Michael Halberstadt, hier in der Radstation der Halterner Jugendwerkstatt, ist beim Caritasverband Ostvest für Arbeitsmarktintegration zuständig.

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Förderung von Langzeitarbeitslosen: Erfolgsmodell ist gefährdet

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Das Teilhabechancengesetz hat allein im Kreis Recklinghausen 600 Langzeitarbeitslosen zu einer neuen Stelle verholfen. Jetzt werden die Mittel gekürzt. Der Caritasverband stellt Forderungen.

Haltern

, 28.04.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es ist ein Erfolgsmodell, mit dem Langzeitarbeitslose wieder eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt erhalten: 2019 trat das Teilhabechancengesetz in Kraft, doch jetzt gerät es schon wieder in Gefahr, weil Finanzmittel gekürzt werden.

„Das Wichtigste für Langzeitarbeitslose ist nicht das Geld“, sagt Michael Halberstadt, Leiter der Jugendwerkstatt Haltern, bei der insgesamt 12 Langzeitarbeitslose durch dieses Programm neue Arbeitsplätz gefunden haben. „Das Wichtigste ist das Selbstwertgefühl. Ich habe wieder einen geregelten Tag, ich arbeite in einem Team mit Menschen zusammen, habe neue Kollegen. Das verändert das ganze Leben!“

Durch das Gesetz (§16i) werden Personen gefördert, die länger als sechs Jahre arbeitslos sind. Ihr sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis wird in den ersten zwei Jahren mit je 100 Prozent, danach mit 90, 80 und 70 Prozent gefördert. Gesamtdauer: fünf Jahre. Zwei Jahre dauert die Förderung nach §16e. Diese erhalten Personen ab zwei Jahren Arbeitslosigkeit, die Förderung beträgt 75 beziehungsweise 50 Prozent.

Kürzungen um 200 Millionen Euro

Insgesamt rund 600 Personen sind im Kreis Recklinghausen durch dieses Gesetz aus der Langzeitarbeitslosigkeit wieder in Beschäftigungsverhältnisse gekommen. Neben den 12 bei der Jugendwerkstatt angestellten haben weitere 15 Coachings in Anspruch genommen. „Insgesamt haben wir also 27 Personen betreut“, so Michael Halberstadt. Die Jugendwerkstatt befindet sich in Trägerschaft des Caritasverbandes Ostvest. Die Radstation und das Fair-Kaufhaus gehören dazu.

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Die Mittel sollen nach Planungen des Finanzministeriums um 200 Millionen Euro gekürzt werden, obwohl schon jetzt mangels Geldes keine weiteren Langzeitarbeitslosen mehr in das Programm aufgenommen werden können.

Die Caritas fordert allerdings schon seit Inkrafttreten, diese Befristung aufzuheben, und die Ampelregierung hat dies im Koalitionsvertrag auch vorgesehen. „Letztlich würde der Staat dabei sparen und nicht mehr Geld ausgeben, weil durch die versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse auch wieder Steuern in die Staatskasse fließen“, sagt Michael Halberstadt, der beim Caritasverband Ostvest für den Fachbereich Arbeitsmarktintegration zuständig ist.

Beschäftigungshindernisse sind nicht ausgeräumt

Aus Sicht von Michael Halberstadt müsste die Förderung gestärkt und dauerhaft angelegt werden, wie es für Menschen mit Behinderungen geregelt ist. Natürlich habe es einen positiven Effekt, wenn jemand wieder Beschäftigung findet, Neues lernt und sich wieder an Arbeit gewöhnt.

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Aber man dürfe nicht der Illusion unterliegen, dass damit alle vorher bestehenden Beschäftigungshindernisse ausgeräumt sind: „Sie sind nach fünf Jahren nicht jünger und gesünder und können keinen besseren Schulabschluss nachweisen“, sagt Halberstadt. Trotzdem sei es allemal besser, Arbeit zu fördern, statt weiter Hartz IV zu zahlen.