
Schulleiterin Martina John (l.) und Lehrerin Justyna Wolska sind überwältigt davon, wie sich Schüler und Kollegium für die ukrainischen Flüchtlingskinder einsetzen. © Till Goerke
Ukrainische Kinder in der Kreuzschule: Integration mit Herzblut
Krieg in der Ukraine
Seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine sind zigtausende Menschen geflohen. Einige auch nach Heek. Für die Integration der Kinder in den (Schul-)Alltag wird an der Kreuzschule viel getan.
Seit vielen Wochen tobt in der Ukraine nach dem Überfall Russlands der Krieg. Zigtausende Ukrainer sind aus Angst geflohen. Zumeist Frauen und Kinder. 63 hat es bis jetzt nach Heek verschlagen. Davon gehen 19 Kinder auf die Kreuzschule. Dort wird alles dafür getan, ihnen ein Stückchen Normalität zurückzugeben.
Noch bevor die ersten ukrainischen Flüchtlingskinder den Weg in die Kreuzschule fanden, war das Thema „Krieg in der Ukraine“ schon ein stetiger Begleiter im Schulalltag. „Unsere Schüler hat das alles sehr betroffen gemacht“, berichtet Lehrerin Justyna Wolska.
Viele Aktionen ins Leben gerufen
Spenden sammeln, Friedenslichter basteln und die Schule in den Landesfarben der Ukraine anstrahlen – alles Dinge, die wichtig sind und Solidarität bekunden. Doch an der Kreuzschule wird noch mehr getan. Weit mehr.
Die ukrainischen Kinder werden integriert. Und Integration bedeutet mehr, als nur am Unterricht teilzunehmen und die neue Sprache zu erlernen. „Wir haben früh gemerkt, dass wir etwas entwickeln müssen, um dieser Herausforderung gewachsen zu sein“, so Schulleiterin Martina John.
Und so haben Melanie Brune-Kofoet und Justyna Wolska noch vor der Ankunft der ersten Kinder Mitte März einen Fahrplan auf die Beine gestellt. Passend wurde dieser auf den Namen „Willkommenskultur“ getauft.
Eine besondere Rolle kommt dabei Justyna Wolska zu. Sie hat polnische Wurzeln, sprich Polnisch und kann sich so auch mit den ukrainischen Familien und Kindern verständigen. Die Sprachen ähneln sich. „Und zur Not geht das auch mit Händen und Füßen“, sagt sie mit einem Lächeln.
Anmeldungen in Zeitkorridoren
Von der Anmeldung an, diese erfolgt in vorgegebenen Zeitkorridoren, in denen Justyna Wolska keinen Unterricht hat, um als Dolmetscherin zu fungieren, sind es viele kleine Dinge, die den Flüchtlingskindern vermitteln sollen, dass sie in Heek und in der Kreuzschule willkommen und sicher sind.
Willkommensflyer in ukrainischer Sprache mit ersten Informationen über die Schule, Schulutensilien oder die Kontaktherstellung zu anderen Schülern, die die ukrainischen Kinder am ersten Tag auf dem Schulweg begleiten – all das soll die Integration erleichtern.

Die Kreuzschule leuchtet auch schon in den Farben der Ukraine. Hausmeister Alfons Leusbrock hatte dafür die notwendigen Strahler organisiert. Ein Zeichen der Solidarität. © Kreuzschule
Mit viel Elan und Engagement setzen sich dafür das Kollegium und die Schülerinnen und Schüler ein. Zur Unterstützung ist auch eine ukrainische Flüchtlingsmutter im Einsatz. Bei ihr lernen die ukrainischen Kinder vor allem die deutsche Sprache. Täglich zwei Stunden.
Sie war auch die Erste, die am 14. März ihren Sohn an der Kreuzschule anmeldete. „Als wir merkten, sie spricht gut Deutsch, haben wir die Möglichkeit direkt ergriffen“, so Martina John. Für die beiden jüngeren Kinder organisierte die Schule Kita-Plätze. So wurden Zeitfenster für den Sprachkurs frei.
Essen und Kleidung
Kostenloses Mittagessen in der Mensa über Essensgutscheine, Paten in den Klassen für jedes Flüchtlingskind und die Ausgabe von Kleidung gehören ebenfalls dazu. Kleidung? Ja, klingt erst mal unvorstellbar, ist aber so.
Justyna Wolska berichtet von einem Mädchen, das an seinem ersten Schultag an der Kreuzschule trotz sommerlicher Temperaturen im Rollkragenpullover kam. Nicht aber, weil ihr kalt war, sondern, weil sie nur diesen einen Pulli auf der Flucht mitnehmen konnte.

In einem Raum der Schule lagert Kleidung, die von Lehrern und Schülern gespendet wurde. Nach und nach wird diese an die ukrainischen Kinder verteilt, die oftmals nur noch einen Pulli oder eine Hose besitzen. © Till Goerke
„Sie war total glücklich, als sie ein T-Shirt bekommen hat“, erzählt Wolska. Und das tut sie in einer Art und Weise, die verdeutlich, mit wie viel Elan sie bei der Sache ist. Alles nebenher. Der „normale“ Schulalltag läuft schließlich auch weiter.
Und sie spricht von einer „unglaublich großen Dankbarkeit“, die die ukrainischen Kinder allen, die ihnen helfen, entgegenbringen würden. Eine Dankbarkeit, die motiviere, immer noch ein bisschen mehr zu geben.
Kisten voller Kleidung
Die Kleidungsstücke sind übrigens Spenden aus dem Lehrerkollegium und aus der Schülerschaft. In einem Raum stehen vollgepackte Kisten, die nach und nach an die ukrainischen Schülerinnen und Schüler verteilt werden.
„Sie sind so bescheiden, wollen manchmal gar keine zweite Hose, weil sie ja schon eine haben“, ist Justyna Wolska selbst immer wieder erstaunt über die Zurückhaltung. Im positiven Sinne. Es seien einfach verschiedene Welten.
Bei all der Euphorie, wie viel schon mit Kleinigkeiten auch im Schulalltag geholfen werden kann, darf man aber nicht vergessen, dass die Kinder und Familien eine seelische Last mit sich herumtragen. Das betont auch Schulleiterin Martina John.
Ein Rad greift ins andere
Behutsam müsse man vorgehen, nach und nach das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. An dieser Vermittlung seien natürlich viele Akteure beteiligt, aber die Schule könne da einen wichtigen Beitrag leisten.
Und funktionieren könne all das auch nur, wenn ein Rad ins andere greife. Das heben John und Wolska hervor. Die Hilfsbereitschaft innerhalb der Gemeinde und auch von der Verwaltung sei enorm.
Belegt wird das auch durch folgende Zahlen: Von den derzeit 63 ukrainischen Flüchtlingen in Heek sind nur 11 kommunal untergebracht. 53 sind privat aufgenommen worden. So leisten viele ihren Beitrag. Auch die Kreuzschule.
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
