Juliana Ostendorp aus Haltern repariert Luxusuhren „Uhrmacherin wird man nicht einfach so“

Juliana repariert Luxusuhren: „Uhrmacherin wird man nicht einfach so“
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„Hörst du das Ticken im Ohr? Das ist das schönste Geräusch, wenn man eine Uhr sanft antippt und sich die Zeiger wieder wie gewohnt im Kreis drehen“, erzählt Juliana Ostendorp. Die Halternerin macht bei Juwelier Weber in Gelsenkirchen-Buer (Blindestraße 2) eine Ausbildung zur Uhrmacherin und repariert Uhrwerke aus dem Luxussegment.

Denn das Unternehmen ist auf exklusive Marken wie Rolex und Breitling spezialisiert. An ihrem Arbeitsplatz liegen Pinzetten, Kleinteile, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind, Zangen und Schrauben. Auf ihrem Kopf trägt sie eine Lupe, damit nichts übersehen werden kann.

„Klar waren Familie und Freunde über meine Entscheidung überrascht, weil ich auch niemanden kenne, der oder die das Uhrmacherhandwerk erlernt hat.“ Hinter ihrer Entscheidung für diesen eher seltenen Beruf stecke eher eine lustig-komische als eine romantische Geschichte.

„Generell wird man nicht einfach so Uhrmacherin. Alle haben entweder eine kitschige oder merkwürdige Geschichte dazu“, sagt die junge Halternerin. So war es auch bei ihr. „Ich wusste lediglich, dass ich mit meinen Händen arbeiten möchte und habe dementsprechend meine Auswahl eingegrenzt.“

Durch einen Prospekt der Handwerkskammer habe sie erfahren, dass diese Ausbildung am Berufskolleg in Recklinghausen möglich sei und habe dann erstmals über diesen Beruf nachgedacht. „Ohne dieses Prospekt wäre ich niemals auf die Idee gekommen.“

Berufskolleg in Recklinghausen

Danach folgte ein Praktikum als Goldschmiedin und auch als Uhrmacherin bei Juwelier Benkhoff (Mühlenstraße 7) in Haltern. Letztendlich habe die Faszination für das Uhrmacherhandwerk überwogen. Dennoch war es nicht so einfach: „Ich habe eine Ausbildungsstelle während des Lockdowns gesucht und das war schlichtweg unmöglich“, so die Auszubildende.

Juliana Ostendorp hat Kleinteile einer Uhr an ihrem Arbeitsplatz.
Die Ausbildung als Uhrmacherin dauert drei Jahre. © Jennifer Wachter

Deshalb habe sie sich erstmal für die dreijährige Vollzeitausbildung am Max-Born-Berufskolleg in Recklinghausen eingeschrieben. Nur dort wird in NRW dieser Ausbildungszweig angeboten. „Nachdem ich einen Ausbildungsplatz gefunden habe, bin ich auf Teilzeit umgestiegen und mache den Praxisteil außerhalb der Schule“, erklärt die Halternerin.

„Deutschlandweit ist die Schule eigentlich beliebt. Wir haben sogar eine Person aus Berlin, die für die Schule nach Recklinghausen pendelt“, erzählt Juliana Ostendorp. In ihrer Klasse seien deshalb auch knapp 30 angehende Uhrmacherinnen und Uhrmacher. Und nicht, wie man vielleicht erwarten könnte, lediglich eine Handvoll. „In Relation ist die Zahl der Nachwuchskräfte trotzdem gering.“

Uhr als Zeichen von Prestige

In Anbetracht der Digitalisierung und der zunehmenden Popularität der Smartwatches könnte der Gedanke aufkommen, dass dieser Beruf in naher Zukunft vielleicht ausstirbt. Juliana Ostendorp schüttelt selbstbewusst den Kopf: „Definitiv nicht. Denn eine Uhr zeigt nicht nur die Zeit an, eine exklusive Luxusuhr ist auch ein Zeichen von Prestige und eine sinnvolle Investition“, so die Halternerin.

Dazu kommt auch ein wichtiger Nachhaltigkeitsaspekt: „Uhren aus dem Luxussegment können fast immer repariert werden.“ Über Generationen hinweg könne man sich so auch an dem emotionalen Wert erfreuen. Deshalb hat nahezu jede Uhr, die in der Werkstatt landet, eine interessante Geschichte.

Für die Reparaturarbeiten ist neben einer ruhigen Hand vor allem auch Geduld wichtig. „Ich dachte eigentlich immer, dass ich eine ruhige Hand hätte, aber bei den Kleinteilen merkt man dann doch jedes kleinste Zittern.“

Eine professionelle Reparatur braucht Zeit: „Es geht nicht nur darum, kaputte durch neue Teile zu ersetzen, sondern auch jegliche Kleinteile zu reinigen und auch das Gehäuse zu polieren. Nur das Polieren kann schon zwei bis drei Stunden dauern“, sagt die Auszubildende.

„Am meisten Rolex repariert“

Zu Beginn habe es sie schon unter Druck gesetzt, wenn man den Preis der Uhr oder vielleicht auch die Geschichte dahinter kenne. „Aber ich habe hier einen super Ausbilder und ein gutes Team, die erklären, helfen und mich nicht unter Druck setzen“, sagt die angehende Uhrmacherin. Bis jetzt habe sie tatsächlich am meisten an Rolex-Uhren geschraubt.

„Am Ende ging es einfach nur darum, dass der Zeiger sich weiterdreht und dieses Erfolgserlebnis ist das schönste Gefühl“, erzählt Juliana Ostendorp und grinst.

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