
© Bastian Pietsch
Wohnungslosenhilfe: Rund 200 Dortmunder kamen zur Armenspeisung am Rathaus
Aktion zum Tag der Armut
Eigentlich ist es eine schöne Veranstaltung: Open-Air-Gastronomie vor dem Rathaus sozusagen. Nur die Gesprächsthemen bei der Armenspeisung am Wochenende sind etwas anders.
Auf dem Friedensplatz hat am Sonntag (17.10.) eine besondere Pop-Up-Gastronomie geöffnet. Mehrere Stunden lang konnten sich rund 200 Gäste vor Rathauskulisse an der frischen Luft bewirten lassen. So in etwa würde dieser Text anfangen, wenn es nicht um eine Armenspeisung ginge.
Geht es aber. Zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut haben Bodo, das Gast-Haus, die Kana-Suppenküche und der Herzensbus (Malteser) auf den Friedensplatz eingeladen. Gekommen sind viele, die in Dortmund arm sind: Wohnungslose und Menschen mit Wohnung.
Der Winter ist die Herausforderung
Etwa 9 Grad sind es am Sonntag. „Das ist so ein Zeitpunkt, wo man merkt, es wird langsam kühler. Und das ist oft die große Herausforderung: die Menschen durch den Winter zu bringen“, sagt Bastian Pütter, Redaktionsleiter von Bodo.
Die Armenspeisung sei auch eine Gelegenheit, „um auf die Lücken bei der Wohnungslosenhilfe hinzuweisen und aus dem Hilfenetzwerk zu erzählen“. In erster Linie sei aber eine Chance für arme Menschen zusammen zu kommen, etwas warmes zu essen und sich auszutauschen.
Nach über zwanzig Jahren Arbeit in die Wohnungslosigkeit
Stratos Theodoridis ist Bodo-Verkäufer und auch zum Essen da. Bis Ende 2020 hatte er keine Wohnung. „Der erste Lockdown war schlimm. Auf einmal sind wir komplett abgeschottet worden. Wir hatten keine Hygienemöglichkeiten mehr. Ich habe dann ab und an eine Flasche Wasser zum Waschen gekauft und Tücher benutzt.“

Stratos Theodoridis war bis Ende 2020 wohnungslos und am Sonntag Gast bei der Armenspeisung am Rathaus. © Bastian Pietsch
Stratos Theodoridis sagt, er sehe positiv in die Zukunft. „Dass die Leute mal ein bisschen nachdenken, wie das für Leute war, die gar nichts haben. Und ich glaube, dass sich durch die Impfungen alles wieder ein bisschen normalisieren wird.“
Wohnungslos sei Stratos geworden, nachdem er 20 Jahre in Deutschland in der Hotelbranche gearbeitet hat. Er sei in Deutschland geboren worden, habe aber die griechische Staatsbürgerschaft. Nachdem er in Deutschland seinen Job verloren habe, habe er zweieinhalb Jahre im Ausland gearbeitet. Dadurch habe er seine Ansprüche auf deutsche Sozialleistungen weitgehend verloren.
Wohnungslosenhilfe mit Einlasskontrolle
Oft ist der Weg in die Wohnungslosigkeit kürzer, als die meisten denken. Hilfeangebote sind unerlässlich. „Diese Einrichtungen sind Überlebenshilfe“, sagt Bastian Pütter. Und Corona bereitet ihnen weiterhin Probleme.
Zwar sind die Einrichtungen geöffnet, unterliegen aber auch den 3G-Regeln. Das sei zum Schutz der Gäste auch sinnvoll, betont Bastian Pütter, bringe aber eben auch Herausforderungen: „Wir haben plötzlich eine harte Tür, müssen also auch 3G kontrollieren.“
„Wir haben mit Menschen zu tun, die nicht mal eben gut sortiert ihren Impfpass oder ihr Handy hervorholen und die Impfung nachweisen. Zu uns kommen Leute, die sind sehr krank, die sind in psychischen Ausnahmesituationen.“ Die Kostenpflicht für Schnelltests mache die Kontrollen zusätzlich schwerer, weil die Anzahl der Teststellen zurückgegangen sei.
Auch Probleme und Lösungen diskutieren
Auch darüber wollen die Vertreter und Vertreterinnen der verschiedenen Hilfsorganisationen ins Gespräch kommen: Wie könnten Lösungen aussehen? Bei Forderungen übt sich Bastian Pütter allerdings in Zurückhaltung. „Wenn wir Ausnahmen bekommen, stehen ja am nächsten Tag die Gastronomen vor der Verwaltung und wollen - ebenso verständlich - auch Ausnahmen.“
Die Niedrigschwelligkeit müsse aber erhalten bleiben. Auch dafür sei die Armenspeisung ein gutes Beispiel. Denn nachweisen, dass jemand wirklich arm oder gar wohnungslos ist, muss für den Nudeleintopf niemand.
Geboren in Dortmund. Als Journalist gearbeitet in Köln, Hamburg und Brüssel - und jetzt wieder in Dortmund. Immer mit dem Ziel, Zusammenhänge verständlich zu machen, aus der Überzeugung heraus, dass die Welt nicht einfacher wird, wenn man sie einfacher darstellt.
