Zorn und Mitgefühl bei Info-Veranstaltung für Hannibal-Mieter

Zweieinhalb Wochen nach Räumung

Zweieinhalb Wochen ist der Dorstfelder Hannibal-Wohnblock mit seinen über 400 Wohnungen jetzt geräumt. Am Montag, bei der zweiten Info-Veranstaltung für die Mieter, zeigte sich: Der Druck, unter dem Menschen und Stadt stehen, ist groß. Und wird nicht geringer.

DORSTFELD

, 10.10.2017, 10:29 Uhr / Lesedauer: 2 min
Ein Blick in die Dasa-Halle vor Beginn der zweiten Informationsveranstaltung. Währenddessen waren Bild- und Tonaufnahmen nicht gestattet.

Ein Blick in die Dasa-Halle vor Beginn der zweiten Informationsveranstaltung. Währenddessen waren Bild- und Tonaufnahmen nicht gestattet.

Irgendwann, die Diskussion in der Dasa lief schon rund anderthalb Stunden, stand da eine Frau und sprach zwei Sätze. Einer davon war eine Sichtweise, einer eine Frage: „Die Stadt hat uns auf die Straße gesetzt. Wann bekommen wir Ersatzwohnungen?“

Die Stadt als die Institution, die den Menschen das Heim genommen hat, die ist, und so sehen das nicht wenige der rund 150 Betroffene, auch verantwortlich, für gleichwertigen Ersatz zu sorgen. Nicht für Zimmer in Gemeinschaftsunterkünften, nicht für Provisorien, in denen das Leben an den Nerven zehrt und Beziehungen auf harte Proben stellt.

Wer zahlt die Fahrten? Wo soll man waschen?

Probleme allenthalben, im täglichen Leben: Wer zahlt die Fahrten durch das Stadtgebiet? Wo soll man waschen, wenn man bei Freunden oder Verwandten wohnt? Wie, so ein Vater, der androhte, mit seinen drei Kleinkindern (2, 5, und 7) im Wagen vor einem städtischen Büro schlafen zu wollen, soll man das erklären? Und wie um Gottes Willen bringt man seine Kinder aus so einer Situation heraus?

Der Hannibal in Dorstfeld ist ein städtebaulicher Koloss, man kann ihn auch aus der Dasa-Halle heraus sehen, und so groß, wie er da steht, so große Probleme macht er auch. Und so sehr man mit den Menschen auch mitfühlen kann in ihrer Verzweiflung, so sehr kann man das wenig Zielführende in einer Diskussion spüren, bei der drei Parteien miteinander reden müssten, aber eine einfach fehlt: Intown, der Vermieter, der sich selber in verschickten Pressemitteilungen auch Eigentümer nennt, war nicht erschienen. Einmal mehr.

Intown fehlt bei Info-Veranstaltung ohne Angabe von Gründen

Bei der ersten Veranstaltung zum Thema war kein Vertreter der Firma vor Ort. Und am Montag erneut nicht, wie es hieß, ohne Angaben von Gründen. Dabei wäre es doch Aufgabe dieser Firma gewesen, den Menschen, mit denen sie Mietverträge hat, zu sagen, wie sie sich die nähere Zukunft vorstellt. Was sie anbietet. Wie sie und ob sie, um es salopp zu fahren, die in den Dreck gefahrene Karre wieder flott machen will. Oder, wie es Oberbürgermeister Ullrich Sierau sagte: „Schuld ist der Eigentümer.“ Doch der war nicht da.

Und so steht dann also eine Stadt im Fokus des berechtigten Zorns der Menschen – ausgelöst durch eine Räumung, zu der die Stadt rechtlich verpflichtet war. Aber was interessieren Recht und Gesetz, wenn man nicht weiß, wohin mit sich, den Kindern?

Oder wenn man in der Klausurenphase steckt, so wie die Studentin, die im Verlauf der Diskussion irgendwann anfängt, sich fürchterlich aufzuregen, sie zetert und schreit. Und auch, wenn man nicht alles versteht, die Stimme der Frau bricht, ihre Verzweiflung ist greifbar.

Was bleibt, ist Mitgefühl und Zorn

Sozialamtsleiter Jörg Süshardt erläutert emphatisch, erklärt verständnisvoll Verfahrenswege. Krisenstabs-Leiter Ludger Wilde äußert sich sachlich. Sierau verteidigt die Position der Stadt. Es wird auch mal laut im Publikum, die eine große Eruption aber bleibt aus.

So wie die große Lösung. Aber wo soll die auch herkommen, wenn Intown sich nicht rührt und sich nicht äußert? So bleibt im Moment nur Mitgefühl für die Betroffenen. Und Zorn. Was beides nicht hilft.

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