungen, traute sich aber auch risikoreiche Pässe zu, die in der Regel einen Mitspieler erreichten.“

Die Bild-Zeitung schrieb eine Reportage über den Teenager Marc Kruska. Dessen Tag begann um 7.30 Uhr bei der kaufmännischen Ausbildung in einem Autohaus. Um 15 Uhr schloss sich das Profi-Training an. Tags darauf gab es um 17.30 Uhr das Derby gegen Schalke.

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Angebot von Real Madrid ausgeschlagen

Als er die Borussen im Winter 2009 verließ, schlug Kruska ein Angebot von Real Madrid aus. Bei den Königlichen sollte er in der zweiten Mannschaft spielen, aber mit den Profis trainieren.

Am Ende siegte allerdings die Bodenständigkeit des Castrop-Rauxelers, der sich stattdessen dem belgischen Spitzenklub FC Brügge anschloss. Kruska: „Weil ich dann näher an meiner Heimat bleiben konnte.“

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Bilder einer Profi-Laufbahn: Kruska 2004 bis 2009

Von 2004 bis 2009 spielte der Castrop-Rauxeler Marc Kruska für die Profis von Borussia Dortmund.
07.11.2019

Vielleicht eine Fehlentscheidung, denn ausgerechnet im letzten Meisterschaftsspiel der Saison zog er sich einen Innenbandriss zu und verpasste somit die U21-EM in Schweden. Die Vertreter der goldenen Generation um Mesut Özil, Sami Khedira und Manuel Neuer wurden anschließend ohne ihn Europameister.

Später Karriere-Höhepunkt in der Europa League

Den zwischenzeitlichen Lockruf aus Madrid hat er „nach dieser gefühlten Ewigkeit“ endgültig abgehakt. Nach den Zweitliga-Stationen FC Energie Cottbus und FSV Frankfurt ging es für Kruska über den SC Paderborn und Werder Bremen II (beide 3. Liga) zum Luxemburg-Meister F91 Düdelingen.

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Mit diesem schaffte der Rauxeler sogar eigentlich noch den Karriere-Höhepunkt. Düdelingen qualifizierte sich im Jahr 2018 erstmals für die Europa League-Hauptrunde und lief hier beim AC Mailand (Italien), Betis Sevilla (Spanien) und Olympiakos Piräus (Griechenland) auf. „Das waren meine ersten internationalen Spiele auf Vereinsebene, eine richtig tolle Sache“, meint Marc Kruska.

Dankeschön an die Eltern Sylvia und Uwe

Seitdem er 2001 von seinem Stammverein VfR Rauxel nach Dortmund wechselte, arbeitete Marc Kruska intensiv an seinem Traum von der Bundesliga - der im November 2004 in Erfüllung ging. Großen Anteil daran räumt er noch heute seinen Eltern, Sylvia und Uwe Kruska, ein: „Die haben mich sehr unterstützt und überall hingefahren.“

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