Silke Hockmann fragt sich: Warum gibt es keine Biotonne in Haltern?

Silke Hockmann fragt sich: Warum gibt es keine Biotonne in Haltern? © Anne Schiebener

Keine Biotonne in Haltern: „Natur und Umwelt sind der Stadt ziemlich egal“

rnMüllentsorgung

Silke Hockmann will ihren Bioabfall getrennt sammeln, um einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz zu leisten. Das Problem in Haltern: Es gibt keine Biotonnen. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Haltern

, 30.05.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Als Silke Hockmann vor einem Jahr nach Haltern am See gezogen ist, stand sie vor einem Problem: Wohin mit ihrem Biomüll? „Ich koche sehr viel mit frischen Zutaten. Also produziere ich auch ganz viel Biomüll. Zwiebelschalen, Kartoffelschalen, und so weiter“, zählt Silke Hockmann auf. „Aber ich lebe in einem Mietshaus ohne Komposthaufen. Und es gibt weder eine Biomülltonne noch eine Sammelstelle in der Stadt für Biomüll.“

Kurzerhand hat die Neu-Halternerin bei der Abfallwirtschaft nachgefragt, warum es keine Biotonne gebe. Und ob es nicht an der Zeit wäre, eine einzuführen. „Daraufhin wurde mir eine Grüne Tonne zum Vorzugspreis angeboten“, berichtet Silke Hockmann von ihrer Erfahrung.

Grüne Tonne in Haltern ist nur für Gartenabfälle - nicht Biomüll

Doch das Problem bleibt: Biomüll gehört nicht in die Grüne Tonne. In die Grüne Tonne dürfen nur Gartenabfälle. Genauso wenig gehört der Bioabfall in die Restmülltonne, dort kann er nämlich nicht verwertet werden.

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Zum Restmüll gehören zum Beispiel Zigarettenkippen, Grillasche, Windeln und Hygieneartikel, Tierstreu, alte Textilien, zerbrochenes Geschirr, Backpapier, Kerzenreste und Staubsaugerbeutel. Aber auch Speisereste wie Knochen oder Verpackungen mit verdorbenen Lebensmitteln. Kurz: alle Abfälle, die nicht anderweitig entsorgt oder verwertet werden können.

Anders ist es beim Biomüll. In der Biotonne können Reste von frischem Salat, Gemüse, Speisereste und natürlich auch Gartenabfälle wie Grasschnitt oder Strauchschnitt entsorgt werden. Diesen Bioabfall getrennt zu sammeln, leistet einen wichtigen Beitrag zu Natur- und Klimaschutz.

Kompostierungsanlagen stellen aus Biomüll Düngemittel her. Nasse Bio- und Speiseabfälle eignen sich zur Erzeugung von Biogas. Und die Gärreste aus den Biogasanlagen können anschließend wiederum auch als Dünger weiterverwendet werden. „Es ist eine wahnsinnige Verschwendung, wenn mein Bioabfall im Restmüll landet“, sagt Silke Hockmann.

Grüne Tonne ist kostengünstiger als Biotonne

Wieso setzt die Stadt Haltern also auf die Grüne Tonne statt der Biotonne? „Die Grüne Tonne ist aktuell bedeutend günstiger als die Biotonne“, sagt Stadtsprecherin Sophie Hoffmeier auf Anfrage, „und das bisherige Sammlungssystem wird von den Bürgern sehr gut angenommen und in finanzieller Hinsicht voll akzeptiert.“ Außerdem sei das Grüngut, das in der Grünen Tonne gesammelt wird, der „weitaus größte Anteil am Bioabfall“, so die Stadtsprecherin.

Bislang gibt es keine Biotonne in Haltern am See. (Symbolbild)

Bislang gibt es keine Biotonne in Haltern am See. (Symbolbild) © picture alliance / Armin Weigel/dpa

„Sauerei“, nennt Silke Hockmann das Argument der zu hohen Kosten für eine Biotonne. „Wir wissen nicht, wie wir über den nächsten Winter kommen sollen. Dabei können wir auf einfache Weise Biomüll nutzen. Das Geld wäre ausschlaggebend? Das glaube ich nicht. Das ist Unwille. Die Natur und Umwelt sind der Stadt ziemlich egal.“

Halterner kompostieren ihren Bioabfall meist im eigenen Garten

Die Stadt Haltern führt jedoch einen weiteren Grund auf, warum es keine Biotonne in der Seestadt gibt. „In ländlichen Regionen ist die flächendeckende Einführung der Biotonne erfahrungsgemäß meist unwirtschaftlich“, so Sophie Hoffmeier.

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Das würde daran liegen, dass zahlreiche Grundstücksbesitzer Bioabfälle in ihrem Garten selbst kompostieren. Diese würden laut Stadt das Angebot einer Biotonne also gar nicht wahrnehmen. „Ein Anschluss- und Benutzungszwang für eine Biotonne für alle Grundstücke in Haltern am See ist nicht praktikabel“, sagt sie.

Viele Halterner kompostieren ihre Bioabfälle im eigenen Garten. (Symbolbild)

Viele Halterner kompostieren ihre Bioabfälle im eigenen Garten. (Symbolbild) © picture alliance/dpa/dpa-tmn

Der Naturschutzbund (Nabu) gibt auf seiner Internetseite aber an, dass das eine das andere nicht ausschließen muss. „Auch wenn Sie selbst im eigenen Garten kompostieren, kann eine Biotonne unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sein“, schreibt der Nabu. Nämlich dann, wenn in der Küche mehr Bioabfall anfällt, als im Garten benötigt wird. „Biotonne und Komposthaufen widersprechen sich also nicht, sondern ergänzen sich vielmehr. Das melden auch Landkreise, die trotz hohem Eigenkompostiereranteil die Biotonne erfolgreich eingeführt haben“, so der Nabu.

Öffentliche Sammelstelle für Biomüll noch nicht in Betracht gezogen

Wäre eine öffentliche Sammelstelle für Biomüll ein Kompromiss? Bislang wurde dies von der Stadtverwaltung nicht in Betracht gezogen, da „erfahrungsgemäß die Kontrollen sehr zeitintensiv sind“, sagt Sophie Hoffmeier. „Mitunter ist auch nicht einzuschätzen, inwieweit dies in Anspruch genommen werden würde. Aktuell sind die Bioabfälle über den Restmüll zu entsorgen, sofern keine Eigenkompostierung erfolgen kann.“

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Das macht Silke Hockmann wütend. „Wenn ich einen Garten hätte, würde ich das machen“, sagt sie. „Aber ich habe keinen Platz für einen eigenen Kompost.“ Sie sieht die Stadt in der Pflicht, auch für die Bürgerinnen und Bürger eine sinnvolle Alternative anzubieten, um Biomüll entsorgen zu können. „Die Biotonne ist ein System, das sich bewährt hat“, sagt sie. „Totschweigen ist kein Argument.“

Die Stadt Haltern prüfe regelmäßig neu, ob sich die Einführung einer Biotonne aus wirtschaftlicher Sicht lohnen würde. Zuletzt wurde dies im vergangenen Jahr geprüft. „Da die Kosten für die Biotonne aktuell sinken, kann es durchaus sein, dass auf lange Sicht auch bei uns in Haltern am See die Biotonne etabliert wird“, macht Sophie Hoffmeier Hoffnung.