
© Markus Gehring
Drogen-Rucksack: Chip wird Heeker Dealer (27) zum Verhängnis
Marihuana
Mit einem Rucksack voller Drogen wurde ein Heeker Dealer am Bahnhof in Gronau erwischt. Allerdings leugnete der Mann, Besitzer des Rucksacks zu sein. Doch ein kleines Detail überführte ihn.
Später Nachmittag an einem Sonntag im September 2019. Eine Regionalbahn aus Enschede fährt im Gronauer Bahnhof ein. Ein heute 27-jähriger Heeker mit schwarzem Adidas-Rucksack steigt aus.
Im Rucksack sind 239 Gramm Marihuana, verpackt in eine rote Tüte. Wenig später klicken die Handschellen. Polizeibeamte nehmen den Heeker nach einem Hinweis der Zugbegleiterin fest.
Rucksack im Wartehäuschen abgestellt
Den Rucksack stellen sie etwas entfernt in einem Wartehäuschen sicher. Von Beginn an leugnet der Heeker, dass es sein Rucksack sei, den die Beamten da sichergestellt hätten. Doch ein Chip wurde ihm nun zum Verhängnis.
Rückblick. Das Amtsgericht Ahaus verurteilte den Heeker wegen der Einfuhr von Betäubungsmitteln unter der Absicht des Verkaufes in einem minderschweren Fall zu einer Gefängnisstrafe: zehn Monate auf Bewährung. 50 Sozialstunden sowie eine Geldauflage von 500 Euro kamen obendrauf.

Den Drogen-Rucksack stellte der Heeker Dealer im Spätsommer 2019 in einem Wartebereich auf dem Bahnsteig ab. © Markus Gehring
Das passte dem 27-jährigen Mann aus Guinea, der in Deutschland geduldet war, nicht. Er hatte Angst vor einer Abschiebung und legte Berufung ein. Der erste Termin vor dem Landgericht platzte, weil der Dolmetscher fehlte. Doch jetzt ging der Revisionsprozess über die Bühne. Und wurde absurd.
Gewichtigen Anteil daran hatte der Verteidiger des Heekers, der praktisch jeden noch so klaren Beweis mit ausschweifenden Ausführungen in Frage stellte. Quintessenz: Der Drogen-Rucksack habe nie seinem Mandanten gehört. Darum sei dieser auch freizusprechen.
Chip gehört zu Fitnessstudio
Doch es kam anderes. Dabei gab neben den Fotos aus der Überwachungskamera der Regionalbahn ein kleiner Chip den Ausschlag. Diesen stellte die Polizei an einem Schlüsselbund im Drogen-Rucksack sicher.
Der Chip gehöre, so erklärte die Richterin, zu einem Ahauser Fitnessstudio. Jedes Mitglied bekomme einen solchen als Eintrittspass. Die Polizei habe auf Veranlassung des Gerichts überprüft, auf wen dieser Chip registriert sei.

Im Rucksack des Heekers war eine rote Tüte, in der sich mehrere kleine Tütchen mit insgesamt 239 Gramm Marihuana mit einem THC-Wirkstoffgehalt von 28,44 Gramm befanden. © picture alliance/dpa
Und siehe da: auf den Heeker Drogendealer. Doch dieser stritt vor Gericht alles ab. Es seien zwei Chips mit dem gleichen Namen im Umlauf. Es handele sich alles um eine Verwechslung.
Stück für Stück wurde es der Richterin zu viel. „Sie können hier viel erzählen, deswegen glaube ich Ihnen das noch lange nicht.“ Und: „Sie wissen, dass wir Recht haben.“
Auszug aus Mitgliedsverzeichnis
Kurzerhand wies sie eine als Zeugin geladene Mitarbeiterin des Fitnessstudios an, einen Auszug aus dem digitalen Mitgliedsverzeichnis zu besorgen. Wenig später traf dieser per Mail im Gerichtssaal ein.
Ergebnis: Es gibt nur eine Person und nur einen Chip mit dem Namen des Heekers. Kopfschüttelnd nahm dieser das Ganze zur Kenntnis und versank in seinem Stuhl.

Vor dem Landgericht Münster scheiterte der Heeker Dealer mit seiner Berufung. Die Beweislast war zu eindeutig für einen Freispruch. © Till Goerke
Daraufhin zog der Verteidiger die Karte, dass der Rucksack im Zug auf dem Rücken seines Mandanten und der sichergestellte am Bahnhof nicht identisch seien. Doch die Bilder aus der Überwachungskamera widerlegten dies.
Auf einem großen Bildschirm im Gerichtssaal führte die Richterin diese in die Beweisaufnahme ein. Darauf war eindeutig zu erkennen, dass der Rucksack aus dem Zug und der sichergestellte im Wartehäuschen identisch sind. „Was gibt es da also noch zu diskutieren“, adressierte die Richterin an den Verteidiger.
Kein Rückziehen der Berufung
Doch dieser zog seine Linie durch. Minutenlang wurde die Sitzung unterbrochen, da sich der Verteidiger mit seinem Mandanten beriet. Die Richterin hatte zuvor durchblicken lassen, dass ein Freispruch nicht realistisch sei.
Dann die Überraschung. „Mein Mandant möchte jetzt schweigen“, verkündete der Verteidiger nach der Pause. Seine Berufung wolle er aber aufrechthalten. „Wie Sie wollen, Sie müssen Ihren Mandanten ja beraten“, nahm es die Richterin zur Kenntnis, ehe sie die Beweisaufnahme schloss.
In seinem minutenlangen Plädoyer sprach der Verteidiger von „geringen Restzweifeln“ an der Schuld. Das könne also nur einen Freispruch nach sich ziehen. Zudem handele es sich bei den Beweisen lediglich um Indizien.
Die Staatanwältin forderte, die Berufung des Heekers zu verwerfen. Genau dieser Forderung folgte das Gericht. Obendrein muss der Heeker die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Schlusswort der Richterin an diesen: „Wir haben überhaupt keine Restzweifel an Ihrer Schuld.“
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
