Das rasante Voranschreiten der Digitalisierung sorgt für eine Veränderung in der Arbeitswelt. Generell sorgt aber auch der Wertewandel in der Gesellschaft und die Vorstellung eines flexiblen Arbeitsalltags dafür, dass sich weniger Azubis für außergewöhnliche Handwerksberufe interessieren und somit zu verschwinden drohen.
Diese Entwicklung beobachtet auch Steinbildhauer Alexander Lust aus Haltern. Denn in der Seestadt gibt es insgesamt nur zwei Steinmetz-Betriebe und „von meinen drei Kindern wird niemand das Geschäft übernehmen, wenn ich später in Rente gehe“, erzählt der 63-Jährige. Ein Nachkomme sei bis jetzt nicht in Sicht.
Alexander Lust kam 1994 von Kasachstan nach Deutschland: „Ich habe in meiner Heimat Kunst studiert, aber mich eigentlich nie mit Stein beschäftigt. Ich habe überwiegend Wandmalerei gemacht oder mit Holz gearbeitet“, erzählt Lust, der seinen Ausstellungsraum an der Römerstraße 8 hat, seine Werkstatt aber in Dorsten-Wulfen.
Andere Erinnerungskultur
„Ich habe in Deutschland schnell Arbeit finden müssen, weil ich für meine Familie sorgen musste.“ Er habe dann bei einem Steinmetz in Wulfen ein Probe-Relief in Stein gemacht und den Handwerksmeister überzeugen können. Erst später habe er sich dann selbstständig gemacht..
„In Russland wird ganz anders erinnert. Wir haben einfach schwarze Grabsteine mit einem Porträt. In Deutschland ist die Gestaltung viel kreativer und zum Teil auch ausgefallener.“ Deshalb mache ihm dieser Beruf auch Spaß. Aber genau das verändere sich gerade.
„Die Menschen haben keine Zeit mehr und wollen pflegeleichte und schlichte Standard-Grabsteine für wenig Geld“, so der Steinmetz. Oft seien es einfach nur kleine Rasengrabplatten ohne viel Schnickschnack oder einer Einlassung. Diese Entwicklung sorge dafür, dass das Berufsfeld eintöniger und weniger kreativ werde. „Deshalb freue ich mich immer, wenn ich auch außergewöhnliche Steinkunstwerke machen darf und die Kundschaft meinen Fähigkeiten vertraut.“
Steinmetz ist körperliche Arbeit
Schlichte Standardsteine seien nach einem Monat fertig, ein extravagantes Relief könne auch drei Monate dauern, erklärt der 63-Jährige. Erst habe er eine Vorstellung im Kopf, diese bringe er dann zu Papier. Und dann erst beginne die handwerkliche Arbeit, die auch körperlich anstrengend sei. „Weshalb der Beruf für viele auch unattraktiv geworden ist“, glaubt der Steinmetz. Außerdem fehle vielen Menschen die Flexibilität in diesem Bereich.

Der Beruf wird nicht aussterben. Davon ist Alexander Lust, der mittlerweile seit knapp 30 Jahren in Deutschland als Steinmetz arbeitet, überzeugt. „Die Menschen werden immer sterben und es wird immer Menschen geben, die auch einen Grabstein oder ein außergewöhnliches Stück für den Erinnerungsort haben wollen.“
Stein erweist oft letzte Ehre
Generell erweist dieses Handwerk einer verstorbenen Person die letzte Ehre. „Alle schauen den Stein an, wenn sie beten, sich erinnern oder trauern“, erzählt der Kasache. Deshalb liege ihm die Arbeit am Herzen.
Man könnte annehmen, dass der Umgang mit der Kundschaft überwiegend von Traurigkeit geprägt sei, aber das stimme nicht immer. „Natürlich sind die Leute manchmal traurig, aber so ist das Leben. Ich würde aber nicht sagen, dass mich das runterzieht.“ Er sehe vielmehr die Kunst und die Freude, die man den Angehörigen mit einem schönen Stein machen könne.
Welche Handwerksberufe sind in Haltern ebenfalls selten geworden? Geben Sie uns gerne einen Tipp, am besten mit Ansprechpartner, unter redaktion@halternerzeitung.de
Das Mahnmal ist ein in Stein gemeißelter Lernort - ein Denk-mal
Altes Handwerk im Wandel - Der Steinmetz fertigt jetzt auch QR-Codes
Leerstände in der Halterner Innenstadt: Wohin entwickleln sich Gantepoth und Mühlenstraße?