Im Hörder Bürgersaal war es das zweite Konzert einer Reihe, die das wiederentdeckte Musikschaffen des Hörder Komponisten Eduard Wilsing der Öffentlichkeit vorstellt. Anmeldungen waren erforderlich, denn die Veranstaltung war rasch ausverkauft. Viele Interessierte mussten auf eine Wiederholungsveranstaltung vertröstet werden, die bald im Orchesterzentrum an der Brückstraße stattfinden soll. War der Ausrichter hier der Verein Hörde International, so übernimmt in der Stadt das Orchesterzentrum NRW. Denn Prof. Alexander Hülshoff, der Leiter des Instituts, und seine Musikerkolleginnen sind dort verankert.
Lobreden auf Eduard Wilsing
Sehr zurück nahm sich Organisator Gerhard Stranz, der die Wiederentdeckungen ganz wesentlich vorantreibt, überließ Jochen Deschner von Hörde International, Bezirksbürgermeister Michel Depenbrock und last but not least Bürgermeisterin Barbara Brunsing die Lobreden auf das Wirken des musikalischen Sohnes des Stadtteils. Auch diesmal wieder waren Nachfahren des Komponisten eigens zum Konzert angereist.

Brunsing erinnerte Wilsings Geburtstag, der sich am Vortag zum 213. Mal jährte. Sie hob hervor, welche Bedeutung die Familie Preller/Wilsing für die Stadt hat. Denn auf den Thüringer Johann Gottlieb Preller, den Urgroßvater Wilsings, geht die Gründung des Orchesters 1761 zurück, aus dem später die Dortmunder Philharmoniker hervorgingen. Das Orchester ist damit nach dem Leipziger Gewandhausorchester das zweitälteste in Deutschland. Als Notenwerk in Aufbereitung, so berichtete die Bürgermeisterin, sei das wiederentdeckte Oratorium „Jesus Christus“, das in seiner Geschichte erst einmal gegeben wurde. „Ich will, dass es bald eine Aufführung in Dortmund geben wird!“
Großer Applaus für Musiker
Mit der süffig-perlenden Einleitung der Sonate A-Dur aus dem Jahr 1832 eröffneten Geigerin Seo Won Kim und Ievgeniia Iermachkova am Flügel den musikalischen Teil. Bald brachen sich Ernsthaftigkeit und energisches Spiel, ganz im Sinne von Wilsings viel studiertem Vorbild Beethoven, Bahn. Ausgesprochen feinsinnig gingen beide bei diesem Werk des 22-Jährigen zu Werke. Erzählerisch ausdrucksstark mit sanglichen Passagen ebenso wie von heftiger Nachdrücklichkeit gekennzeichneten interpretierten sie das Andante. Wechselbäder wie im Kopfsatz kleideten sich beim Rondo in gefälligen Dreier-Takt. Blumig, scheinbar leicht, wogte die Klavierstimme dahin. Kontrastierend fanden beide zu energischem Schluss, erhielten dafür großen Applaus.
Voller Einsatz auf dem Cello
Kraftvoll drangen Hülshoff und die Musikerinnen bei Wilsings Version des Tripelkonzertes von Beethoven in die vom Orchester befreite Klangwelt vor, bescherten gloriose, eindringliche Momente. Hülshoff ging mit vollem Einsatz, aufmerksamster Mimik seine Kantilenen an, entlockte seinem charaktervollen Cello wunderbare Musik. Hochkonzentriert, zugleich fast zärtlich, intonierte die Pianistin. Sangliche Antworten der Violine, große Temperamentsausbrüche, erzeugten eine Klangfülle, die das Orchester wahrlich nicht missen ließ. Eine hochromantische Auffassung lag dieser fast 60 Jahre nach dem Original entstandenen Adaption des Konzertes zugrunde, die Hülshoff zu Freude und Spiellust animierte. Dunkel stimmte das Klavier auf das Largo ein, dessen vielschichtiges Material zu immer neuen Fassetten aufflammte. Hochvirtuos, majestätisch tänzerisch, ging es zum Kehraus mit flirrender Tongebung. Auch hier gab es für Ausführende und die Komposition herzlichen Applaus.

Mehr programmierte Zugabe war das noch einmal hundert Jahre jüngere Stück von Astor Piazzolla, der Sommer aus dessen Vier Jahreszeiten im Tango-Rhythmus. Keine Frage: Auch dieses Genre beherrschte das Trio perfekt. Deutlich wurde aus den abschließenden Worten von Gerhard Stranz, dass er noch viele Pläne rund um Wilsings Werk hat, etwa mit dem im Danziger Archiv wiederentdeckten Orgelwerk.
Ein weiteres Konzert wird es im Hörder Bürgersaal am Sonntag (19. Februar 2023) geben. Um 11.30 Uhr werden weitere Werke Wilsings in Beziehung zu Mozart, Bach, Fanny Hensel und den Schumanns gesetzt. Flankiert wird dieses Konzert ab dem 12. Februar 2023 mit einer Matinee in der Rotunde des Museums für Kunst und Kulturgeschichte in der Innenstadt.
Für 2024 ist dann die Aufführung der wiederentdeckten Sinfonie Wilsings gemeinsam mit dem Fragment von Schumanns „Zwickauer“ durch die örtlichen Jugendorchester zeitgleich in Dortmund und der Partnerstadt Zwickau vorgesehen.
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