Quer durch Deutschland: Wanderer aus Kirchhellen

Von West nach Ost

Vor zwei Jahren hat sich das Ehepaar Jendral aus Kirchhellen aufgemacht, um Deutschland einmal komplett von West nach Ost zu durchqueren. Jetzt sind die beiden Senioren am Ziel in Görlitz angekommen. Uns haben sie erzählt, warum ihre Reise ein unvergessliches Ende nahm.

KIRCHHELLEN

, 09.10.2017, 14:58 Uhr / Lesedauer: 2 min
„Endlich bin ich mal groß“, freute sich Gisela Jendral. Der Umgebindehaus-Park in Cunewalde war einer der Höhepunkte ihrer letzten Etappe.

„Endlich bin ich mal groß“, freute sich Gisela Jendral. Der Umgebindehaus-Park in Cunewalde war einer der Höhepunkte ihrer letzten Etappe.

Unzählige Male haben Egon und Gisela Jendral in den vergangenen 50 gemeinsamen Jahren ihre Rucksäcke ein- und ausgepackt, haben viele Länder dieser Welt erwandert. In den letzten Jahren wollten sie dann Deutschland ganz genau kennenlernen. Von 2010 bis 2013 wanderten sie in acht Etappen von Flensburg nach Füssen. Danach planten sie, es ruhiger angehen zu lassen, nicht mehr so lange Touren zu gehen: „Vielleicht sollten wir unsere Ziele auch nicht ganz so hochstecken, schließlich sind wir nicht mehr die Jüngsten“, sagte 2013 die damals 71-jährige Gisela nach ihrer letzten Etappe.

Begegnungen und Sehenswürdigkeiten

Aber die beiden Wanderverrückten konnten es nicht lassen, schon bald erkundete das Paar den Lechweg, erwanderte den Rennsteig und machte sich 2015 auf, Deutschland einmal komplett von West nach Ost zu durchqueren. Das haben sie jetzt geschafft: Vor einigen Wochen sind sie in Görlitz angekommen und wieder ganz erfüllt von den tollen Begegnungen und Sehenswürdigkeiten auf dem Weg.

Den ersten Höhepunkt der Wanderung mussten sich die beiden Wanderer jedoch erst verdienen. „Am Tag der 1000 Stufen“, wie Egon Jendral ihn getauft hat, ging es von der Stadt Wehlen aus hoch zu dem Aussichtspunkt. „Oben wurden wir nicht nur mit einem großartigen Blick ins Elbtal belohnt, sondern auch mit der Aussicht über die elefantengraue Felsenkulisse der Urzeit“, schwärmt er vom Elbsandsteingebirge.

Schindergraben als Herausforderung

Während die trainierten Senioren diesen Aufstieg ohne große Probleme meisterten, hielt der Schindergraben echte Herausforderungen für sie bereit. „Den ist schon lange kein Wanderer mehr gelaufen. Die Brücken waren teilweise verfallen“, berichten die Jendrals auch von der ein oder anderen Kletterpartie.

Erholsamer waren da schon die Eisenbahnwelten in Rathen. Gisela Jendral, „eigentlich kein Eisenbahnfan“, war von der Freilichtanlage ganz begeistert. „Ich war da gar nicht mehr raus zu bekommen“, sagt sie lachend. 90 Loks mit 250 Wagen können dort gleichzeitig fahren. „Es gibt 88 Weichen, 250 Gebäude und 350 Fluss- und Bachläufe“, erklärt Egon Jendral. Auch im Umgebindehaus-Park in Cunewalde fühlte sich Gisela Jendral richtig wohl. „Endlich war ich mal groß“, freute sie sich in der Ausstellung der Miniaturhäuser. Bewunderswert sei die Liebe zum Detail, mit der die Umgebindehäuser der Oberlausitz nachgebaut worden sind.

Gespräch mit der Organistin

Auch die größte Dorfkirche Deutschlands, gleich um die Ecke, ließen sich die Wanderer nicht entgehen. „Und wir hatten wieder solch ein Glück“, erzählt er. „Denn wir waren allein in der Kirche und konnten der Organistin zuhören, die gerade probte. Danach haben wir uns noch mit ihr unterhalten.“ Eine schöne Begegnung.

Unvergessen wird für Egon Jendral und seine Frau aber das Treffen mit dem Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege bleiben. Ihm übergaben sie den Brief seines Selfkanter Amtskollegen, den sie vor zwei Jahren beim Start ihrer Tour im Rucksack verstaut hatten. „Wir wurden im Rathaus wirklich sehr herzlich empfangen“, erinnern die Kirchhellener sich. Mehr als eine Stunde nahm sich der Bürgermeister, der lieber Motorad fährt als wandert, Zeit für sie und zeigte ihnen die historischen Räume, „die nicht jeder zu sehen bekommt“, wissen Egon und Gisela Jendral jetzt.

Wohin geht die nächste Reise?

Nach drei Tagen in der östlichsten Stadt Deutschlands kehrte das Paar nach Kirchhellen zurück. Und jetzt, wohin geht es als Nächstes? „Das werden wir oft gefragt. Wir wissen es noch nicht“, sagt Egon Jendral, der in ein paar Monaten 80 Jahre alt wird. „Fest steht, dass wir keine Tour mehr machen können, die über mehrere Jahre geht“, meint Gisela Jendral vernünftig. Aber das hat sie ja schon einmal gesagt.