
Jos de Bruin ist so etwas wie ein Wolfsflüsterer. Er hat sehr viel Expertenwissen über die Tiere angesammelt und pflegt eine enge Beziehung zu ihnen. © Silvia Wiethoff (Archiv)
Haltern ist Wolfsterritorium - Jos de Bruin: „Die Anerkennung kommt zu spät“
Wolfsnachweis
Nun ist es amtlich: Ein Wolf hat sich dauerhaft in Halterns Wäldern niedergelassen. Wolfsbotschafter Jos de Bruin findet, diese Anerkennung hätte viel früher erfolgen müssen.
Nach aktuellem Kenntnisstand bewegt sich ein Wolfsrüde mit der Kennzeichnung GW2347m vorwiegend in den Wäldern der Hohen Mark nördlich der Lippe zwischen Reken und Haltern am See. Nach den bundeseinheitlichen Monitoringstandards gilt das Tier jetzt als territorial, weil es länger als sechs Monate im selben Gebiet individuell nachgewiesen wurde.
Von Wölfen in der Region war in jüngster Vergangenheit schon oft die Rede. Dass sich nun eines der Tiere im Raum Haltern niedergelassen hat, wie es das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) gerade meldete, kam dann doch überraschend. Für die Halterner Zeitung schätzte Wolfsexperte Jos de Bruin diese Nachricht ein.
„Die Anerkennung als Wolfsterritorium sollte zügiger erfolgen“
„Ich glaube, die Anerkennung als Wolfsterritorium kommt zu spät“, erklärte Jos de Bruin, der eine eigene Auffangstation für Wölfe in Sonsbeck betreibt und in Haltern mit dem Wildpark Granat zusammenarbeitet, wo er im Wolfsgehege gerade einen neuen Welpen eingewöhnt.

Holger Beckmann betreibt den Naturwildpark Granat. © Jürgen Wolter (Archiv)
Aus seiner Sicht sollte eine Anerkennung in Verbindung mit der möglichen Genehmigung von Ausgleichszahlungen an Schäfer oder andere Tierhalter schon zwei Monate nach der regelmäßigen Sichtung eines Wolfes erfolgen. So könnten Schafe & Co. schneller geschützt werden.
Der Wolf sei nämlich ein Raubtier, das gerne faul sei. Statt mit erheblichem Aufwand Rehe zu jagen, mache er sich über die viel einfachere Beute vor seiner Nase, beispielsweise Schafe, her. Würden diese schneller geschützt, werde vermieden, dass der Wolf positive Erfahrungen mit diesem Beutetier macht.

Riss eines Schafes im Wolfsgebiet Schermbeck © privat
Im Raum Haltern stehe dem Wolfsrüden viel Wild zur Verfügung. Das Raubtier rieche an den Losungen, ob es als Beutetier infrage kommt. So kann der Wolf wittern, ob es sich um ein altes, krankes und schwaches Tier handelt, oder ob da gerade eine Wildschweinbache mit ihren Frischlingen unterwegs ist. Auf seiner Jagd durchstreift ein Wolf ein Territorium von bis 200 Quadratkilometern.
Auch am Wildpark Granat ist der Wolfsrüde schon vorbeigekommen. Das hätten Jäger festgestellt, so Jos de Bruin. „Ich hoffe gemeinsam mit meinem Chef, dass er nicht reinkommt“, erklärte der als Botschafter der Wölfe bekannt gewordene Niederländer. Ein ausreichendes Wildvorkommen verhindere nicht, dass sich ein Wolf für leichtere Beute in seinem Gebiet entscheidet, wenn man ihn lässt.

Mit seinen sensiblen Sinnen nimmt der Wolf jede Bewegung in seiner Umwelt auf. © Silvia Wiethoff (Archiv)
Jos de Bruin nennt das Beispiel von Wölfin Gloria, die sich als Problemtier im Raum Schermbeck und Hünxe einen Namen gemacht und dort sogar Ponys gerissen hat. Dass Gloria und der Halterner Wolf sich einmal bei ihren Streifläufen treffen könnten, schließt Jos de Bruin aus. „Jeder hat sein Revier“, erklärt er. Es sei aber möglich, dass sich Glorias Welpen aus dem letzten Jahr mit zunehmender Selbstständigkeit nach Haltern auf den Weg machten.
Die Jungtiere müssten dafür zwar die Autobahn (A31) queren, aber das sei durchaus möglich, so de Bruin. Außerdem könnte es sein, dass ein weiterer Wolf aus Niedersachsen, der Heimat von GW2347m, nach wandert. Sollten es weibliche Tiere bis nach Haltern schaffen, könnte hier bald auch ein Rudel zu Hause sein.
Radfahrer oder Spaziergänger in der Hohen Mark müssen laut Jos de Bruin übrigens keine besondere Furcht vor dem aktuell neuen Bewohner des Waldes haben. „Die Tiere sind von Natur aus sehr scheu“, schließt er eine Begegnung zwischen Mensch und Wolf aus. Der Mensch sollte auch nicht aktiv die Nähe des wilden Wolfes suchen (und womöglich Futter auslegen). „Wildtiere sollten wild bleiben“, sagt der Wolfsflüsterer.
Niederländer pflegt Wolfsgehege in Haltern
Jos de Bruin betreut seit vielen Jahren das Wolfsgehege im Naturwildpark Granat. Mittwochs trifft man ihn dort beim Saubermachen des Geheges und Füttern, sonntags gegen 14 Uhr bringt der Niederländer zwei Welpen aus seiner eigenen Auffangstation in Sonsbeck mit. Weil eines der Tiere auf Dauer im Wildpark Granat verbleiben soll, findet gerade die Eingewöhnung statt.Jeder Mensch hat eine Geschichte zu erzählen und hinter jeder Zahl steckt eine ganze Welt. Das macht den Journalismus für mich so spannend. Mein Alltag im Lokalen ist voller Begegnungen und manchmal Überraschungen. Gibt es etwas Schöneres?
