„Oh, die Blumen hab ich am liebsten.“ Tina Miroyan ist seit Jahren Kundin bei der Tafel in Haltern und für die Unterstützung dankbar.

© Irina Höfken

Voller Kühlschrank und mehr: Halterner Tafel verbessert Tina Miroyans Leben

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Eine Tonne Lebensmittel wandert bei der Tafel in Haltern wöchentlich über die Tresen. Für eine dreifache Mutter aus Haltern bedeutet diese Unterstützung mehr als ein voller Kühlschrank.

Haltern

, 30.01.2022, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein weißer Container mit orangefarbener Aufschrift an der Recklinghäuser Straße: Außerhalb ihrer Öffnungszeiten kommt die Tafel in Haltern eher unscheinbar daher. Das Äußere spielt auch eine untergeordnete Rolle, das Innere zählt: „Alles wird teurer. Hier bekomme ich immer perfektes Obst und Gemüse. Wenn ich hier war, müssen wir in der Woche weniger einkaufen. Und können besser leben“, sagt Tina Miroyan.

Unterstützung durch die Tafel: „So viel raustragen, wie sie können“

Die 29-Jährige steht an diesem Donnerstag wieder in der Warteschlange. „Oh, es gibt wieder Blumen“, sagt sie. „Die mag ich am liebsten.“ Als sie das sagt, kommt ihr Lächeln direkt in den Augen an. Die sieht man. Ihr Mund ist unter der Maske verborgen. Sie deutet auf eine Frau, die neben einer riesig gepackten Einkaufstüte mit einer Orchidee im Arm aus der Tür kommt. Während sie in der Warteschlange steht, erzählt sie: „Ich bin 2017 mit meiner Familie aus Armenien nach Deutschland gekommen. Mit meinem Mann und meinen drei Töchtern leben wir seitdem in Haltern. Auch meine Schwiegermutter ist mit dabei.“

Tina packt sich die Einkaufstasche voll mit Gemüse und Obst.

Tina packt sich die Einkaufstasche voll mit Gemüse und Obst. © Irina Höfken

Tina Miroyan ist eine von 600 Menschen, die wöchentlich Unterstützung bei der Tafel in Haltern suchen. Für 3 Euro können sie „so viel raustragen, wie sie können“, sagt Ludwig Borger. Im August ist er zum neuen Chef der Tafel gewählt worden. Ein Jahr lang ist er schon fest im Team. Angefangen hat er damit, Brot- und Wursttouren zu fahren. Heißt: Die Waren bei den Supermärkten abzuholen.

„Jetzt halte ich die Fäden zusammen.“ Eine Tonne Lebensmittel werden pro Woche an die Halterner Tafel gespendet und die wiederum an jedem Dienstag und Donnerstag verteilt. „Man muss sich das wie ein Unternehmen vorstellen. Alles muss passen.“

Ludwig Borger ist seit einem halben Jahr neuer Tafel-Chef in Haltern am See.

Ludwig Borger ist seit einem halben Jahr neuer Tafel-Chef in Haltern am See. © Irina Höfken

Starke Community: Tafel gibt ihren Kunden mehr als Essen

Für Borger ist die ehrenamtliche Arbeit seine Vorbereitung auf den Ruhestand. Denn die Beine hochzulegen und nichts zu machen, kann sich der 58-Jährige nicht vorstellen. „Obwohl ich das zwischendurch natürlich auch mal gerne mache.“ Er lacht. „Ich habe ein ganz positives Gefühl, wenn ich am Abend nach Hause komme. Man hilft den Menschen, dass der Kühlschrank voll wird.“

Etwa eine Tonne Lebensmittel wandert bei der Tafel wöchentlich über die Tresen.

Etwa eine Tonne Lebensmittel wandert bei der Tafel wöchentlich über die Tresen. © Irina Höfken

Und nicht nur das. Als Tina Miroyan noch keinen Sprachkurs besuchen konnte, hat sie die deutschen Zahlen zuerst bei der Tafel in Haltern gelernt, erinnert sie sich. Seitdem hat sie schon mehrere Deutsch-Kurse gemacht: „Ich freue mich, dass ich das schaffe mit drei Kindern.“

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Sie packt Radieschen, Paprika und Co. in ihre Einkaufstasche und geht zum nächsten Schalter. „Haben Sie auch Öl?“ Die Frau hinter der Plexiglasscheibe nickt und reicht ihr die Flasche. Gemüse, Milchprodukte, Haltbares wie Süßigkeiten sowie Brot und Kuchen gibt es jeweils an unterschiedlichen Ausgaben. Ihre drei Mädchen zu Hause kriegen bei Trinkjoghurt und Schokolade funkelnde Augen, verrät Tina. Gerade ist die dreifache Mutter in Elternzeit. Danach macht sie mit ihrer Ausbildung als Friseurin weiter. Als Kundin bei der Tafel hatte sie einen guten Start, um in Haltern ankommen zu können. Für die Unterstützung ist sie dankbar.

Gudrun Deitermann verteilt an diesem Donnerstag das Gemüse an die Halterner Kunden der Tafel.

Gudrun Deitermann verteilt an diesem Donnerstag das Gemüse an die Halterner Kunden der Tafel. © Irina Höfken

Ziele für die Zukunft: ein großes Sommerfest

Große Ziele haben sich der neue Tafel-Chef und seine drei Mitstreiter des Vorstands nicht gesteckt. Was sie sich für die Zukunft wünschen, ist, „Normalität trotz Corona hinzubekommen“. Durch die große Unterstützung spendabler Spender und die rund 50 Ehrenamtlichen, die den Betrieb wuppen, hat er aber keine Sorgen, dass das nicht klappt. Eine Wunschvorstellung hat er aber doch: ein Sommerfest mit allen ausrichten zu können. „Die Community ist stark. Es wäre schön, wenn sich Team und Kunden auch mal außerhalb der Zeiten treffen.“ Das klappt aber natürlich erst, wenn „Corona kein Thema mehr ist“.

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