Demonstranten hielten am 15. November 2017 vor der „Alten Apotheke“ in Bottrop eine Liste mit Namen von über 4000 mutmaßlich Geschädigten in den Händen.

Demonstranten hielten am 15. November 2017 vor der „Alten Apotheke“ in Bottrop eine Liste mit Namen von über 4.000 mutmaßlich Geschädigten in den Händen. Inzwischen wird die Apotheke nicht mehr vom Angeklagten geführt. Betroffene fühlen sich nun durch eine Entscheidung des Gesundheitsministers „retraumatisiert“. © picture alliance / Marcel Kusch/dpa

Bottroper Apotheker-Skandal: Betroffene kritisieren Minister Laumann

rnApotheker-Skandal

Im Apotheker-Skandal um unterdosierte Krebsmedikamente werfen Betroffene Gesundheitsminister Laumann vor, sein Versprechen gebrochen zu haben. Viele von ihnen erhalten keine Hilfsleistung.

Kirchhellen

, 06.09.2022, 08:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Rechtsanwalt Manuel Reiger von der Kanzlei am Schlossplatz (Stuttgart) vertritt viele Geschädigte im Fall des Bottroper Apothekers, der jahrelang gepanschte und zu niedrig dosierte Krebsmedikamente abgegeben hatte. „Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat den Geschädigten des Apothekers der Alten Apotheke in Bottrop im April dieses Jahres mit großer medialer Ankündigung eine unbürokratische und solidarische Hilfe für das wegen gepanschter und unterdosierter Krebsmedikamente erlittene Leid versprochen.“

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In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Landtag hatte das Gesundheitsministerium erklärt, dass nur solche Betroffene eine Billigkeitsleistung vom Land erhalten könnten, die laut Strafrechtsurteil des Landgerichts Essen Opfer des Apothekers waren. „Vor allem Frauen mit Brustkrebserkrankung gehen leer aus“, sagt Manuel Reiger.

„Opfer zweiter Klasse“

Der Rechtsanwalt sieht viele Geschädigte „durch die Entscheidung des Ministeriums retraumatisiert“. Sie fühlten sich als „Opfer zweiter Klasse“. In einem Brief an Laumann hätten die von ihm Vertretenen Laumann gebeten, die Entscheidung zu ändern „und sein persönliches Versprechen gegenüber

den Geschädigten auf Anerkennung als Opfer einzulösen. Dieses Versprechen hatte er ihnen persönlich bei einem Runden Tisch im Ministerium gegeben“.

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Doch Laumann sei in seiner Antwort nicht auf die inhaltliche Kritik eingegangen, sondern habe mitgeteilt, dass er bei der Entscheidung seines Ministeriums bleibe. „Auf die Forderung der Geschädigten nach einem persönlichen Gespräch geht er überhaupt nicht ein“, so Reiger.

„Er hat uns da eiskalt ins Gesicht gelogen“

„Er hat uns da eiskalt ins Gesicht gelogen“, bewertet Christiane Piontek, eine Betroffene, im Nachhinein das Gespräch mit Laumann bei dem Runden Tisch. Die Geschädigten, so Reiger, verstünden nicht, warum Laumann zu keinem persönlichen Gespräch bereit sei. „Die Hoffnung der Geschädigten liegt nun auf den Fraktionen im Landtag NRW und Ministerpräsident Hendrik Wüst, hier Gerechtigkeit herzustellen.“ Außerdem wolle man einen Aktionstag vor Laumanns Ministerium in Düsseldorf organisieren.

Eine weitere Betroffene erinnert sich, dass die Billigkeitsleistungen kurz vor der Landtagswahl „auszahlungsreif“ betitelt wurden. „Für mich fühlt sich das so an, als ob diese Sache nur als Wahlhilfe geplant war.“ Dem Land müsse man in dem Fall eine „mangelhafte Apothekenaufsicht vorwerfen“.

Sie schlug Laumann in einem Brief vor, allen eine Entschädigung zukommen zu lassen, die im fraglichen Zeitraum eine Krebstherapie aus der Alten Apotheke bekommen haben und nicht sicher sein konnten, dass diese korrekt dosiert war. Dieser Personenkreis lasse sich mit Rechnungen aus der Apotheke sowie Verordnungen von Onkologen eingrenzen. Hierauf sei Laumann aber nicht eingegangen.