Das waghalsige Überholmanöver des 47-jährigen Dränglers auf der A31 in Heek blieb nicht ohne Folgen. Im doppelten Sinne.

Das waghalsige Überholmanöver des 47-jährigen Dränglers auf der A31 in Heek blieb nicht ohne Folgen. Im doppelten Sinne. © Montage Leonie Sauerland

Irrer Drängler auf A31 bei Heek: „Mich störte das Elefantenrennen“

rnGerichtsprozess

Waghalsig drängelte und überholte ein Mann aus Lingen (47) einen Lkw auf der A31 bei Heek. Das Fahrmanöver blieb jedoch nicht ohne Folgen. Der Drängler übersah auch einen Streifenwagen.

Heek

, 01.06.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Mehrfaches Aufblenden, Hupen, Spurwechsel von links nach rechts und dann ein waghalsiges Fahrmanöver über die rechte Fahrspur vorbei an einem Lkw auf der linken Spur. Doch das war noch längst nicht das Ende des riskanten Fahrstils eines 47-jährigen Pkw-Fahrers auf der A31 bei Heek. Und unbeobachtet blieb es auch nicht.

Es ist der 10. Dezember 2020 gegen 16.15 Uhr. Die A31 Fahrtrichtung Emden auf Höhe Ausfahrt Heek. Ein Mann aus Lingen (47) rast mit seinem Automatik-Pkw und 170 Stundenkilometern über die linke Fahrspur. Plötzlich zieht ein Lkw von der rechten auf die linke Spur für einen Überholvorgang.

Pkw-Fahrer wird ausgebremst

Der 47-Jährige wird stark ausgebremst, hat es aber eilig, da er noch Weihnachtsgeschenke für seine drei Kinder besorgen will. Mehrfach blendet er auf, hupt, pendelt zwischen den Spuren, um dann eine Lücke zwischen zwei Lkw auf der rechten Spur für ein waghalsiges Überholmanöver zu nutzen.

Dann setzt er sich knapp vor den Lkw auf der linken Spur und verschaltet sich, so der Angeklagte. Ja, das geht auch bei einem Automatikwagen. Anstatt vom Sportgang „S“ wieder in den normalen Gang „D“ zu schalten, landete der 47-Jährige aus ungeklärten Gründen im Leerlauf „N“.

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Folge: deutlicher Tempoverlust. So sehr, dass der überholte LKW direkt dahinter nicht mehr bremsen kann und auffährt. Jetzt haben zwei Zollbeamte, die auf Streife direkt dahinter sind, genug gesehen.

Sie überholen Lkw und Pkw, die dabei sind, auf den Standstreifen zu wechseln, mit Blaulicht und eingeschalteter Anzeige „Bitte Folgen“. Sie eskortieren das Gespann zum nächsten Rastplatz und rufen die Polizei. Für den Pkw-Fahrer der Beginn einer teuren und bitteren Quittung.

„Gefährdung des Straßenverkehres“

Denn das Fahrmanöver läuft juristisch unter „Gefährdung des Straßenverkehres“. Den dafür fälligen Strafbefehl akzeptierte der Mann aus Lingen nicht. Also kam es zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Ahaus. Doch das dort gesprochene Urteil passte ihm auch nicht.

Und so ging es jetzt in das Berufungsverfahren vor dem Landgericht Münster. Dort zeigte sich der 47-Jährige zwar nervös – immer wieder fummelt er mit seinen Händen auf dem Tisch herum – aber zugleich auch eloquent. Dass sich die Sache so wie beschrieben ereignet hatte, leugnete er erst gar nicht. Im Gegenteil.

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Stattdessen versuchte er es mit Rechtfertigungen. Der Lkw-Fahrer habe ja gar nicht so „rücksichtslos“ rausziehen dürfen. Außerdem habe dieser einfach nicht wieder eingeschert, obwohl dafür auf der rechten Spur genügend Platz gewesen sei. „Mich störte das Elefantenrennen.“

Doch diese Meinung hatte der Drängler offensichtlich exklusiv. Denn die beiden als Zeugen geladenen Zollbeamten widersprachen diesen Ausführungen vehement. Und: „Das sah schon sehr abenteuerlich aus und war alles auch richtig knapp“, machte einer der Beamten deutlich.

Glück im Unglück

Mit Glück im Unglück blieb es bei der Aktion „nur“ bei einem Sachschaden in Höhe von 2500 Euro. Für den Staatsanwalt aber kein Grund, die Sache als „harmlos“ einzustufen. „Es war eine Straßenverkehrsgefährdung mit der Todsünde, rechts zu überholen.“

So weit so gut. Doch warum legte der Drängler überhaupt Berufung ein, anstatt das Urteil des Amtsgerichtes zu akzeptieren? Die Antwort findet sich in Teil zwei der Bestrafung. Um die 60 Tagessätze zu je 50 Euro ging es dem Mann und seinem Anwalt nicht.

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Der Entzug der Fahrerlaubnis für sechs Monate war das Problem. Denn: Der 47-Jährige ist von Beruf Kranfahrer. Also für jene Fahrzeuge mit über 100 Tonnen Gewicht. Ohne Führerschein darf er diese allerdings nicht mehr führen.

„Wenn Sie mich damit bestrafen, bestrafen Sie auch meine Familie“, adressierte der Mann den Richter und die zwei Schöffen. Er sei aktuell Alleinverdiener. Ein Verdienstausfall würde seine kleine Familie „zerstören“.

Noch zweimal wegen Raserei aufgefallen

Dass er sich während der laufenden Berufung gleich zweimal wegen Raserei einen Punkt einhandelte, verbesserte seine „Verhandlungsposition“ natürlich nicht. Für ihn sprach aber die Tatsache, dass er bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war.

Schlussendlich kam dem Drängler die Strafkammer aber weit entgegen. Das Urteil des Amtsgerichtes wurde aufgehoben. Die Geldstrafe wurde um 600 Euro reduziert und vor allem wurde der Entzug der Fahrerlaubnis in ein „nur“ dreimonatiges Fahrverbot umgewandelt.

Zur Erklärung: Bei einem Fahrverbot erhält man den Führerschein nach Ablauf der Sperre automatisch zurück. Bei einem Entzug muss der Führerschein neu beantragt werden. Eine mögliche MPU inklusive. Und sicher ist es auch nicht, dass man die Erlaubnis zurückbekommt.

Dementsprechend fielen auch die finalen Worte des Richters aus: „An diesem Urteil wird Ihre Familie nicht zerbrechen.“ Es sei eben deutlich milder als in der ersten Instanz.