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Aufnahmestopp bei der Halterner Tafel: „Das haben wir noch nie gemacht“
Hilfsorganisation
Krieg und Inflation belasten die deutschen Tafeln. In Haltern können aktuell keine bedürftigen Neukunden bedient werden. Um die Situation zu verbessern, bittet die Organisation um Hilfe.
Die Nachfrage nach Lebensmitteln an den deutschen Tafeln ist groß – und sie wächst weiter. Der Dachverband „Tafel Deutschland e.V.“ sieht darin die Folgen des Krieges in der Ukraine. Energie und Lebensmittel kosten mehr und Menschen können sich diese Preise nicht leisten.
In Haltern kümmern sich über 50 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer um die Verteilung von Lebensmitteln. Seit mehr als einem halben Jahr ist Ludwig Borger ihr erster Vorsitzender. Er erklärt: „Für eine Spende von 3 Euro geht hier keiner leer aus. Der Warenwert ist dann das 20- oder 30-fache.“ Voraussetzung ist ein Tafelausweis, der die Bedürftigkeit nachweist. Er kann üblicherweise mit einer Bescheinigung des Sozialamts oder Jobcenters ausgestellt werden.
Im Januar haben damit über 260 Haushalte das Angebot angenommen, verrät der Vorstand. „So ein Haushalt kann aus einer Person bestehen, manchmal sind es aber auch sechs oder sieben“, so Borger. Deshalb hat die Tafel zu Anfang des Jahres über 600 Menschen versorgt, ein Drittel davon seien Kinder.
Jetzt versorge die Organisation über 700 Menschen in mehr als 300 Haushalten. Darunter befinden sich auch Geflüchtete aus der Ukraine. „In den letzten Wochen sind mindestens 40 Neuanmeldungen dazugekommen“, schildert der 58-Jährige. Wenn die Tafel dienstags oder donnerstags öffnet, kommen im Schnitt 70 bis 80 Haushalte vorbei.
Halterner Tafel stellt keine neuen Ausweise mehr aus
Am 19. April entschied sich die Halterner Tafel dazu, die Stadt zu kontaktieren. Sie bat darum, keine neuen Berechtigungen zu vergeben, mit denen Tafelausweise erstellt werden können. „Das tun wir sehr ungern, weil es unser Job ist“, sagt Borger. „Das tut weh.“
Mit der hohen Anfrage befände man sich in einer besonderen Situation. „Das haben wir noch nie gemacht. Aber wir wollen, dass unsere Kunden eine volle Tüte kriegen. Wir wollen sie nicht mit einer halben Tüte verabschieden.“ Wer bereits einen Tafelausweis hat, kann diesen jedoch weiterhin erneuern.
Der aktuelle Stopp sei in erster Linie dazu gedacht, einen Überblick zu erhalten, erläutert Margit Bandy-Drewello. Die 67-Jährige engagiert sich als Kassenwartin im Vorstand der Tafel. „Wir müssen erstmal erfahren wie viele Menschen regelmäßig vorbeikommen und wieviel übrig bleibt.“

Der Vorstand und die Spenderin. Von rechts: Erster Vorsitzender Ludwig Borger, Provinzial-Geschäftsstellenleiterin Bärbel Humberg, zweiter Vorsitzender Hartmut Pennekamp, Schriftführerin Ingrid Overhaus und Kassenwartin Margit Bandy-Drewello. © Benjamin Kübart
Die Tafel sei jetzt besonders auf Spenden angewiesen. Dazu gehören nicht nur Lebensmittel-, sondern auch Geldspenden, wie die des Vereins „Provinzialer in Westfalen-Lippe helfen“. Bärbel Humberg ist Geschäftsstellenleiterin der Halterner Provinzial Versicherungen-Filiale und übergab der Tafel eine Spende in Höhe von 4.000 Euro.
Mit diesen Mitteln sollen Fixkosten bezahlt werden, „zum Beispiel Energiekosten für unsere Kühlhäuser oder Sprit für die Autos“, erläutert Borger. Wenn Geldspenden für Lebensmittelkäufe genutzt werden sollen, sollte der Verwendungszweck der Überweisung „Spenden für Lebensmittel“ enthalten.
Die Tafel nimmt Lebensmittelspenden am Dienstag und Donnerstag bis 13 Uhr entgegen. Sie sucht außerdem nach Fahrern und Helfern für die Ausgabe. Die Fahrer nutzen die Fahrzeuge der Organisation und benötigen einen Führerschein der Klasse B. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite der Halterner Tafel.
Geboren im Ruhrgebiet, kann auch die B-Seiten auf „4630 Bochum“ mitsingen. Hört viel Indie-Rock. Hat das Physikstudium an der Ruhr-Uni durchgespielt und wurde Journalist. Liebt tiefe Recherchen, Statistiken und „The Big Lebowski“. Sieht lokale Geschichten im großen Kontext und erzählt sie in Schrift, vor dem Mikro und der Kamera.
