In Legden sind derzeit Archäologen im Einsatz, um die wertvollen Funde vorsichtig freizulegen.

© Markus Gehring

Spektakuläre Funde: Legden war schon vor über 2000 Jahren besiedelt

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Östlich von Legden kommt Stück für Stück jahrtausendealte Geschichte ans Tageslicht. Archäologen sind seit einigen Tagen am Mühlenbach am Werk. Nicht zufällig, aber mit spektakulären Funden.

Legden

, 22.07.2020, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Dunkle Verfärbungen im Boden (ehemalige Holzpfähle) und Keramikscherben: Östlich von Legden in unmittelbarer Nähe zum Mühlenbach kommt jahrtausendealte Geschichte wieder ans Tageslicht. Ein Team aus Archäologen führt seit gut einer Woche im Dahliendorf archäologische Grabungen durch. Und die bisherigen Funde könnten erst die Spitze des archäologischen Eisbergs sein, vermuten die Experten.

Über das Gebiet des heutigen Legdens ist mit Blick auf die Archäologie noch nicht viel bekannt. „Darum ist das für uns schon ein spektakulärer Fund, der uns sehr voranbringen wird“, hebt Dr. Bernhard Stapel von der LWL-Archäologie im Gespräch mit der Redaktion hervor.

Kein Zufall, dass Archäologen im Einsatz sind

Eins vorweg: Es ist kein Zufall, dass jetzt ein archäologisches Expertenteam vor Ort ist. Die Funde stehen im Zusammenhang mit der Zeelink-Leitung, hinter dem Open Grid Europe (OGE) als Investor steht. Aktuell erfolgen dort Arbeiten an der Gasdruck-Regelanlage. Konkret wird an der Pressung aus dem Stationsgelände herausgearbeitet. Der Oberboden wurde dabei (teilweise) abgetragen. Durch die Pressung selbst soll später das Gasrohr in die Station eingeführt und angeschlossen werden.

Dunkle Verfärbungen im Boden deuten auf ehemalige Holzpfähle hin, also auf Pfeiler eines Hauses und damit eine Siedlungsstruktur.

Dunkle Verfärbungen im Boden deuten auf ehemalige Holzpfähle hin, also auf Pfeiler eines Hauses und damit eine Siedlungsstruktur. © Markus Gehring

Und genau bei diesen Arbeiten sind auch Experten der LWL-Archäologie mit vor Ort. Denn im Zuge des gesamten Planungsverfahrens der Gasleitung hat das LWL im Vorfeld einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, in dem auch regelt ist, was im Falle von archäologisch relevanten Funden zu tun ist. So wie jetzt in Legden geschehen.

Grabungen führt eine private Fachfirma durch

Doch was haben die Experten bisher in der Nähe des Mühlenbachs gefunden? „Siedlungsstrukturen aus ganz unterschiedlichen Zeiten“, erklärt Bernhard Stapel. Er selbst war am Mittwoch (22. Juli) vor Ort, um sich ein Bild von den Grabungen zu machen. Die Arbeiten selbst führt eine private Fachfirma im Auftrag von OGE und unter Fachaufsicht des LWL durch.

Anhand der bisherigen Funde können die Experten bereits sagen, dass die unterschiedlichen Siedlungen aus der so genannten „Kaiserzeit“ (bis 375 n. Chr.) und aus dem Hochmittelalter (Mitte des 11. bis Mitte des 13. Jahrhundert) stammen. Somit lebten bereits vor über 2000 Jahren Menschen auf dem heutigen Legdener Gebiet. Und es könnte noch besser kommen.

Lebten schon vor 3000 Jahren Menschen in Legden?

Es gibt Hinweise darauf, dass sogar bereits im Übergang von der Stein- zur Bronzezeit (3000 bis 1200 v. Chr.) an dieser Fundstelle Menschen siedelten. „Doch dafür fehlen uns noch die eindeutigen Funde“, so Bernhard Stapel. Die bisherigen Anzeichen seien aber vielversprechend.

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Aber auch die bisherigen Funde sind es. So berichtet der Fachmann von so genannten „Grubenhäusern“, also Häuser die die ganz oder teilweise in den Boden eingetieft waren. „So etwas war für Webstühle notwendig, da konstante Temperaturen und Feuchtigkeit für die Arbeit nötig waren.“ Denkbar sei auch, dass die Häuser von Schmieden genutzt wurden. In jedem Fall von Handwerken.

Open Grid Europe trägt die Kosten der Grabungen

Übrigens trägt die Open Grid Europe die gesamten Kosten der Grabungs- und deren Folgearbeiten. Das bestätigt OGE-Pressesprecher Helmut Roloff auf Anfrage der Redaktion. Genaue Zahlen nennt er nicht, sagt aber: „Sie können davon ausgehen, dass sie sich im sechsstelligen Bereich befinden.“ Hintergrund ist, dass die Grabungen im Bauablaufplan integriert sind. Also erst Kampfmittelräumdienst und Archäologie, dann Leitungsarbeiten auf der Trasse.

Ausgrabungsleiter Christian Schacht ist mit seinem Team aus Bonn angerückt. Zusammen führen sie unter Fachaufsicht des LWL die Grabungen durch.

Ausgrabungsleiter Christian Schacht ist mit seinem Team aus Bonn angerückt. Zusammen führen sie unter Fachaufsicht des LWL die Grabungen durch. © Markus Gehring

Kurios: Die Gemeindeverwaltung ist nicht über den Beginn der Grabungsarbeiten informiert worden. Bürgermeister Friedhelm Kleweken sagt dazu: „Es wäre natürlich wünschenswert gewesen.“

Ein Ende der Grabungen ist noch nicht absehbar

Soweit so gut – doch wie lange dauern die Grabungen? Schließlich soll die Zeelink-Leitung laut OGE in etwa zwei Wochen in Legden ankommen. „Das können wir aktuell noch gar nicht sagen“, so Bernhard Stapel. Das Untersuchungsareal sei nicht klein. An bisher zwei Uferstellen gab es Treffer. Klar sei nur, dass die Arbeiten noch einige Zeit in Anspruch nehmen würden.

Und das nicht ohne Grund. „Es sind für uns wichtige und tolle Funde. So bekommen wir im Vergleich zu anderen Fundstellen im Münsterland ein Bild davon, wie die Siedlungsstruktur zu den unterschiedlichen Zeiten ausgesehen hat“, erklärt der LWL-Fachmann.

Der Mühlenbach spielt eine große Rolle

Dass die Funde am Mühlenbach gemacht wurden, dürfte auch kein Zufall sein. „Es ist anzunehmen, dass es schon vor Jahrtausenden eine Art Vorgänger des Mühlenbachs in diesem Gebiet gab“, erklärt Stapel. Die Menschen hätten für die Versorgung mit Wasser, auch für das Nutzvieh, darum die Nähe zum Fluss gesucht. Stichwort kurze Wege.

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Experten vom LWL wollen darum die genaue Geschichte des Mühlenbachs noch mal gesondert unter die Lupe nehmen. „Das ist aber noch Zukunftsmusik. Aktuell konzentrieren wir uns auf die Grabungen und weitere mögliche Funde.“ Denn jedes Fundstück ermöglicht den Experten einen noch detaillierteren Blick in die jahrtausendealte Vergangenheit.

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