Der Kreisvorsitzende Willy Westphal (M.) ist gespannt, wie die Fußballsaison gewertet wird.

© Sascha Keirat

Willy Westphal zum Saisonabbruch: „Es gibt auch Verlierer in diesem System“

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Über die Zukunft des Amateurfußballs stimmt am Dienstag das Präsidium des FLVW ab. Willy Westphal, Vorsitzender des Fußballkreises Ahaus/Coesfeld, verrät, welches Szenario er favorisiert.

Kreis

, 04.05.2020, 14:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Verbandsfußballausschuss des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW) legt seinem Präsidium bis spätestens Dienstag einen Vorschlag vor, wie die aktuelle Amateurfußball-Saison zu Ende gehen soll. Am Dienstag stimmt das Präsidium darüber ab.

Am 11. Mai sollen dann alle Kreisvorsitzenden in der Ständigen Konferenz dem Vorschlag ebenfalls zustimmen. In letzter Instanz entscheidet schließlich der Verbandstag. Zur Auswahl stehen Stand Montag (4. Mai) drei Alternativen:

  • Die Hinrundentabelle wird gewertet, es gibt keine Absteiger
  • Die aktuelle Tabelle wird gewertet, es gibt keine Absteiger
  • Die aktuelle Tabelle wird gewertet und die Quotientenregel angewandt (Punkte/Spiele x 100), es gibt keine Absteiger

Wir haben mit Willy Westphal über die aktuelle Situation gesprochen.

Dürfen die Fußballer schon ihren Aufstieg oder Klassenerhalt feiern, oder sollten sie besser warten, bis der Saisonabbruch mit einer Wertung durch alle Instanzen gegangen ist?
Da schlagen immer zwei Herzen in meiner Brust. Ich kann ein Beispiel aus meiner beruflichen Laufbahn nennen: Wir waren uns bei Einstellungsgesprächen im Personalrat oft einstimmig sicher, dass wir einen Bewerben einstellen wollen. Wenn er gefragt hat, ob er nun also seinen bisherigen Job kündigen könne, haben wir ihm immer davon abgeraten, weil es noch ein höheres Gremium gab, das unsere Entscheidung bestätigen musste, was zu 99 Prozent auch passiert ist. So ist die Lage im Amateurfußball gerade auch: Es ist ziemlich sicher, dass sich die Lage so darstellt, aber eine endgültige Entscheidung fällt eben erst mit dem Verbandstag im Juni.

Ist diese Lösung, also ein Abbruch und eine Wertung, in Ihrem Sinne?
Ja, das ist sie. Da wir ja davon ausgehen, nicht vor September wieder spielen zu können, bietet der Abbruch einfach mehr Planungssicherheit. Aber wo vorhin das Wort „feiern“ fiel, kann ich nur sagen, dass wir hier nicht von einer sportlichen Lösung sprechen. Natürlich darf sich jeder über einen Aufstieg freuen, aber wirklich verdient haben ihn eigentlich nur diejenigen, die in allen denkbaren Szenarien Meister geworden wären.

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Es soll Aufsteiger geben, aber keine Absteiger. Können Sie nachvollziehen, dass Vereine, die knapp hinter dem Tabellenführer liegen, aber nicht aufsteigen dürfen, verärgert auf die geplante Wertung reagieren?
Ja, absolut. Dafür habe ich Verständnis. Gleichzeitig appelliere ich aber auch an die Vereine, die Entscheidungen zu akzeptieren, die in dieser schwierigen Situation getroffen werden müssen. Wenn wir die Saison nicht annullieren und alles auf null stellen wollen, dann muss eine Wertung her. Aber klar ist: Es gibt auch Verlierer in diesem System.

Was spricht denn gegen eine Regelung mit Wildcards, also Aufstieg auf Antrag für Teams, die noch hätten Meister werden können, wie etwa im Handball oder Basketball?
Da halte ich mich mit einer Aussage zurück, weil ich ja nicht weiß, was vielleicht noch kommt. Für unseren Fußballkreis gibt es in den Durchführungsbestimmungen jedenfalls Kriterien und Merkmale genug, um Meister und Aufsteiger zu bestimmen.

Welches der drei vorgeschlagenen Szenarien favorisieren Sie persönlich?
Ich halte die Wertung nach der Hinrundentabelle für die charmanteste, weil dabei jeder gegen jeden gespielt hat. Jetzt haben wir ungleiche Spiele und ich kann den Argumenten der Mannschaften nicht widersprechen, die sagen: Wir haben aber schon alle starken Gegner in der Rückrunde hinter uns, oder umgekehrt. Wenn man den jetzigen Stand werten würde, müsste man die Quotienten-Regelung nehmen, davon bin ich aber kein großer Freund. Juristisch allerdings könnte es so sein, dass die Wertung anhand der jetzigen Tabelle weniger angreifbar wäre. Schließlich gehen alle Durchführungsbestimmungen davon aus, dass sämtliche ausgetragenen Spiele gewertet werden müssen.

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Welches Votum erwarten Sie vom FLVW-Präsidium und der Ständigen Konferenz?
Anhand der letzten Videokonferenzen mit meinen Kollegen kann ich es absolut nicht einschätzen. Nachdem ich vorher den Eindruck hatte, dass die Hinrundentabelle eine Mehrheit bekommt, herrschte jetzt eine Patt-Situation. Klar ist nur, dass alle Kreise eine einheitliche Lösung wollen.

Auch in diesen Tagen vermelden Vereine Neuzugänge und planen die neue Saison. Was sagt Ihr Gefühl: Wann könnte die Serie 2020/21 starten?
Zum Glück sind bereits Grundlagen geschaffen worden, um Anfang September wieder starten zu können. Zum Beispiel wurde ja die Wechselfrist vom 30. Juni auf den 31. August verlängert. Ich schließe nicht aus, dass in diesem Jahr noch gespielt werden kann, wenn ich mir anschaue, wie die Politik derzeit in verschieden Bereichen lockert. Wenn die Situation in Sachen Corona-Infektionen gleichbleibt, könnten die Voraussetzungen dafür gegeben sein.