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Vegane in Haltern: „Einfach eine Pizza mit veganem Käse bestellen geht hier nicht“
Veganuary
Kein Fleisch, kein Käse, keine Milch - der Verzicht auf tierische Produkte ist für viele Halterner kein Problem. Die Veganen in der Seestadt haben mit anderen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Durch Instagram ist Samira Schulte darauf aufmerksam geworden: den Veganuary. Bei dem Zungenbrecher handelt es sich um eine Zusammensetzung der Wörter „vegan“ und „January“, englisch für Januar. Dahinter steckt, vereinfacht gesagt, der Aufruf, den ganzen Monat Januar auf tierische Produkte zu verzichten. Vegan leben im Januar eben.
„Ich habe vorher schon wenig tierische Produkte gegessen“, sagt Samira Schulte aus Haltern. „Im Januar 2021 habe ich mich dann beim Veganuary angemeldet und ernähre mich seitdem ausschließlich vegan.“ Wer sich bei der Non-Profit Organisation anmeldet, wird den veganen Januar lang an die Hand genommen und beim Veganismus-Start unterstützt.
2022 startet die Vegan-Challenge zum dritten Mal in Deutschland. Und das mit einer Rekordteilnahme: Mehr als 200 Unternehmen präsentieren neue rein pflanzliche Produkte und Aktionen zum Veganuary 2022. Das geht von Lidl über McDonalds zu dm und Hello Fresh.
Wer sich als Privatperson beim Veganuary anmeldet, bekommt verschiedene Rezeptideen und Anregungen per E-Mail. „Es gibt viele hilfreiche Tipps und Checklisten, wie man welche Nährstoffe trotz veganer Ernährung zu sich nehmen kann“, sagt Samira Schulte. Wichtige Nährstoffquelle für Veganer sind zum Beispiel Nüsse, Hülsenfrüchte oder Samen. „Am Anfang habe ich das viel genutzt, aber mittweile ist das Alltag für mich.“
„Das war bei mir so ein Selbstläufer“
Jana Ruland lebt schon seit mehreren Jahren vegan. Sie hat aber an einem Junitag und nicht im Januar damit angefangen. „Das war bei mir so ein Selbstläufer“, sagt die 23-Jährige. Trotzdem findet sie Aktionen wie den Veganuary gut, da das Thema Veganismus so durch die Medien viel Aufmerksamkeit bekommt.
Aber: „Es kann auch schnell zum Trendbegriff werden“, gibt Jana Ruland zu bedenken. Und Trends seien nur etwas für junge Leute, Trends kommen und verschwinden auch wieder schnell.

Jana Ruland würde sich mehr vegane Gerichte auf den Speisekarten in Halterner Lokalen wünschen. © privat
Die gebürtige Duisburgerin wohnt seit zwei Jahren in Haltern am See. Im Gegensatz zur Großstadt sei es hier schwierig, in Restaurants und Imbissen vegane Gerichte zu bestellen. „Einfach mal eine Pizza mit veganem Käse zu bestellen, geht hier einfach nicht“, sagt Jana Ruland. „Wenn man ein Gericht mit Kokosmilch statt Sahne auf der Speisekarte findet, dann hat man schon Glück.“
„Leider stimmt es, dass einige Restaurants immer noch keine Ahnung von der veganen Ernährung haben, sodass man so ‚seine‘ Restaurants hat“, stimmt Theresa Schieffers zu, die seit 2014 vegan lebt. Gleichzeitig sagt sie auch, dass das Angebot von veganen Produkten immer weiter wächst: „Dennoch hat sich hier im Vergleich zu 2014 einiges getan.“

Veganer können keinen Kraftsport machen? Unsinn, weiß Theresa Schieffers. © privat
Die Halternerin macht viel Kraftsport und Gewichtheben. Damit einher gehen oft gängige Vorurteile. „Ich habe da auch als Veganerin keine Probleme, Leistung und Kraft aufzubauen“, sagt Theresa Schieffers. „Die ständige Frage, woher man denn sein Eiweiß bekommt, ist längst überholt.“
Die bewusste Ernährung ist für die Veganerinnen in Haltern wichtig
Viele der Veganer in Haltern bevorzugen selber kochen statt Essen gehen. Laura Schürmann ist in den vergangenen Wochen und Monaten viel gereist. „Andere Kulturen haben so viele Rezepte, die komplett pflanzlich sind“, sagt die Halternerin. „Mutter Natur hat alles, was wir brauchen.“
Die 27-Jährige hat schon immer gerne gekocht und sich mit ihrer Ernährung auseinander gesetzt. Deswegen war es für sie auch nicht schwierig, sich vegan zu ernähren. Ein weiterer Vorteil: Mit ihrer pflanzlichen Ernährung hat die Halternerin mehr Energie und Kraft.

Laura Schürmann geht es gesundheitlich besser, wenn sie sich rein pflanzlich ernährt. © privat
Laura Schürmann sagt aber auch: „Eine gewisse Balance für sich zu finden, das ist das Wichtigste. Streng sollte man nie zu sich sein.“ Ein Nikolaus aus Vollmilchschokolade an Weihnachten, eine Kugel Eis im Sommer oder das Stück Kuchen beim Kaffeekränzchen mit der Familie - auch als Veganer darf es Ausnahmen geben. Die bewusste Ernährung steht im Fokus.
Mit Vorurteilen gegen vegane Lebensweise aufräumen
„Man muss sich nicht immer zu 100 Prozent vegan ernähren, aber man sollte es einfach mal versuchen“, sagt Mara Treder. Sie würde sich auch wünschen, dass „das stereotypische und abwertende Bild von Veganen verschwindet und dass die Menschen offener für das Thema werden“.

Was als Experiment für Mara Treder angefangen hat, ist mittlerweile ihr dauerhafter Lebensstil. © privat
Die 15-Jährige hatte nur wenig Rückenstärkung, als sie sich dazu entschieden hat, im April von vegetarischer auf vegane Ernährung umzusteigen. „Es gab nur wenig Leute, die mir gut zugesprochen haben oder versucht haben, meine vegane Ernährung zu verstehen“, sagt die Halternerin. „Was ich auch nachvollziehen kann. Ich musste mich auch erstmal informieren.“
Seit klein auf gerne geschrieben. Ob Tagebuch oder Postkarte. Deswegen war auch der Traumberuf in der Grundschule: Im Winter Bücher schreiben und im Sommer Eis im Eiswagen verkaufen.
