
Die Foodsharing-Bezirksgruppe und Tafel wollen beide auf die Lebensmittel aus drei Halterner Supermärkten zurückgreifen. (links Symbolbild) © foodsharing e.V. / Benjamin Kübart
Notlage: Halterner Tafel bittet Foodsharing auf gerettetes Essen zu verzichten
Lebensmittel
Krieg und Inflation erhöhen den Bedarf der deutschen Tafeln. Gleichzeitig gründet sich in Haltern eine Foodsharing-Gemeinschaft. Welche Gruppe hat Anspruch auf gerettete Lebensmittel?
Es gibt immer noch keine neuen Tafelausweise in Haltern. Der bisherige Lebensmittelbedarf erlaubt keine Aufnahme von bedürftigen Neukunden. Ein Ende dieses Aufnahmestopps ist nicht in Sicht. „Ganz im Gegenteil“, berichtet der zweite Vorsitzende der Halterner Tafel, Hartmut Pennekamp, „es kommen immer mehr Leute dazu, die wir abweisen müssen.“
Laut Pennekamp kämen aktuell weniger Lebensmittel bei der Halterner Tafel an als sonst – insbesondere von den Großspendern, zu denen Supermärkte im Ort gehören. „Aber wir stehen noch“, sagt er hoffnungsvoll.
Neue Foodsharing-Initiative in Haltern
Die Initiative „Foodsharing“ greift für Lebensmittelrettungen auch auf Discounter zurück. Sie schließt sich im Verein und in verschiedenen Bezirken zusammen. „Die Bezirksgruppe Haltern befindet sich aktuell in der Gründungsphase“, erklärt die lokale Foodsharing-Betriebsverantwortliche, Ann-Catrin Modro. „Das ist alles noch in den Kinderschuhen. Die Organisation läuft über die Bezirksgruppe in Marl.“
Die Mitglieder der Foodsharing-Initiative werden „Foodsaver“ genannt und holen die Lebensmittel vor dem Entsorgen aus verschiedenen Betrieben. „Containern“, also Lebensmittel aus dem Müll holen, würden die Foodsaver jedoch nicht. „Wir bemühen uns um eine saubere Abfolge.“
Die geretteten Waren lagern die Mitglieder auf ihren Privatgrundstücken. Später werden sie dann verteilt. „Wir bieten so eine Verteilung an und geben zuerst bekannt, dass Ware vorhanden ist“, sagt Ann-Catrin Modro. „Dann können sich Interessierte in eine Liste eintragen, geregelt vorbeikommen und etwas mitnehmen.“
Wer das Foodsharing-Angebot wahrnehmen möchte, kann über die Webseite der Initiative Kontakt aufnehmen. Die Gruppe spricht sich außerdem über soziale Netzwerke und Chatgruppen ab.
„Wir nehmen Abstand von Religion und wirtschaftlichen Verhältnissen“, sagt Modro. Im letzten Punkt unterscheidet sich das Foodsharing-Angebot von der Arbeitsweise der Halterner Tafel, denn hier ist ein Nachweis über Bedürftigkeit nötig.
Foodsharer und Tafel uneins über Absprache
Bislang seien beide Organisationen zu keiner zufriedenstellenden Zusammenarbeit gekommen. Mit dem aktuellen Aufnahmestopp befinde man sich „in einer Ausnahmesituation“, meint der erste Vorsitzende der Halterner Tafel, Ludwig Borger. „Wir hatten vor einiger Zeit ein Gespräch mit der Foodsharing-Initiative. Nach einer Absprache auf Bundesebene hat die Tafel Vorrang.“
Er bat die Foodsaver zudem, ihre geretteten Lebensmittel zur Tafel zu bringen. Das sei jedoch noch nicht passiert. „Unser Wunsch ist, dass sich das Foodsharing in Haltern für die Dauer der Ausnahmesituation zurückhält.“
Auf Anfrage der Redaktion pflichtet Modro einem Teil der Absprache bei: „Erst kommt die Tafel. Was dann übrig bleibt, nehmen unsere Foodsaver mit. Wir wollen der Tafel nichts wegnehmen und nehmen auch Dinge, welche die Tafel nicht haben will – zum Beispiel Ware über der Mindesthaltbarkeit oder mit Mängeln.“
Trotzdem holten die Foodsaver weiterhin Lebensmittel aus den Supermärkten und verteilen sie untereinander. „Eigentlich hatten wir uns eine Win-win-Situation erhofft. Wir würden gerne die Kooperation mit der Tafel erweitern und sie von Lebensmitteln entlasten, die entsorgt werden sollen.“ Das nächste Gespräch der Foodsharing-Berzirksgruppe mit dem Tafelvorstand soll im Juni stattfinden.
Tafel ist auf Spenden angewiesen
Borger erklärt: „Im Namen der Tafel möchte ich mich für die vielen netten Geldspenden bedanken, die uns in der letzten Zeit erreicht haben.“ Die Tafel nimmt am Dienstag und Donnerstag bis 13 Uhr auch Lebensmittelspenden entgegen.
Sie ist außerdem auf der Suche nach ehrenamtlichen Fahrern. Die Organisation stellt ihre Fahrzeuge zur Verfügung, erforderlich ist lediglich ein Führerschein der Klasse B. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite der Halterner Tafel.
Geboren im Ruhrgebiet, kann auch die B-Seiten auf „4630 Bochum“ mitsingen. Hört viel Indie-Rock. Hat das Physikstudium an der Ruhr-Uni durchgespielt und wurde Journalist. Liebt tiefe Recherchen, Statistiken und „The Big Lebowski“. Sieht lokale Geschichten im großen Kontext und erzählt sie in Schrift, vor dem Mikro und der Kamera.
