
© Jens Lukas
Castrop-Rauxeler beherbergt Mannschaft aus der 2. Bundesliga
Sport-Fan
Das gibt es heutzutage nur ganz selten. Ein Fan ist erster Ansprechpartner für eine Zweitliga-Mannschaft, wenn es in der Ferne auftritt und sich darauf vorbereitet. Auf einen Castrop-Rauxeler trifft das aber zu.
Eigentlich war Andreas Neste die Liebe zum Fußball und zum BVB bereits in die Wiege gelegt. Sein Vater war Fußalltrainer und großer Fan von Borussia Dortmund. So wurde auch Andreas Neste Dauerkartenbesitzer bei den Schwarz-Gelben.
Andreas Neste fährt als Fan 500 Kilometer zum Heimspiel
Inzwischen hat der 56-Jährige sein Stadion-Abo an seinen Bruder weitergegeben, um einem anderem Team im schwarz-gelben Trikot zu folgen. Während es von Castrop-Rauxel zum Signal Iduna Park ein Katzensprung ist, fährt Neste nun knapp 500 Kilometer zu den Heimspielen. „Mein größtes Fan-Erlebnis war der Sieg im Pokalspiel gegen Werder Bremen“, sagt Neste.
Doch damit nicht genug. Wenn Nestes Lieblingsmannschaft zum Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund antritt, macht sie in seinem Haus Station und wird von ihm verköstigt. Neste ist mit Leib und Seele Fan des TV Hilpoltstein.
„In welcher Liga spielen die denn?“ Das mag sich der geneigte Fußballfan nun fragen. TV Hilpoltstein spielt in der 2. Bundesliga. „Unmöglich!“, wird der Fußballfan nun einwenden. Und er ist im Recht. Doch es geht hier gar nicht um die Fußballer des TV Hilpoltstein (Bezirksliga Mittelfranken Süd), sondern um die Tischtennis-Abteilung.

Andreas Neste vom Post SV hat seine BVB-Dauerkarte weitergereicht. Seine Lieblingsmannschaft trägt ebenfalls schwarz-gelb. Zu den Heimspielen sind es rund 500 Kilometer. Neste spielte zuletzt für die zweite Mannschaft des Post SV in der 1. Kreisklasse. Er zieht sich langsam aus dem aktiven Tischtennis zurück. © Volker Engel
„Hilpoltstein zog mit dem Sieg im Pokal-Viertelfinale zum ersten Mal in die Runde der letzten Vier ein“, erinnert sich Neste an den großen Moment, den in der fränkischen Sporthalle mit rund 500 weiteren Zuschauern teilte. Das war 2016. Der TVH besiegte damals den Erstligisten und hohen Favoriten mit 3:1. Im dramatischen Achtelfinale bei Borussia Dortmund hatten sich die Franken zuvor mit 3:2 durchgesetzt.
Mit 13 Jahren hat Neste mit dem Tischtennis angefangen. „Seitdem fasziniert mich der Sport“, sagt er. „Seit einigen Jahren besuche ich hochklassige Spiele. Borussia Dortmund, TTC Ruhrstadt Herne, TTC Hagen; in Hagen hatte ich sogar eine Dauerkarte.“
Nur die Stimmung wollte bei rund 50 Zuschauern einfach nicht aufkommen. Zudem war der 56-Jährige als Schiedsrichter tätig, bis hinauf in die zweite 2. Bundesliga. „Das wurde mir aber zu aufwändig, da konnte ich keine Spiele mehr gucken“, so Neste. „Es ist auch ungünstig, am darauffolgenden Wochenende für ein bestimmtes Team zu klatschen.“

Stimmung in der Halle des TV Hilpoltstein 2016. Damals gewannen die Franken im Pokalspiel gegen den Erstligisten Werder Bremen. © TV Hilplotstein
Auf der Suche nach einem ordentlichen „Budenzauber“ stolperte Neste in den sozialen Medien über den ehemaligen Hilpoltsteiner Trainer Paul Link, der im selben Alter ist wie Neste. Das Frankenland kannte der Castrop-Rauxeler bereits von Wanderausflügen mit seiner Frau Liselotte. So kam er 2013 erstmals von der Europastadt in die Burgstadt. Bei Bier und Schäufele (Schweineschulter) mit Kloß und Soß lernte er auch die fränkische Lebensart kennen.
Wenn das Hilpoltsteiner Bundesliga-Team vor dem Auswärtsspiel in Dortmund bei Neste einkehrt, muss indes auf die typischen, kulinarischen Ruhrgebietsspezialitäten verzichtet werden. „Pommes mit Currywurst ist nicht gerade die richtige Mahlzeit, wenn ein Spiel ansteht, da gibt es sportlergerechte Nahrung“, so Neste. Trainieren können die Franken in der Halle seines Sportvereins Post SV in Obercastrop.
Über die Jahre entwickelte sich so eine Freundschaft zwischen Fan und Mannschaft. Bei einem Besuch in Leipzig spielte TVH-Kapitän Alexander Flemming den Fremdenführer in seiner Geburtsstadt für Liselotte und Andreas Neste. Sie feuerten Flemming bei seinem Clickball-WM-Sieg im englischen Conventry an. Die Nestes nutzen ihre Tischtennisausflüge immer wieder gerne für einen Kurzurlaub.
Seine eigene Tischtennislaufbahn ruht indes - nicht erst seit die Hallen wegen Corona dicht sind. „Ich bin auf dem Rückzug, ich habe zuletzt für die zweite Mannschaft gespielt“, sagt Neste. „falls Not am Mann ist, würde ich aber einspringen.“