
© Sascha Keirat
Schiri-Chef Goncalves: „Wir werden niemanden zwingen, ein Spiel zu pfeifen“
Fußball
Wenn kein Fußball im Amateurbereich gespielt wird, gibt es auch für die Schiedsrichter nichts zu tun. Wir haben beim Chef der Unparteiischen im Kreis nachgefragt, wie sich das auswirkt.
Für die Schiedsrichter im Fußballkreis Ahaus/Coesfeld gibt es im Normalbetrieb auch außerhalb des Platzes einiges zu tun. Schulungen, Leistungsüberprüfungen, Schiedsrichter-Ansetzungen, Nachbereitung von Spielen. Diese und weitere Aufgaben entfallen derzeit für den Schiri-Vorsitzenden Paulo Goncalves (DJK Stadtlohn) und seine Mitstreiter im Kreis-Schiedsrichterausschuss (KSA). Im Interview mit der Münsterland Zeitung spricht er darüber.
Wie sieht Ihre Arbeit als Schiedsrichter-Obmann während des Lockdowns aus?
Die ist schon stark reduziert. Wir können ja nicht viel machen. Bei den Entscheidungen, die wir noch zu treffen haben, müssen wir auf Vorgaben vom Verband warten.
Was sind das für Entscheidungen?
Dabei geht es vor allem um die Aufsteiger in die Verbandsspielklassen. Die müssen wir als Fußballkreis ja in jeder Saison vorschlagen. Dazu absolvieren die Kandidaten normalerweise einmal jährliche eine Leistungsüberprüfung in Praxis und Theorie. Letztes Jahr ist sie schon ausgefallen, mal sehen, ob sie dieses Jahr möglich ist.
Treffen sich die Unparteiischen auch in Videokonferenzen, ähnlich wie es viele Fußballmannschaften tun?
Nein, das machen wir nicht. Wir vom KSA stehen über Whatsapp oder Telefon in Kontakt. Das geht auch einfach schneller. Per Videokonferenz halten wir zum Beispiel unsere vierteljährliche Sitzung ab. Gewisse Beschlüsse müssen wir natürlich in Anwesenheit fällen.
Trainer überprüfen ja oftmals den Fitnesszustand ihrer Spieler über Apps oder Ähnliches. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Nein, das machen wir in der Form nicht. Die Schiedsrichter in den Verbandsklassen haben zwar eine Gruppe, in die sie ihre Laufaktivitäten posten, aber auf Kreisebene nicht. Natürlich erwarte ich und gehe auch davon aus, dass die Kollegen sich in ihrem eigenen Interesse fithalten. Sonst gibt es ein böses Erwachen, wenn es wieder losgeht.
Es gibt Schiedsrichter im Kreis, die nach der ersten Welle wegen der Corona-Pandemie keine Spiele mehr pfeifen wollten. Wie stehen Sie dazu?
Ja, da gab es schon einige. Wir überlassen es jedem selbst und es muss auch niemand einen Grund angeben, warum er aussetzen möchte. Wir werden niemanden zwingen, ein Spiel zu pfeifen.

Paulo Goncalves, Vorsitzender des Kreis-Schiedsrichterausschusses © Michael Schley
Welchen Einfluss hat Corona auf die ohnehin schon rückläufige Zahl der Aktiven?
Corona hat in der Richtung Einfluss gehabt, dass der Rückgang nicht mehr so steil nach unten geht wie vorher. Das kann damit zusammenhängen, dass es nach dem Re-Start im letzten Jahr weniger Vorfälle gab. Vorher haben viele auch deshalb aufgehört, weil sie zum Beispiel verbal angegriffen worden sind. Diese Fälle gab es in dieser Saison zum Glück nur sehr selten.
Im November hat erstmals im Fußballkreis ein virtueller Anwärterlehrgang stattgefunden. Wie lief der ab und wie fällt Ihr Fazit dazu aus?
Das ist keine ideale Variante und einen solchen Lehrgang wird es in der Form auch nicht noch mal geben. Unsere Lehrwarte sind sich einig darin, dass für eine gute Ausbildung die Kommunikation mit den Teilnehmern absolut notwendig ist. Und die kann in gewissen Punkten, zum Beispiel bei Regel 12, wo es um verbotenes Spiel geht, eigentlich nur mit Präsenz funktionieren. Aber zumindest haben wir es mal ausprobiert und einzelne Elemente der Ausbildung lassen sich vielleicht auch in Zukunft virtuell erledigen.
Was ist Ihre persönliche Vermutung: Wann kann auf Kreisebene wieder Fußball gespielt werden?
Da ich ja auch Mitglied des Kreisvorstands bin, halte ich mich mit Vermutungen zurück. Ich glaube auch nicht, dass es relevant ist, was ich persönlich dazu meine.
Brauchen Schiedsrichter eigentlich auch ein paar Testspiele, um nach so langer Pause wieder reinzukommen?
Auf jeden Fall. Ein hoch ausgebildeter Schiedsrichter kommt sicherlich schneller wieder rein, der braucht vielleicht ein Spiel im Vorfeld. Bei anderen dauert das etwas länger. Das wäre sonst ein Start von 0 auf 100.
Anfang des Jahrtausends von der Nordseeküste ins Münsterland gezogen und hier sesshaft geworden. Als früher aktiver Fußball-, Tennis- und Basketballspieler sportlich universell interessiert und immer auf der Suche nach spannenden Geschichten.
